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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sie mir auch, mir auch! Bisher ist sie mir nur lächerlich vorgekommen; seit gestern aber denke ich anders.“
    Er griff sich mit der Hand nach der Stirn. Mir war, als ob er wanke.
    „Auch ich bin müd, wie du, und schwach dazu!“ fuhr er fort. „Es stürmte in diesen Tagen allzuviel auf mich ein! Bin ich denn wirklich noch der Mir von Ardistan? Oder bin ich ein anderer, der hin- und hergeblasen wird wie eine Feder, die weder Gewicht noch Willen besitzt? Auch ich muß schlafen, muß ruhen, muß wieder zu mir kommen!“
    Dann ergriff ihn ein anderer Gedanke. Er frage:
    „Was sagst du zu den Leuten von El Hadd, Effendi?“
    „Sie gefallen mir“, antwortete ich.
    „Mir auch. Besonders der Schech el Beled! Schade, daß er ein so kleiner Mann und nicht ein Herrscher ist! Man müßte ihn ehren und lieben und könnte mit ihm verkehren! Doch nun müssen wir schließen! Hast du einen Wunsch?“
    „Nein.“
    „Bedenke, was ich dir schulde! Wünschst du keinen Dank?“
    „Nein.“
    „Auch für die Christen nicht?“
    „Nein. Sie haben ihre Schuldigkeit getan und werden sie auch ferner tun. Danken kannst du überhaupt nicht; das kann allein der Himmel!“
    Er sah mich verständnislos an, schüttelte den Kopf und sagte nur noch:
    „Das begreife ich nicht. Schlaft wohl!“
    Dann ging er hinaus.

VIERTES KAPITEL
    Nach der ‚Stadt der Toten‘
    Die Wirkung unserer Weihnachtsfeier war eine gewaltige.
Wer da war, wollte nicht wieder fort. Die Menschheit, die in und um Ard
lagerte, vermehrte sich von Tag zu Tag, anstatt sich zu verringern. Es
kamen täglich neue Pilger, welche teilnehmen wollten, und das
begeisterte den alten, lieben Basch Nasrani zu immer neuen
Anstrengungen und Wiederholungen. Aus den erst geplanten drei
Feiertagen wurden sieben, also eine ganze, volle Woche lang. Dann
konnte er nicht mehr; er mußte sich Ruhe gönnen. Das Ansehen der früher
so verachteten Christen war plötzlich derart gestiegen, daß man sie,
was vorher niemandem eingefallen war, jetzt schon von weitem grüßte.
Man sah ein, daß man sich über sie im unklaren befunden hatte, im
unklaren über ihre Zahl und im unklaren über ihren Charakter. Niemand
hatte geglaubt, daß es ihrer so sehr viele gebe. Das war eine direkte
Folge ihrer Bedrückung. Sie hatten sich gescheut, öffentlich
hervorzutreten. Nun aber, als sie erfuhren, daß das Wohlwollen des Mir
sich ihnen zugewendet hatte, strömten sie in hellen Haufen herbei und
belebten die Stadt in der Weise, daß man glauben konnte, daß sie
überhaupt nur christliche Einwohner habe. Und diese Scharen verhielten
sich so bescheiden, so ruhig und wohlgesittet, daß der Herrscher
versicherte, die öffentliche Ordnung sei noch nie so wenig gestört
worden wie gerade jetzt, wo so eine Menge von Menschen sich in der
Hauptstadt angehäuft habe. Er fügte hinzu: Wären die Straßen und Gassen
in derselben Menge von Lamas und Mohammedanern belebt, so würde es nur
unter dem Aufgebot der kräftigsten Mittel möglich sein, fortgesetzte
Ausschreitungen zu verhüten.
    Es war allerdings auffällig, wie wenigen Mohammedanern, Lama- und
Andersgläubigen man begegnete. Sie waren nicht etwa verschwunden. Sie
hatten sich ganz ebenso wie vorher am öffentlichen Verkehre zu
beteiligen; aber sie taten das nicht mehr in ihrer früheren,
altgewohnten Weise, sondern derart, daß sie sich weder durch ihre
Kleidung noch durch ihr Benehmen von den Christen unterschieden. Sie
waren ganz plötzlich außerordentlich vorsichtig geworden, und sie
hatten ihre guten, triftigen Gründe dazu.
    Der Mir hatte nämlich begonnen, unter seinen Gegnern leise, aber
energisch aufzuräumen. Die Listen der Verschworenen konnten ihm dabei
als sichere Wegweiser dienen. Der Basch Islami war, wie wir wissen,
schon vorher verschwunden. Von dem ‚Panther‘ gewarnt, hatte er Zeit
gefunden, zu entkommen. Nun verschwand jetzt auch der Maha-Lama von
Ardistan mit seinen nächsten, besten, treuesten Anhängern und Freunden.
Sein herausforderndes Verhalten am ersten Weihnachtstag konnte nicht
der einzige Grund hiervon sein. Das Verschwinden auch seiner Anhänger
mußte auf tieferliegende Ursachen zurückgeführt werden, zumal dann auch
noch zahlreiche andere Beamte und Offiziere nicht mehr zu sehen,
sondern abhanden gekommen waren, man wußte nicht, wohin. Das ging so
einige Wochen lang weiter, ohne daß hierbei von einer Arretur oder
einem andern Gewaltmittel etwas zu bemerken war. Die betreffenden
Personen verschwanden auf die geheimnisvollste

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