2485 - Hyperflackern
Friedensfahrer waren insgesamt ihrem Patron gefolgt. Kantiran ahnte, dass im Lauf der kommenden Tage noch mehr hinzukommen würden.
Auf den Trabanten der Mondkette war alles viel zu schnell gegangen: die Wahl, die Rückkehr der Gründermutter, ihre Erlaubnis und schließlich der Start Richtung Hangay. Der eine oder andere Friedensfahrer brauchte Bedenkzeit, musste zuerst mit sich selbst ins Reine kommen, ehe er eine Entscheidung traf.
Es ist ganz gut, dass Polm Ombar und ich nicht mehr dort sind, dachte Kantiran. So können sie ihre Entscheidung unbeeinflusst fällen.
Ein Teil der Nachzügler würde vielleicht zu spät kommen, wenn das ARCHETIM-Geschwader und die Grüne Legion schon unterwegs waren.
Grüne Legion - Kantiran schmunzelte. Er hatte den Begriff in Anlehnung an die Heiße Legion gewählt, die das System Rosella Rosado bewachte.
»Ich muss gestehen, mit so vielen OREON-Kapseln habe ich nicht gerechnet«, bekannte Rhodan. Er schien sichtlich erleichtert. »Das ist eine beachtliche Flotte.«
»Die Friedensfahrer warten nur auf den Einsatzbefehl. Es wird Zeit, dass du uns in eure Pläne einweihst.«
Kantiran bemerkte verwundert, wie sich das Gesicht seines Vaters verfinsterte.
»Noch existieren keine Pläne. Der Nukleus scheint zu warten, bis er einen wie auch immer gearteten Kontakt zu ESCHER bekommt. Im Grunde hat er recht. Was nützt es uns, wenn wir großartige Schlachtpläne aufstellen und sie nachher wieder umstoßen? Also machen wir uns lieber Gedanken über die Art und Weise, wie wir den Wall durchqueren, sobald er durchlässig wird. Aber auch das ist vorerst nur schnöde Theorie.«
»Ich verstehe. Es kann eine Weile dauern ... «
Kantiran überlegte, wie er Kamuko den Einsatz der Rüstung und des Helms doch noch schmackhaft machen konnte. Er beleuchtete das Problem von allen Seiten und kam zu dem Schluss, dass es zu früh war. Hatten sie den Grenzwall erst einmal durchquert, sah es anders aus. Wenn sie erst wussten, was auf sie wartete, würde auch der einstigen Prinzipa eine Entscheidung leichter fallen.
Schweigend sahen Sohn und Vater zu, wie die letzten Kapseln im Innern des Irrläufers verschwanden. Dort drüben wusste Kantiran seinen besten Freund und Mentor, den Revisor Polm Ombar. Es war unter anderem sein Verdienst, dass die Friedensfahrer sich versammelten, um an der Seite der Galaktiker und der Hangay-Völker in den Kampf gegen TRAITOR einzugreifen.
4.
Verschweigt der Nukleus bewusst Dinge, die uns beunruhigen könnten?
Die Diskussionsforen in der JULES VERNE und in den anderen Schiffen des Einsatzgeschwaders ARCHETIM waren voll von solchen Themen. Auch die Trivideo-Kanäle beackerten dieses Feld.
Aber auch die Frage nach der Rüstung und dem Helm stand hoch im Kurs.
Alaska hat ihn einst getragen, er weiß, welche Macht der Vektor-Helm darstellt. Und er kann sich ein Bild von dem machen, was in der Rüstung steckt. Kann diese bewirken, was ESCHER nicht schafft?
Eher abstrus schien dagegen die Fragestellung: Liegt es an Kamuko, dass der Nukleus schweigt? Noch immer pulsiert er doppelt so schnell wie gewohnt. Der zeitliche Zusammenhang mit dem Auftauchen der THEREME II wurde erwähnt, die schließlich Kamuko und die Nachtlicht-Rüstung an Bord hatte. Der Zusammenhang drängt sich einem förmlich auf, aber ich halte es derzeit noch für eine falsche Fährte.
Rhodan seufzte bei beinahe jedem Beitrag, den er aus den Kommunikationsforen aufrief. Da tauchten Fragen und Bedenken auf, die keiner laut geäußert hätte, für die sich in diesem virtuellen Meinungsmarktplatz aber immer irgendein Interessent fand.
Nun, wenn es denn dem Stressabbau diente ...
Er schuf ein Akustik-Dämmfeld um sich herum und öffnete seine eigene Notiz, die er später seinem Tagebuch hinzufügen wollte. Auch er machte sich Gedanken und verschriftlichte sie, allerdings teilte er sie nicht allen öffentlich mit. Das durfte er auch gar nicht, wollte er die ohnedies vorhandene Unsicherheit nicht noch verstärken.
Er diktierte dem Aufzeichnungsgerät:
»Das veränderte Verhalten des Nukleus kann, wie ich meine, am ehesten auf ESCHER zurückzuführen sein. Der Nukleus könnte ein psionisches Signal der Parapositronik empfangen haben. Möglicherweise gelang es ESCHER, kurz eine Lücke im Wall zu schaffen. Er steckt also irgendwo in den Schaltzentren des Chaos, etwa in jenen Kolonnen-MASCHINEN, die den Wall kontrollieren.
War sein Signal das letzte Lebenszeichen oder das erste Signal von vielen?
Noch
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