2490 - Die dunklen Gärten
Inneren erreichte viele Millionen Grad.
Gossi versuchte sich vorzustellen, welche denaturierten Energie- und Schwerkraftfelder die Traitanks mit ihren Potenzialwerfern abernteten.
Wie pflegte der Plasmakommandant zu sagen? Tja...
Der Plasmakommandant steuerte zusammen mit der Kartanin das Schiff auf einem Kurs, der selbst für die Supratroniken der Traitanks schwer zu berechnen war.
Plötzlich war der Raum rings um die ATHOS durchlöchert. Überall Gravitationseffekte wie von Neutronensternen. »Nottransition.«
Natürlich entstandene Neutronensterne stellten das Endstadium eines Sternenlebens dar: Sternenleichen. Totensterne.
Die Potenzialwerfer produzierten das Phantom eines solchen Monstrums. In einem 25 Kilometer durchmessenden kugelförmigen Segment des Raumes wurde jede Materie auf eine Dichte von 90 Kilogramm pro Kubikzentimeter gepresst.
Es war, als hätte ein weiterer Pulk von Traitanks nur auf die ATHOS gewartet. Sie aktivierten umgehend ihre Potenzialwerfer.
»Nottransition.«
Der Entzerrungsschmerz nistete sich ein in seinem Geist. Gossi sah die Kartanin in ihrem Stuhl, steif aufgerichtet, erschöpft. Das SERT-Gespinst auf ihrem Kopf schien zu glühen. Gossi schloss die Augen.
»Kapitän?«, fragte der Plasmakommandant.
Im Holo-Schirm schwenkten etwa zwanzig Traitanks ins Bild. Sie flogen in einer sichelförmigen Formation auf die ATHOS zu.
Wie eine Sense. Schnitt und aus. Eine OREON-Kapsel überholte die ATHOS, jagte ins Bild, auf die Traitanks zu, aus allen Rohren feuernd. Vier, fünf, sechs Traitanks platzten. Sechs, sieben, acht. Die Traitanks stoben auseinander.
Für einen Moment wischte ein halb humanoides Gesicht durch den Holo-Schirm, ein langes, blasses Gesicht, von schwarzen Lederriemen bandagiert. »Jacham von der AUDELLY. Alles in Ordnung bei euch, Kapitän?«
Gossi lächelte. »Könnte nicht besser sein. Vielen Dank.«
Der Friedensfahrer verzerrte sein Gesicht zu einem schrägen Lächeln. »Freut mich, wenn ich helfen konnte. Wünsche weiterhin einen schönen Tag!«
Die Kapsel drehte ab, beschleunigte, raste mitten in eine Traube von Phantom-Neutronensternen und verschwand aus der Ortung.
Jede Materie auf eine Dichte von 90 Kilogramm pro Kubikzentimeter gequetscht ... Woher waren diese Traitanks gekommen?
»Wer aus dem Schatten treten will, muss wissen, wo die Sonne steht«, murmelte Gossi.
Der Moai drehte sich ihm lautlos zu und blickte ihn aus seinen steinernen Augen an.
»Was sagst du?«
»Nichts. Es ist nur ein Spruch, den ich gestern in meinem Glückskeks hatte.«
Es schien, als dächte der Moai ein wenig nach. »Ich glaube nicht, dass es weise ist, dem Rat eines Süßgebäcks zu folgen.«
»Hier ist nur Schatten, keine Sonne«, sagte Gossi. »Ich überlege, ob wir uns für eine Weile in den Schutz des GESETZ-Gebers begeben sollten.«
Die steinernen Augen des Avatars waren in unendliche Fernen gerichtet. Über alle Meere. Über den Horizont. Was sieht er, das ich nicht sehe, weil es kein Mensch sehen kann?
CHEOS-TAI erschien im Holo, ein ferner goldener Schimmer tief im Feuermeer, das von einer Legion von Traitanks über das Gebilde ausgegossen wurde.
Gossi liebte Glückskekse. Seit dem Aufbruch des Geschwaders war kein Tag vergangen, an dem er nicht nach dem Hauptgericht eine der winzigen, papierenen Banderolen ausgerollt und gelesen hatte.
Nur an diesem Tag war das Gebäck leer gewesen.
Es war 19.33 Uhr. Die Schlacht dauerte nun etwas mehr als eine Stunde.
Es ist Angst, diagnostizierte Gossi. Kreatürliche Angst. Ich will nicht sterben. Nicht jetzt. Nicht hier. Ich suche Schutz. Wie alle. Deswegen versammeln sie sich hier in der Zentrale: weil sie Schutz suchen beieinander. Empfindet der Plasmakommandant Angst?
Gossi warf dem Moai einen Blick zu. Die steinernen Augen waren wie stets ins Unsichtbare, Unwägbare gerichtet, als hielte er Ausschau nach einer ganz anderen Welt.
Oh ja, war er sich plötzlich sicher. Auch der Plasmakommandant hat Angst. Wenn es auch eine ganz und gar unmenschliche Angst ist. Oder auch nicht. Wie wir plagt er sich damit, sich die eigene Nicht-Existenz vorzustellen, seinen Verlust ins Unterschiedslose. Vielleicht hat er wie ich erwogen, den Schutz von CHEOS-TAI aufzusuchen, den Schutz irgendeiner Sonne. Oder sich eine kleine Blessur zuzuziehen, einen nicht lebensbedrohlichen, aber hinreichend beachtlichen Schaden, der uns außer Gefecht setzt und dazu zwingt, die ATHOS zurückzuziehen nach Rendezvous-Gamma. Zu irgendeiner anderen
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