Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
vollständig schlossen und trafen. Es gab da einige kleine, schmale Öffnungen oder Löcher, welche weiterführten. Und auf dem Boden lagen da Exkremente, welche ich für die Ausscheidungen von Fledermäusen hielt. Hieraus schloß ich, daß die Spalte, in der ich mich jetzt befand, sich hinter diesem Raum weiter fortsetze, ohne daß die drei Gefangenen eine Ahnung davon hatten. In diesem Augenblick aber konnte ich diesen Gedanken nicht weiterverfolgen, denn Prinz ‚Panther‘ hatte inzwischen seine aufrechte Stellung eingenommen und begann zu sprechen.
    „Ich bitte dich, Effendi“, sagte er, „mich so ruhig anzuhören, wie ich jetzt mit dir spreche! Du bist mit mir einverstanden, daß ich mich nicht zu scheuen brauche, mich nur an die Wahrheit zu halten. Aber die bedeutendste Wahrheit, mit der wir es hier zu tun haben, ist die, daß alles, was in der letzten Zeit geschehen ist und auch alles, was in der nächsten Zeit zu geschehen hat, von nicht mehr und nicht weniger als nur von zwei Menschen abhängig ist. Kennst du sie, diese beiden?“
    „Vielleicht lerne ich sie durch dich kennen“, antwortete ich.
    „Wir beide sind es, ich und du!“
    „Wieso?“
    „Verstelle dich nicht! Du weißt, daß ich recht habe! Schieb deinen Dschirbani so weit wie möglich vor, ich sehe doch den, der hinter ihm steht und der eigentliche Lenker und Leiter ist; ich meine dich! Und halte von mir, was du willst, aber sobald du die Augen weiter öffnest als bisher, wirst du den erkennen, nach dessen Janitscharenmusik die Tschoban alle marschieren; ich meine mich! Hüben und drüben, ich und du, die beiden eigentlichen und wirklichen Gebieter! Gibst du das zu?“
    „Sprich weiter!“ forderte ich ihn auf, ohne seine Frage zu beantworten.
    Er fuhr fort:
    „Ich habe gehört, daß du den Frieden willst; ich will ihn auch! Du bist ein Christ, ich aber bin Moslem. Hieraus folgt, daß unsere Mittel und Wege, den Frieden zu erreichen, nicht dieselben sind. Einer von beiden muß sich irren, entweder du oder ich. Wer der Irrende ist, das lehrt die Geschichte. Der Islam begann mit Kampf und Krieg; das Christentum begann mit dem Frieden. Wohin du schaust, liegt jetzt der Islam im Frieden; das Christentum aber schwelgt, soweit die Erde reicht, in Eroberung, Blut und Krieg. Alle Länder und alle Völker, die es gibt, wissen es genau: Das Christentum geht von dem Frieden aus, bringt aber unbedingt Krieg; der Islam aber geht vom Krieg aus und führt unbedingt zum Frieden! Das ist doch richtig?“
    Ich antwortete:
    „Beide, das Christentum und der Islam, von denen du redest, sind mir ganz unbekannt. Ich bitte dich, fortzufahren!“
    Er hatte jetzt so mild, so freundlich, so warmherzig gesprochen. Fast war es unmöglich, ihn für denselben Menschen zu halten, der soeben noch so rücksichtslos grimmig gewesen war. Er sprach in dieser außerordentlich artigen, einnehmenden Weise weiter:
    „Sei nicht bescheiden, indem du sagst, du wissest es nicht! Beide, diese Bescheidenheit und diese Unwissenheit, sind Lüge! Ich aber sage die Wahrheit! Ich bin weder Europäer noch Christ, sondern ich bin Asiat und Bekenner des Propheten. Und vor allen Dingen, mein Vater ist kein Knecht, und meine Mutter keine Magd; ich bin Prinz! Weißt du, was das heißt? Mein Vater hatte vier Frauen. Meine Mutter ist eine Mohammedanerin aus Sahrima, also von strengster Richtung; ich bin ihr Sohn. Die Mutter meines älteren Bruders ist eine Christin; Allah verdamme sie! Er neigt im stillen zu ihrer Lehre, nicht aber zum Glauben seines Vaters. Darum hat er mich und ich habe ihn gehaßt, seitdem wir Söhne eines Vaters und also Brüder sind. Er blieb daheim, denn seine Mutter gab ihn nicht her. Ich aber kam zum Scheik von Ardistan und lernte bei ihm alles, was zum höheren Kampf, also zur Kunst des Krieges gehört. Aber glaube ja nicht, daß ich dadurch ein Knecht und Sklave des Krieges geworden bin. Ich bin ja Prinz und werde einst regieren –“
    Er machte mit beiden Armen eine Rundbewegung, als ob er andeuten wolle, daß einst der ganze Erdkreis ihm Untertan sein werde. Dann fuhr er, sich nach und nach begeisternd, in seiner Rede fort:
    „Ich bin frei geblieben. Mir ist selbst der Krieg kein Herrscher, sondern nur ein Mittel zum heiligen Zweck. Und dieser Zweck ist eben nichts anderes als nur – Friede. Begreifst du das?“
    „Ja. Ich begreife es.“
    „So sprich!“
    „Deine Mutter ist Mohammedanerin; sie geizt nach Ruhm und Ehre für sich und dich, aber sie ist kein

Weitere Kostenlose Bücher