25 - Ardistan und Dschinnistan II
richtige!“
Es kämpfte im Gesicht des Mir. Er richtete seinen Blick in die Ferne, starr und scheinbar ausdruckslos. In Wirklichkeit aber schaute er in sich hinein. Dann wich die Starrheit. Ein mattes, fast verlegenes Lächeln erschien, und er richtete an Abd el Fadl, Merhameh, mich und Halef die Worte:
„Habt ihr es gehört? Mein oberster Priester gehorcht nicht mir, sondern dem, den ich für meinen größten und unerbittlichsten Feind gehalten habe! Und er tut recht daran, ganz recht! Denn dieser vermeintliche Feind hat nie etwas anderes als nur mein Glück und das Glück meines Volkes gewollt. Ich war ein Tor, ein sinn- und gedankenloses Ungetüm, und werde nun durch seinen Edelmut viel strenger und viel schwerer bestraft, als wenn er und meine Heere durch seine Scharen gewaltsam niederschlüge. Das soll mir eine Lehre sein, so lange ich leben werde!“
„Sie ist nicht nur für dich, sondern ebenso auch für alle, die nach dir kommen“, mahnte der sonst gern stille Fürst von Halihm in fast bittendem Ton. „Denk an die ‚Dschema der Toten und der Lebenden‘. Und denke an das, was du für dich und alle Zukünftigen deines Hauses versprochen hast!“
„Ich denke daran, zu aller Zeit, an jedem Augenblick, den ich mit offenen Augen lebe. Nie werde ich jene Szene und jenes Versprechen vergessen – nie, niemals, nie!“
Er stieg vom Pferd und fuhr fort:
„Gehorchen wir also dem Mir von Dschinnistan! Bleiben wir hier, und machen wir Lager! Wir wollen gehorsam sein!“
Das war nicht etwa Ironie oder Sarkasmus oder gar Hohn, sondern aufrichtige Selbstüberwältigung. Er ahnte nicht, wie sehr er uns durch diese Demut, die für uns aber Seelengröße war, imponierte! Halef, der sich mehr für naheliegende praktische als für psychologische Erwägung eignete, erkundigte sich, sobald er aus dem Sattel gesprungen war, sofort bei dem Ministranten:
„Nun sag einmal, warum sollen wir grad hier lagern und grad hier warten? Warum nicht an einer andern Stelle?“
„Weil sie abgelegen ist und ihr also hier verborgener seid als anderswo“, lautete die Antwort. „Und weil dies die festgesetzte Stelle ist, die von der Stadt und den andern Stationen aus immerfort beobachtet wird.“
„Was für Stationen?“
„Zum Sprechen in die Ferne. Sobald es dunkel geworden ist, melden wir dem Oberpriester nach der Stadt, daß ihr hier eingetroffen seid. Er wünscht, daß ihr bis gegen Mitternacht wartet, um seine Antwort zu bekommen. Nämlich in dem Augenblick, an welchem er unser Zeichen erhält, wird unsere Revolution beginnen, die nur darin besteht, daß wir alle wichtigen Personen und Beamten, die es mit dem ‚Panther‘ halten, einfach einsperren. Die Polizei, die ihr vor Weihnacht begründetet, besteht noch heut und wurde bedeutend vermehrt. Sie ist es, welche die Vorbereitungen in aller Stille getroffen hat. Die Stadt wird als angebliche Residenz des neuen Mir einschlafen und morgen früh als wirkliche Residenz des alten Mir erwachen. Sie wird sich zwar die Augen reiben, aber dann, so hoffen wir, dieser ebenso schnellen wie friedlichen Änderung ihre mehr oder weniger ruhige oder freudige Zustimmung geben.“
„Und der Basch Islami? Ist er wirklich der Oberkommandant der Stadt?“
„Ja. Aber er wird der erste sein, den man arretiert.“
„Wie steht es im Schloß?“
„Genauso wie vorher. Der ‚Panther‘ hatte nicht gewagt, es zu betreten oder da irgend etwas zu ändern. Die treue Ussulgarde hielt es bis heut besetzt und hätte jeden Eingriff mit den Waffen zurückgewiesen. Der ‚Panther‘ hatte keine Zeit, sie mit Gewalt zu entfernen. Wahrscheinlich ist nun der Basch Islami beauftragt, dies mit List zu tun.“
„Diese Menschen sind von einer geradezu wahnsinnigen Unvorsichtigkeit!“ rief der Mir aus. „Was ich erst für blutig ernst, für eine wirkliche Revolution, für eine durchgreifende Umwälzung alles Bestehenden hielt, kommt mir jetzt fast wie eine Faxe, wie die Luftspringerei einer Affengesellschaft vor. Ich fürchte, es wird uns morgen ekeln! Der erste, mit dem ich zu sprechen habe, wird der Basch Islami sein. Der Brief, in dem der ‚Panther‘ die Prinzessin von Halihm begehrt, wird schneller, sicherer und tiefer auf ihn wirken als alles andere. Befindet sich die Station, von der aus ihr eure Zeichen gebt, da oben auf dem Felsen?“
„Ja“, antwortete der Ministrant, an den diese Frage gerichtet worden war. „Wünschst du, daß ich sie dir zeige?“
„Später. Einstweilen danke ich
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