25 - Ardistan und Dschinnistan II
hatte, wünschte ich sehr, daß er auch diese Schrift verfasse, und er ging darauf ein. Sie sollte den Titel ‚Der Stern von Bet Lahem‘ führen und von der Holztypographie der mohammedanischen Universität gedruckt werden. In dieser Typographie arbeitete nämlich der einzige Holzschneider, den es in Ard gab, und da der Festschrift das Bild eines brennenden Weihnachtsbaumes mitgegeben werden sollte, so wünschten wir, daß sie an dieser Stelle gedruckt und ausgestattet werde. Es war zwar im höchsten Grade fraglich, ob diese Mohammedaner sich herbeilassen würden, ein christliches Werk zu drucken, doch rechneten wir auf ein Machtwort des Mir, mit dem ich hierüber noch extra zu sprechen hatte.
Er suchte uns noch im Laufe des Abends auf, als der Oberpriester nicht mehr bei uns war. Er zeigte sich wie umgewandelt. Wahrscheinlich hatte er heute zum ersten Mal gesehen und erfahren, wie richtig es im deutschen Lied heißt: „Ein braves Weib, ein herzig Kind, das ist mein Himmel auf der Erde!“ Ich teilte ihm mit, daß der Basch Nasrani den Besuch von Hunderttausenden aus Ardistan, Gharbistan und Scharkistan erwartete. Er behauptete, ganz derselben Meinung zu sein. Hierauf lege ich ihm unseren Kostenüberschlag vor. Da staunte er nun freilich über die Größe dieser Summen und über die Höhe des Gewinns. Das enthusiasmierte ihn noch mehr, als er es so schon war. Dann legte ich ihm die Berechnung vor, die sich auf die Herausgabe und die Einträglichkeit der Festschrift bezog, und seine Verwunderung wuchs noch mehr.
„Das wird gemacht; das wird gemacht!“ rief er aus. „Der Basch Nasrani mag sofort beginnen, zu schreiben!“
„Die mohammedanische Universität wird sich wohl aber weigern, etwas zu drucken, was der Oberpriester der Christen geschrieben hat“, bemerkte ich.
„Sie muß!“ sagte er. „Sie muß! Der Titel wird lauten: ‚Der Stern von Bet Lahem, verfaßt vom Mir von Ardistan‘. Verstanden? Ich bin also der Verfasser und der Verleger. Wer will es wagen, das, was ich schreibe, nicht zu drucken? Bring mir das Manuskript. In der nächsten Minute wird mein Name darunterstehen. Fertig!“
Das war ja viel, viel mehr, als wir erwartet hatten! Ich will in diesem Fall den Ereignissen vorgreifen und schon jetzt berichten, daß er wirklich seine Unterschrift gab, daß die Schrift unter seinem Namen gedruckt wurde und daß sie unzählige Käufer fand und wahrscheinlich auch heut noch findet. An diesem Abend gab es, als ich mich schon niedergelegt hatte, noch ein Ereignis, welches ich nicht übergehen kann. Aacht und Uucht hatten sich vor meinem Lager ausgestreckt. Kein Licht brannte mehr. Ich war im Einschlafen. Da taten beide Hunde zu gleicher Zeit einen Satz nach der Türe zum Nebenzimmer. Ein unterdrückter Schrei erscholl; dann war es wieder still. Ich stand auf und machte Licht. Da lag ein Mann, der sich hatte hereinschleichen wollen. Die schweren Körper der Tiere lasteten auf ihm. Sie hatten ihn nur niedergerissen und festgehalten, ihm aber sonst nichts getan. Als ich ihm in das Gesicht leuchtete, war es – der ‚Panther‘. Ich befahl ihm, aufzustehen. Er tat es. Da zogen sich die Hunde nach der Türe zurück, um diese zu bewachen. Er konnte nicht fliehen. Sein Blick schweifte auf den Teppich nieder, als habe er etwas verloren. Dann sah er mir mit dem Ausdruck des grimmigsten Hasses in das Gesicht und sagte in verächtlichem Ton:
„Natürlich wirst du es sofort dem Mir verraten!“
„O nein!“ antwortete ich. „Wenn ich von jemandem spreche, muß er es wert sein; das bist du aber nicht. Ich denke an deinen Vater und deinen Bruder, denen ich die Schande nicht gönne, die du ihnen bereitest. Du kannst dich frei entfernen. Ich werde dich sogar bis vor das Tor begleiten, damit dich nicht etwa ein anderer ergreift, während ich dich entwischen lasse. Aber das sage ich dir: Sehe ich dich nochmals hier in der Stadt, während der Mir dich fern bei dem Heer glaubt, so höre ich auf, zu schweigen. Tritt in das Vorzimmer und warte!“
Er gehorchte. Die Hunde gingen mit ihm hinaus und ließen ihn nicht weiter. Ich zog mich vollends an und schaute dabei schief gegen das Licht nach der Stelle des Fußbodens, wo er gelegen hatte. Da sah ich das liegen, was ihm entfallen war. Ein kleiner, eiserner Gegenstand, viereckig zugespitzt und rechtwinkelig gebogen. Jedenfalls ein Drückerschlüssel, mit dem er etwas hatte öffnen oder holen wollen, was er bei seiner eiligen Abreise nicht hatte in Sicherheit
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