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2482 - Der ewige Kerker

Titel: 2482 - Der ewige Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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ordnete sie allen Intervallen die jeweiligen Symbole zu und prägte sich ein, in welcher Reihenfolge diese in der endlosen Melodie vorkamen. Als Startpunkt wählte sie den Anfang des Satzes: Tu, was du musst ...
    Sie ging vor dem Wandteppich in die Hocke. Halblaut mitsingend, betätigte sie nacheinander die rosafarbenen Schaltflächen der Tafel, alle elf, zuletzt den zwölften, leicht hervorgehobenen Sensor.
    Diesmal lag sie auf Anhieb richtig.
     
    *
     
    Der Gobelin dehnte sich aus. Wie eine Wiese aus bunten Fühlern streckten sich ihr die Wollfäden entgegen, gut einen Meter weit, sodass sie erschrocken zurückwich.
    Nachdem sie zum Stillstand gekommen waren, versteiften sich die Fäden.
    Zugleich wurden sie durchscheinend und verloren fast gänzlich ihre Substanz.
    Sie wartete einige Sekunden, dann berührte sie mit der Handfläche vorsichtig einige Spitzen. Ohne Widerstand ließen sie sich nach hinten schieben, wobei sie die Farbe wechselten.
    Eine Weile experimentierte sie damit herum. Das Muster veränderte sich zwar, wurde jedoch um nichts weniger chaotisch. Beim besten Willen war kein Ansatz einer figurativen Darstellung oder Schrift zu erkennen.
    Im Geist ging sie die gesammelten Hinweise durch. Vergeblich; nichts davon schien sich auf den Gobelin zu beziehen.
    Hatte sie doch die falsche Symbolkette eingegeben? Sie bückte sich zur Tafel hinab, wobei sie unter den gläsernen Fäden durchtauchen musste, und wiederholte den Vorgang; dieses Mal in umgekehrter Reihenfolge. Dann kroch sie nach hinten weg.
    Die verkürzten Fühlerbündel dehnten sich wieder zur vollen Länge aus.
    Das Ergebnis war dasselbe wie vorhin.
    Wer immer dieses Puzzlespiel gestaltet hatte – was erwartete er von ihr?
    Den Kode hatte sie offensichtlich bereits geknackt. Was wollte ihr Peiniger denn noch?
    Die Fäuste in die Hüften gestemmt, stand sie vor der vertikalen Wiese, hungrig, durstig, wütend. Hass auf ihren Herrn erfüllte sie und auf den blöden Teppich, der all ihren Bemühungen trotzte.
    Sie starrte buchstäblich in ein Loch: An jener Stelle, auf die sie ihren Blick und damit auch ihre Rage gerichtet hielt, welkten die Glashalme, verdorrten, fielen ab. Übrig blieb ein kleiner Ausschnitt bemalter Leinwand, höchstens ein Hundertstel der gesamten Fläche.
    Auch den Rest auf diese Weise freizulegen, verlangte ihr immense Willenskraft ab. Es war eine geistige Tortur. Mehr als einmal wollte sie kapitulieren. Aber der Hass auf den, der sie seit Ewigkeiten quälte, motivierte sie dann doch immer wieder, nach einer kurzen Verschnaufpause weiterzumachen.
    Als ihre mentale Energie trotz aller Wut zu versiegen drohte, rettete sie die Neugier. Nun, da sie schon so viel investiert hatte, wollte sie wissen, was das quälend langsam entstehende Wandbild darstellte.
    Es war in naividyllischem Stil gemalt, sehr bunt und detailreich. Ein Sternenhimmel mit drei Monden wölbte sich über einer hügeligen, üppig mit Sträuchern und Bäumen bewachsenen Landschaft. Hunderte kleine Gestalten wimmelten zwischen rundlichen Häusern und einem Festplatz, wo sie eine Art Zeremonie abhielten.
    Links wurde ausgelassen getanzt und getafelt. Die Männchen an der rechten unteren Ecke hingegen waren mit Speeren bewaffnet, die sie auf einen dunklen Höhleneingang gerichtet hielten, als wollten sie sich gegen eine darin befindliche Gefahr verteidigen.
    Die geschichtslose Frau legte aufatmend das letzte Stück Leinwand frei.
    Da ertönte hinter ihr ein schnarrendes Geräusch.
    Müde drehte sie sich um. In der gegenüberliegenden Wand hatte sich eine Klappe geöffnet.
    Ein blaumetallisch blitzendes Saurierskelett sprang daraus hervor und mit einem mächtigen Satz auf sie zu.
     
    *
     
    Sie warf sich zur Seite, wich den spitzen Zähnen gerade noch aus, rollte ab, kam wieder hoch. Ergriff einen Stuhl, hielt das stählerne Vieh damit auf Distanz.
    Doch nur für wenige Sekunden, dann hatten seine Kiefer das Möbelstück zermalmt. Holzsplitter flogen in alle Richtungen. Sie riss den nächsten Stuhl hoch ...
    Der Roboter glich einem Raubsaurier ohne Leibeshülle mit zwei muskulösen, nach hinten abgeknickten Beinen, einem langen Wirbelschwanz und kurzen, verkümmert wirkenden Pratzen. Er war etwa einen Meter hoch und äußerst aggressiv. Unablässig schnappte er nach ihr, zerbiss dabei ein Stuhlbein nach dem anderen.
    Wenn er weiter derart heftig auf sie eindrang, würden ihr bald die Stühle ausgehen. Sie musste ihn stoppen. Aber wie, womit?
    Das Multifunktionsband

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