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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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chinesische Örh
ist, in unseren Zahlen ausgedrückt, eine 2, das Tschhi eine 7 und das
Liu eine 6. Das ergab also an den drei Säulen, die ich bis jetzt
betrachtet hatte, folgende Zahlenzusammenstellung:
Arabisch:
Chinesisch:
Erste Säule:
3
2
Zweite Säule:
4
7
Dritte Säule:
2
6
    Was diese Zahlen oder Ziffern zu bedeuten hatten, damit
quälte ich mich jetzt noch nicht ab. Es mußte mir jetzt zunächst nur
darauf ankommen, zu erfahren, ob allen Säulen in der ganzen Runde ein
solches zweifaches Zeichen eingegraben sei oder nicht. Der Mir war ganz
selbstverständlich auch abgestiegen und ließ sich zeigen, was ich
gefunden hatte.
    „Glaubst du etwa, daß diese Zeichen sich auf die Schlüssel beziehen?“ fragte er.
    „Ja, ich glaube es“, antwortete ich. „Bedenke die Menge der Räume,
die es hier wahrscheinlich gibt! Sie müssen numeriert sein. Die
Schlüssel also auch!“
    „Aber warum nicht nur arabische Zahlen, sondern auch chinesische? Die kennt man hier in Ardistan doch nicht!“
    „Eben deshalb, weil man sie nicht kennt! Das Verständnis für diese
Ziffern war nicht für jedermann, sondern nur für gewisse Beamte.“
    „Aber warum wählte man neben den arabischen Nummern gerade die chinesischen, keine anderen?“
    „Weil das Chinesische fast einem jeden gebildeten Lamaisten geläufig
ist. Doch das sind Fragen, auf die wir unsere kostbare Zeit nicht
verschwenden dürfen. Wir haben jetzt alle Säulen zu untersuchen, ob
jede einzelne ihre beiden Nummern hat. Das übrige wird sich dann
finden. Beeilen wir uns!“
    Das ging nicht so schnell, wie man hätte meinen sollen, denn es
traten hier und da Nebenumstände ein, die unsern Rundritt verzögerten.
Er dauerte zwei volle Stunden, und das Ergebnis war, daß es nur zwei
Säulen gab, die nicht numeriert waren, und die lagen einander gerade
gegenüber, die eine genau in der Mitte der Süd- und die andere genau in
der Mitte der Nordseite der Gebäuderundung. Mit diesen beiden Säulen
mußte es also eine besondere Bewandtnis haben. Übrigens kam es sehr
häufig vor, daß mehrere aufeinanderfolgende Säulen genau dieselben
Nummern hatten. Da war anzunehmen, daß sie auch zu einem und demselben
Raum gehörten und daß dieser also größer sei als die gewöhnlichen, die
nur den zwischen zwei Säulen liegenden Raum einnahmen.
    Was nun die beiden nicht numerierten Säulen betraf, so waren die zu
ihnen gehörigen Felsenflächen entweder nicht hohl, oder die zwei hinter
ihnen liegenden Räume hatten dem Zweck gedient, den man in der heutigen
Zeit mit den bekannten Worten ‚Verwaltungsbüro‘ oder ‚Portiers- und
Hausdienerstube‘ zu bezeichnen pflegt. In diesem letzteren Fall
enthielten sie wahrscheinlich alles, was wir suchten und brauchten.
Aber so sorgfältig ich die betreffenden Flächen betrachtete, betastete
und beklopfte, es war kein Schlüsselloch zu finden. Das sprach dafür,
daß die Mauer hier kompakt war und keine hohlen Räume hinter sich barg.
Es gab auch noch einen zweiten Umstand, aus dem ich ganz dasselbe zu
schließen hatte. Ich sah nämlich genau in der Mitte des größten Quaders
ein aus dem Stein herausgehauenes Reliefbild der Sonne mit
vierundzwanzig Strahlen. Zu ihren Seiten war je ein Buchstabe
eingemeißelt, nämlich links ein arabisches Ta und rechts ein arabisches
Rhain oder Ghain. Diese Buchstaben machten mich stutzig. Sie mußten
unbedingt etwas zu bedeuten haben. Das Sonnenbild an sich ließ
vermuten, daß ein Innenraum nicht vorhanden war, denn warum sollte man
das einzige Relief, welches es gab, gerade an einer Türe angebracht
haben, wo es doch am allerleichtesten beschädigt werden konnte? Aber
die beiden Buchstaben hatten ganz ohne Zweifel einen Zweck, der sich
auf das Sonnenbild bezog. Ich trat ganz nahe an den Stein heran und
klopfte an das Relief. Sonderbar! Es klang so eigentümlich! Fast nicht
wie Stein! Und als ich stärker klopfte, stäubte unter ihm ein
außerordentlich feines Mehl hervor, welches der Wind im Laufe der Zeit
da hineingeblasen hatte. Es war also ein Irrtum, als ich vorhin annahm,
daß die Sonne zum Stein gehöre, daß sie aus ihm herausgehauen sei. Sie
gehörte nicht ursprünglich zu ihm; sie war künstlich mit ihm verbunden.
Sobald ich das erkannt hatte, machte ich eine Probe mit der
Messerspitze und fand, daß die Sonne aus Metall, wahrscheinlich aus
Zinn und Kupfer, gegossen und derart geätzt und bearbeitet worden war,
daß man das Metall mit Stein verwechseln konnte. Diese Entdeckung
lehrte mich

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