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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die
flammenden Augen. Dann, als der Offizier geendet hatte, wandte er sich
mir wieder zu:
    „So! Das war es, was ich ihm, dem gefühllosen Aussauger und
Bedrücker seines Volkes, zu sagen hatte! Seine ganze Saat war Gewalt;
sein ganzes Denken und Tun war Gewalt; sein ganzes Leben war Gewalt!
Was konnte er da anderes ernten als eben auch nur Gewalt? Dir, der du
fremd bist, Effendi, ist er gütig entgegengekommen, und du glaubst, ihm
dafür dankbar sein zu müssen. Darum hast du dein Schicksal an das
seinige gebunden und wirst mit ihm zugrunde gehen. Das tut mir leid.
Ich möchte dich wohl retten. Ich möchte dir raten, fortzureiten und
dieses Land zu verlassen, um niemals –“
    „Halt! Schweig! Sprich nicht zuviel!“ gebot ihm da der ‚Panther‘.
„Dieser fremde Mensch, der sich ganz mit demselben Recht um andere
Leute kümmert, wie der Teufel sich um Allahs Seligkeiten kümmert, ist
noch zehnmal, noch hundertmal schlimmer als der Mir! Sie sind beide
einander wert, und es fällt mir gar nicht ein, den einen von ihnen
laufen zu lassen und nur dem andern heimzuzahlen, was er verschuldet
hat. Du kamst hierher, um dir weitere Instruktionen zu holen?“
    „Ja“, beantwortete der Offizier diese Frage.
    „Sie ist kurz. Daß uns nur fünfzig Reiter zu begleiten haben, weißt
du bereits. Wähle sie dir aus, denn du selbst bist es, der sie
befehligen soll. Ich will dich dadurch für die Offenheit belohnen, mit
der du dem Tyrannen gesagt hast, was und wie wir alle von ihm denken.
Mag er uns beide immerhin als seine Gefangenen betrachten. Diese
Lächerlichkeit hört auf, sobald wir das Ziel erreichen, und es wird
sich dann zeigen, ob er stark genug ist, ihre Folgen so ruhig zu
tragen, wie er soeben deine Worte angehört hat, ohne ein Wort der
Verteidigung finden zu können. Du hast dich mit deinen fünfzig Mann
nicht nur unterwegs, sondern auch wenn wir bei Tag oder während der
Nacht lagern, so weit von uns zu halten, daß ihr die Seelenruhe des
abgesetzten Mir und seiner Freunde nicht stört. Ihr wißt ja, daß sie
vor Angst sofort ganz außer sich sind, sobald einmal einer von euch auf
den Gedanken kommt, sich ihnen von Weitem zu nähern. Unser Ziel ist das
Gefängnis Nummer Fünf, an welches wir sie abzuliefern haben. Wir werden
es, wie ich hoffe, noch vor dem morgigen Abend erreichen. Jetzt aber
sei dafür besorgt, daß wir so bald wie möglich von hier fortkommen,
denn der neue Beherrscher von Ardistan hat mehr und auch wichtigeres zu
tun, als mit dem alten, von seinem Volk hinausgeworfenen, in der Wüste
herum spazieren zu reiten. Fertig!“
    Der somit verabschiedete ‚Oberst‘ entfernte sich, um die ihm
erteilten Weisungen auszuführen. Halef schaute nach, ob an dem
Riemenzeug unserer Pferde alles in Ordnung sei, und ich verfügte mich
zu dem ‚kleinen‘ Vorratshaufen, von dem der Zisternenwächter gesprochen
hatte. Er war mit den Leinwandbahnen des auseinandergenommenen
Offizierszelt zugedeckt. Als ich diese Decke zurückschlug, sah ich
wohl, daß alles das, was darunterlag, nicht für die Soldaten, sondern
nur für die Offiziere bestimmt sein konnte. Es gab da vieles, was
entweder ganz oder auch nur halb überflüssig war. Ich wollte nicht
lange und auffällig suchen, denn man sollte nicht wissen, womit ich
mich zu versehen gedachte. Glücklicherweise fielen mir gleich bei dem
ersten Blick mehrere Pakete Kibritat frentschija (Zündhölzer) auf. In
der Nähe lag auf Flaschen gezogenes Sesamöl, welches jedenfalls dazu
bestimmt war, aus unterwegs gefundenen, eßbaren Kräutern oder Blättern
einen wohlschmeckenden Salat zu bereiten. Und gar nicht weit davon gab
es einige kleine, leichte orientalische Dolahs (Kaffeekocher), zu deren
jeder ein Lämpchen mit blecherner Dille gehörte. Kleine Leinwandstücke
und Schnüre gab es genug und so hatte ich in zwei, drei Minuten ein
Paket beisammen, welches alles Nötige enthielt, um den guten, mir von
dem Brunnenwächter gegebenen Rat gerecht zu werden. Niemand hatte davon
Notiz genommen, als nur der ‚Panther‘ allein. Als ich es an den Sattel
eines unserer beiden Packpferde befestigte, rief er mir höhnisch zu:
    „Glaubst du vielleicht, unterwegs zu verhungern? Lächerlich! Im Gefängnis Nummer Fünf gibt es dann um so größere Hochgenüsse!“
    Natürlich antwortete ich ihm gar nicht. Es konnte mir ja nur lieb
sein, wenn er glaubte, daß dieses Paket nur eßbare Dinge enthalte.
    Nach vielleicht einer Viertelstunde sahen wir, daß die fünfzig
Reiter mit dem

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