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2482 - Der ewige Kerker

Titel: 2482 - Der ewige Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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um die Mittelachse des Notensystems, die mit der sechsten Stufe identisch war.
    Knisternd blies die Frau ohne Namen Luft aus ihrer Atemöffnung. Bei der inzwischen überspielten Tonbandaufnahme musste es sich um eine derartige effremitische Skala gehandelt haben. Die endlos zirkulierende Melodie geisterte ihr immer noch durch den Kopf.
    Sie vergrößerte die zugehörige Illustration. Die Symbole für die verschiedenen Tonstufen kamen ihr bekannt vor. Wo hatte sie diese Zeichen schon einmal gesehen? – Richtig, auf den rosafarbenen Sensorflächen der Tafel unterhalb des Gobelins!
    Mit Mühe unterdrückte sie den Impuls, sofort hinzustürmen. Es war besser, systematisch vorzugehen und zuerst auch noch den dritten Datensatz in Augenschein zu nehmen, solange das Lesegerät klaglos funktionierte.
    Wer wusste schon, ob es nicht nach einer gewissen Zeit der Inaktivität wieder in Standby-Modus ging und danach für einen zweiten Zugriff auf den Inhalt des Speicherchips neue Kodewörter verlangte?
    Aber im Aquarium gab es keine pseudointelligenten Fische mehr. Nur eine gräuliche Brühe, in der die Schwebestoffe langsam herabsanken ...
    Die letzte, kürzeste Datei behandelte Hyperkristalle, welche auch Schwingquarze genannt wurden. Sie kamen im ganzen bekannten Kosmos vor, wenngleich sehr selten, und bestanden zu einem Teil aus „normaler" Materie, beispielsweise kristallinem Siliziumdioxid, zum anderen aus einer „irregulären" Komponente, die auf fünf- oder höherdimensionalem Energieniveau schwang. Diese Bezeichnung hatte sich durchgesetzt, weil das Atomgewicht selbst bei genauesten Messungen nur mit einer großen Schwankungsbreite, die von null bis 1024 reichen konnte, feststellbar war.
    Interessant, aber nicht sonderlich relevant für ihre Bemühungen, aus dem tür- und fensterlosen Zimmer zu entkommen. Oder?
    Im Anschluss an die Beschreibung von Entstehungsvorgängen, Aufspürmethoden und Schürfweisen wurden sechs derartige Hyperkristalle aufgelistet, nach gängiger Bezeichnung, Vorkommen und aktuellem Wirkungsgrad.
    Blaues Vermagul – Galaxis Eednopor – 67 Prozent.
    Roter Khalumvatt – Galaxis Milchstraße – 53,4 Prozent.
    Gelber Lytrila – Galaxis Hangay – lediglich katalytische Effekte.
    Und so weiter ... Warte mal! Verschiedenfarbene Kristalle, sechs an der Zahl?
    Dass ihr das nicht sofort aufgefallen war, lag wohl am Hunger, der sie schwächte, und am kaum mehr zu ertragenden Durst, der ihre Sinne verwirrte. Sechs Edelsteine verzierten auch den Deckel der Schatulle, die sie in der Küchenlade gefunden hatte – und die Farben stimmten überein!
    Hastig verglich sie die Angaben. Die Namen der Galaxien sagten ihr nichts; kosmonautische Koordinaten fehlten.
    Eine Hierarchie ergab sich einzig aus den unterschiedlichen Wirkungsgraden, und zwar, aufsteigend: Gelb – Weiß – Grün – Rot – Blau – Violett.
    Sie eilte in die Versorgungsnische.
     
    *
     
    Der erste Versuch scheiterte.
    Wieder einmal brachte eine Umkehrung die Lösung. Nachdem sie mit dem violetten Kristall begonnen und den gelben als letzten gedrückt hatte, schnappte der Deckel auf.
    In der Schatulle lagen eine reich verzierte Krone, ein breites Armband und eine winzige Perle.
    Sie versuchte gar nicht erst, die Krone aufzusetzen. Der siebenzackige, weißgolden schillernde, bei aller Fragilität nicht im Mindesten biegsame Reif war ihr sichtlich zu klein, überdies kreisrund, hätte also nicht zu ihrer Kopfform gepasst.
    Das Armband hingegen saß, sobald sie es über die linke Hand gestreift hatte, wie angegossen. An der Innenseite befand sich ein quadratisches Kontrollfeld, offenbar ein Sensorgitter ähnlichen Aufbaus wie bei vielen Steuermodulen aus dem Kybernetik-Manual, in dem sie vorhin geschmökert hatte.
    Das Grundprinzip der Bedienungsweise hatte sie sich gemerkt, aber die Feinheiten wollte sie lieber noch einmal nachlesen, ehe sie das Armband aktivierte. Eventuell verfügte es ja auch über eine Mikroskop-Funktion, mittels derer sie den Kopfschmuck und die unscheinbare, nicht ganz ebenmäßige Perle genauer untersuchen konnte.
    Zurück am Stehpult mit dem Lesegerät, überlegte sie es sich jedoch spontan anders, als ihr Blick auf den bunten Gobelin fiel, der die Stirnwand des Zimmers dominierte. Nicht, dass sie über dem Studium der Bedienungsanleitung für die Armband-Kontrollen die effremitische Elfton-Skala doch noch vergaß!
    Also brachte sie statt des kybernetischen Manuals die Musik-Datei in den Vordergrund. Sorgfältig

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