2486 Wispern des Hyperraums
Trotzdem hatte er sich sofort wieder in der Gewalt.
»Das sind unmögliche Fragen.« Er schnaubte verächtlich. »Wir Algorrian sind der Ansicht, dass Wesen diesseits der Materiequellen die konkrete Art der Einflussnahme auf die Struktur des Universums grundsätzlich nicht verstehen können.«
Schweigend schaute ich ihm nach, als er sich ruckartig abwandte.
Fawn Suzuke, die Botin des Nukleus, stand immer noch im Hintergrund. »Der Nukleus muss jetzt sehr schnell sein, um größeres Unheil zu verhindern!«
Mir ging nicht aus dem Kopf, was Fawn gesagt hatte. Schon deshalb war ich überzeugt, dass das Wirken des Messengers, so eindrucksvoll es erscheinen mochte, keineswegs automatisch die Rettung für Hangay bedeutete. Was sonst hätte den Nukleus zu seinem überhasteten Verschwinden
von Bord des GESETZ-Gebers getrieben, wenn nicht ein schwerwiegendes Problem im Zusammenhang mit der Retroversion?
Die Projektion der Monochrom-Mutantin schien nichts darüber zu wissen, oder sie musste schweigen. Mir selbst waren die Hände gebunden, solange uns nicht einmal der Aufenthalt des Nukleus bekannt war. Eigentlich konnte ich mich nur der Probleme um den Weißen Saal annehmen.
Vielleicht hatte Istorico recht mit seiner Vermutung, dass ein Zusammenhang mit der veränderten Raum Zeit-Struktur bestand - und damit eben auch mit dem Wirken der Messenger.
5.
Ich sah Gucky wie tot am Boden liegen. Die beiden Mediker, die sich um ihn bemüht hatten, richteten sich in dem Moment auf. Ich glaubte, ihre Verunsicherung zu spüren, und ging schneller.
Niemand redete. Für einen Moment begegnete ich Shona Canellas Blick. Sie schien etwas sagen zu wollen, schüttelte dann aber nur kaum merklich den Kopf.
Guckys Augen waren geschlossen, sein Kopf zur Seite gesunken. Ein dünner Speichelfaden sickerte aus seinem Mundwinkel. Ich konnte nicht erkennen, ob der Ilt überhaupt noch atmete.
»Was ist mit ihm?«
Sein Gesicht war verzerrt. Ich konnte mich nicht entsinnen, ihn einmal so verkrampft gesehen zu haben. Einen Arm hatte er an sich gepresst und die Hand geballt, der andere ... Gucky wirkte auf mich, als hätte er versucht, einen Gegner abzuwehren.
»Der Ilt steht unter Schock!«, antwortete einer der Mediker. »Wir ... «
Ein Zittern durchlief den kleinen Körper.
Gucky wimmerte verhalten.
»Wir bringen ihn zur Beobachtung auf die Station.«
»Ich will informiert werden, sobald sich sein Zustand verändert.«
»Gucky hat vor ein paar Minuten versucht, in den Saal zu teleportieren.« Canella kam auf mich zu. »Alles ging ziemlich schnell. Zwei oder drei Sekunden, länger war er nicht drin - dann ist er hier wieder materialisiert und zitternd zusammengebrochen.«
Canella und Ankhet, die Hyperdim-Mathematikerin Nottingdon und zwei Biologen waren da. Außerdem Oberstleutnant Istorico.
»Der Kleine hat leider alle Warnungen in den Wind geschlagen«, sagte der Ara. »Er wusste, dass niemand den Raum betreten kann. Das hat ihn gereizt.«
Die Mediker transportierten den Ilt auf einer Schwebetrage ab. Ich schaute ihnen kurz hinterher.
»Alle Fakten!«, bat ich Shona.
Sie hatte mich schon während des Flugs informiert. Seit sich die JULES VERNE in Hangay befand, war der Weiße Saal unzugänglich. Eine tief empfundene kreatürliche Furcht trieb jeden zurück, der versuchte, den ehemaligen Ausweichkonferenzraum zu betreten.
Dass Istorico dazu in der Lage gewesen war, hing möglicherweise damit zusammen, dass das Schiff zu dem Zeitpunkt im Hyperraum unterwegs gewesen war. Immerhin hatte sich der Ara nach dem Ende des Überlichtflugs vor dem Saal wiedergefunden und erinnerte sich des Geschehenen nicht. Seitdem hinderten ihn Furchtattacken daran, das Schott noch einmal zu durchschreiten.
Nun war Gucky ebenso gescheitert. Der Zusammenhang mit den veränderten physikalischen Verhältnissen in Hangay lag auf der Hand.
»Ich versuche es. Ohnehin habe ich den Saal schon mehrmals betreten ... « ... und bin bislang nicht fündig geworden, fügte ich in Gedanken hinzu. Mag sein, dass ausgerechnet jetzt die beste Gelegenheit ist, mehr herauszubekommen.
Von dem Toben außerhalb der JULES VERNE war nahe der Zentrale nichts wahrzunehmen. Das Schiff trieb wie ein Korken in aufgewühlter See. Es würde nicht untergehen.
Erst dicht vor dem Schott blieb ich stehen. Entschlossen betätigte ich den Öffnungsmechanismus.
Beim Anblick der fahlen weißen Helligkeit spürte ich ein leichtes Unbehagen. Aber das war nichts, was mich am
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