25 - Ardistan und Dschinnistan II
gar liegen, um für einen halben Tag lang auszuruhen und für den letzten Rest des Weges neue Kraft zu sammeln. Einige sehr gut berittene Leute aber, deren Pferde noch die nötige Fähigkeit besaßen, wurden vorausgesandt, um zu erkunden, wie es am Engpaß stehe. Die kamen, als du dich grad entfernt hattest, bis zu uns an das Felsentor, wohin man mich holte, um sie zu vernehmen.“
„Wie hast du sie empfangen?“
„Als Feinde, obgleich sie sich als Freunde gebärdeten. Wir haben keine Zeit, lange hin und her zu diplomatisieren. Wir müssen handeln, und so habe ich ihnen gedroht, sie sofort und glattweg erschießen zu lassen, wenn sie nicht augenblicklich eingestehen, daß sie gekommen sind, uns zu betrügen. Weniger infolge dieser Drohung als vielmehr auf Grund ihrer nicht bloß körperlichen, sondern auch seelischen Erschöpfung gestanden sie dies ein und ließen sich Mitteilungen entlocken, die außerordentlich wertvoll sind. Ich erzähle es dir später ausführlich. Jetzt liegt mir nur daran, dich vor allen Dingen zu benachrichtigen und zu hören, was du zu dieser unerwarteten Beschleunigung der Ereignisse sagst.“
„Ich sage, daß sie uns nur willkommen sein kann.“
„Aber die Tschoban –?“
„Werden so schnell erledigt, wie du es nur wünschen kannst. Wie steht es mit ihrem älteren Prinzen?“
„Mit dem habe ich schon kurz gesprochen. Ich glaube nicht, daß er widerstreben wird.“
„So sage mir schnell noch eines! Ist dir der Felsenriß, in dem der ‚Panther‘ steckt, gut bekannt?“
„Ja.“
„Ich meine, nicht nur sein vorderer, sondern auch sein hinterer Teil?“
„Der erstere ja, der letztere aber nicht. Gibt es denn auch einen hinteren Teil?“
„Ich weiß es nicht bestimmt, doch ich vermute es.“
Ich teilte ihm mit, welche einfachen Gründe mich zu dieser Vermutung geführt hatten. Er schüttelte den Kopf dazu und sagte:
„Warum das? Ich verstehe dich nicht. Hätte es irgendeinen Zweck für uns, wenn die Spalte sich nach innen fortsetzte?“
„Einen ganz bedeutenden sogar!“
„Welchen?“
„Die Dschunub zu überführen und die Tschoban zu überzeugen. Man könnte sich mit den Tschoban in den hinteren Teil des Risses verstecken. Von da aus ist, wie ich erwarte, der vordere Teil zu überschauen. Ich nehme sogar an, daß man da hinten alles hört, was da vorn gesprochen wird. Während man mit den Tschoban im hinteren Teil wartet, werden die Offiziere der Dschunub nebst dem Minister und dem Maha-Lama von da, wo sie sich jetzt befinden, nach dem vorderen Teil der Spalte gebracht, wobei man ihnen sagt, daß dies ihr neuer Aufenthalt sei; dann entfernt man sich. Sobald sie sich hierauf allein wissen, werden sie sich darüber unterhalten, warum man ihnen ein anderes Quartier angewiesen hat, und ich müßte mich sehr irren, wenn dabei nicht auch einige Äußerungen fielen, durch welche sie verraten, daß sie nur gekommen sind, uns und die Tschoban zu betrügen.“
„Das ist richtig!“ stimmte der Dschirbani bei. „Dein Plan ist gut.“
„Um ganz vorsichtig zu sein, muß ich mir freilich sagen, daß so hohe Herren, wie der Lama, der Minister und der General sind, ihre Geheimnisse nicht vor so gewöhnlichen Menschen, wie dem Unteroffizier und dem Soldaten, ausplaudern werden, und darum schlage ich vor, die niedrigeren Personen da zu lassen, wo sie sind, und die andern nur bis zum Major herab nach der Spalte zu versetzen.“
„Ja; das ist klug! Aber, sag, wie kommen wir nach dem hinteren Teil der Spalte, falls du dich nicht irrst und es wirklich einen gibt?“
„Das werden wir hoffentlich schnell erfahren. Ich klettere da hinauf. Da wird sich finden, ob ich mich in meiner Vermutung irrte oder nicht.“
Ich deutete bei diesen Worten auf die oben scheinbar eng zusammengepreßten Scheitel oder Firste der beiden Steine, welche zwischen sich die Spalte bildeten. Sie waren über dreimal mannshoch. Man konnte also von unten nicht sehen, ob sie auch oben fest aneinanderlagen. Es gab da einige Vertiefungen, Kanten, Ecken und Vorsprünge, welche es mir ermöglichten, hinaufzuklettern. Als ich oben ankam, fand ich meine Annahmen zu meiner Freude noch viel besser bestätigt als ich erwartet hatte. Nämlich nur der vordere Teil der Felsenspalte, in dem sich der ‚Panther‘ befand, war oben zu, der hintere aber offen und so voller Sand geweht, daß man im Innern ganz bequem hinabsteigen konnte. Als ich dies getan hatte, sah ich sofort die Öffnungen, welche mir vorhin drin bei
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