2480 - Die Prognostiker
Bostich, die Möglichkeit, für eine Nacht die Unbilden des Alltags zu vergessen und sich sämtlichen nur denkbaren illegalen Aktivitäten hinzugeben. Moral war in Mivado ein Fremdwort.
Siebzehn Prozent, dachte Atarin.
Das war nicht viel, aber das Beste, was sie hatten.
„Haben wir eine Matrix?", fragte er.
Oksa warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Atarin meint es ernst. Er redet Agentenslang. Ja, wir haben eine." Sie suchte und fand die Matrix und las den Titel vor: „Garrabo, Plaza Mivado".
„Hör auf ..."
„Hauptsächlich Drogenhandel, Prostitution, Glücksspiel, Investmentbanking. Des Weiteren Auftragsmörder, Industriespione, Schmuggler. Dort ist alles zu haben, was das arkonidische Gesetz verbietet."
„Das weiß ich auch", sagte Atarin gespielt vorwurfsvoll. „Ich bin schon seit einigen Jahren im Geschäft. Ich meinte natürlich Darasalaanaghinta Mitchu."
Arna hob ratlos die nackten Schultern. „Nein, da haben wir keine. Sparks ist ein Gerücht, genau wie Vitkineff.
Keine gesicherten Daten."
„Dann bleibt uns nur die Flucht nach vorn. Wir haben ein paar Stunden Zeit, um einen Plan zu schmieden. Unter die Ultraschalldusche, Mädchen, und dann wird gearbeitet."
*
Der Plan war bescheiden.
Als Atarin den Gleiterbus verließ, drehte sich eine Gruppe grölender Minenarbeiter neugierig und erstaunt zu ihm um, als hätte sich das Fahrzeug hinter ihm in einen Vulkan verwandelt.
Er konnte sich denken, was sie dachten: Was geht hier vor? Was will dieser Fremde hier?
Trotzdem ging er zu ihnen.
Es waren allesamt Kolonialarkoniden; die hochherrschaftlichen Rotaugen waren sich zu fein, niedere Arbeiten zu erledigen, andererseits aber auch zu paranoid, um Gastarbeiter ohne Bindung ans Imperium in ihr Heiligtum der Drei Welten zu lassen. Auch wenn sie draußen arbeiten mussten, unter freiem Himmel, umschlossen von Energiezäunen ... schon der Anblick von Fremdwesen bereitete ihnen körperliches Unbehagen. Uneheliche Bastarde konnten sie gerade eben noch ertragen.
Er zeigte einem Zekonen das vorbereitete Datenholo. „Kennst du diese Frau? Ich ... äh ... muss sie unbedingt wiedersehen, du verstehst schon."
Der Minenarbeiter betrachtete ihn verdrossen. Offensichtlich brachte er den echten Arkoniden – und als solcher ging Atarin aufgrund seiner Tarnung durch – keine große Zuneigung entgegen.
Falls es wirklich eine Widerstandsbewegung unter der Arbeiterschaft geben sollte, hat sie meine volle Sympathie, dachte er.
„Sparks", sagte der Koloniale.
Atarin sah ihn fragend an. Er hatte diesen Namen nicht genannt! Also kannte der Zekone sie. Der uninteressierte Eindruck, den er machte, war nur gespielt.
Der Arbeiter bemerkte seinen fragenden Blick.
„Die kennt hier jeder", sagte er abfällig, „aber keiner weiß, wo man sie finden kann. Tut mir leid, keine Ahnung. Frag woanders, wenn du sie suchst."
„Aber du ..."
„Zieh Leine, oder ...", befahl der Mann und warf ihm einen düsteren Blick zu.
„Sie ist öfter im Garrabo, nicht wahr?"
„Bestimmt nicht in dieser Kneipe!"
Der Zekone tat so, als wolle er ihn schlagen, drehte sich dann aber um und ging zu seinen Kumpels zurück. Er wusste, was für Folgen es haben würde, einen Arkoniden anzugreifen.
Atarin lächelte. Nur gut, dass er die Maske gewechselt hatte. Bei seinen normalen Aktivitäten gewährte die Tarnung als Kolonialarkonide ihm eine gewisse Unauffälligkeit, doch im Bezirk Mivado war ein geborener Arkonide praktisch unangreifbar. Selbst ein billiger Taschendieb würde sich scheuen, die Aufmerksamkeit der Behörden auf diesen Freiraum zu lenken.
Er sah sich um.
Die Plaza war das Zentrum eines gigantischen Kuppelbaus von vielleicht einhundert Metern Höhe. Obwohl sie unterirdisch angelegt war, ließen die schieren Ausmaße – und geschickt angebrachte Monumental-Holos – den Eindruck entstehen, sich unter freiem Himmel aufzuhalten. Der gut einen Kilometer durchmessende Zentralplatz beherbergte eine Unzahl kleiner Imbiss-Stände und Schenken.
Dichtes Gedränge herrschte unter Dutzenden großer und Tausenden kleinerer Propaganda- und Werbeholos, die mehr oder weniger hoch über den Buden die Vorzüge der arkonidischen Kultur und der exquisiten Waren des Imperiums priesen. Eine gewaltige Bühne in der Mitte des Platzes war zurzeit leer.
Die Plaza wurde gesäumt von Hunderten Vergnügungs-Etablissements, deren Fassaden komplette, nur von Stichstraßen unterbrochene Gebäudefronten bildeten. Natürlich erstreckten sich
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