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25 Stunden

25 Stunden

Titel: 25 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Benioff
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ruft Jakob lauter als beabsichtigt. Seine Stimme klingt bitter.
    »Wart mal einen Moment.«
    Jakob kehrt ins Wohnzimmer zurück und sieht Slattery an, der sich die Nachrichten ansieht. »Im Kühlschrank ist kein Bier.«
    »Hast du auch richtig geguckt?«
    »Nein, ich hab nicht richtig geguckt. Sollte ich etwa richtig g\ icken?«
    . »Hast du das gesehen?«, fragt Slattery. »Komm, setz dich hin und schau dir das an.«
    Jaikob setzt sich zögernd und versucht, nicht direkt zum Bilds chirm zu sehen.
    »In Bangkok hat sich dieser Elefant losgerissen, gestern Abernd oder so. Schau dir das an.«
    Jemand hat die Szene mit einer Videokamera festgehalten. Ein grauer Elefant stampft die Mitte einer breiten Hauptverkehrsstraße hinab, gefolgt von einer jubelnden Menschenmenge. Polizisten versuchen die Leute zurückzuhalten, stellen orangef arbene Absperrböcke auf, wedeln mit ihren Knüppeln, aber die Beamten werden in dem fröhlichen Pandämonium gar nicht beachtet. Uniformierte Soldaten verfolgen den Elefanten durch die Zielfernrohre ihrer Hochleistungsgewehre.
    »Hab ich vor einer Stunde schon auf CNN gesehen«, sagt Slattery. »Alte Elefanten verlieren manchmal den Verstand, haben sie gesagt, sie drehen einfach durch. Pass auf.«
    Auf einmal hat der Elefant schwarze Federn in der runzelten Flanke stecken, und Jakob hört dem Reporter zu, der Jie Betäubungspfeile beschreibt, sechs Stück an der Zahl, jeder mit genug Betäubungsmittel gefüllt, um jeden denkbaren Elefanten umzuhauen. Das Untier zittert kurz, schüttelt seinen großen Kopf, dass die großen Ohren flattern. Dann macht es kehrt und brettert auf den Fußweg zu. Die dort versammelte Menge zerstreut sich in alle Richtungen, wie Billardkugeln nach einem guten Stoß. Der Elefant senkt den Kopf und kracht in die Fensterfront von etwas, das wie ein Elektronikgeschäft aussieht.
    »Scheiße, Mann«, sagt Slattery und wiegt sich hin und her. »Schau dir das an!«
    Das können sich die Soldaten nicht bieten lassen - sie eröffnen das Feuer. Das Bild fängt zu tanzen an, und die Videoaufnahme wird durch einen Sprecher der thailändischen Armee ersetzt, der hinter einem Pult steht und die Ereignisse des Tages kommentiert.
    »Sie haben ihn erschossen?«, fragt Jakob.
    »Oh ja«, sagt Slattery, »das haben sie. Das arme Vieh ist in der falschen Gegend der Stadt spazieren gegangen.«
    Jakob fragt sich, weswegen das Tier wohl durchgedreht ist: das hohe Alter, fehlerhafte Synapsen im Gehirn, der lange niedergekämpfte Drang, einmal einen Schaufensterbummel zu machen? Er zieht sich den Schirm seiner Yankees-Mütze tiefer ins Gesicht.
    »Wann trudelt Monty denn ein?«
    »Überhaupt nicht. Er geht mit seinem Vater essen. Wir treffen uns später mit ihm.«
    Wie kann Monty etwas essen?, fragt Jakob sich. Wie kriegt er auch nur einen Bissen runter?
    Der Bildschirm wird zwischen zwei Werbungen kurz schwarz, und Jakob sieht sein Spiegelbild. »Findest du, dass ich wie ein Frettchen aussehe?«
    »Wie ein Frettchen?« Slattery lacht. »Das ist gut, bin ich noch gar nicht draufgekommen.«
    »Dann stimmt es also?«
    »Hat das irgendjemand aus deiner Klasse gesagt?«
    Jakob macht ein finsteres Gesicht. »Niemand hat das gesagt. Ich hab bloß drüber nachgedacht.«
    »Irgendjemand muss doch etwas gesagt haben. Du denkst doch nicht plötzlich: Hey, ich seh ja aus wie ein Frettchen. Du kennst deinen Anblick doch seit sechsundzwanzig Jahren.«
    »Schon gut«, sagt Jakob. »ThemenWechsel.«
    »Ich weiß nicht mal, wie so ein Frettchen überhaupt aussieht. Aber ja, du könntest eine gewisse Ähnlichkeit damit haben.«
    »Toll, danke. Du bist ein wunderbarer Mensch.«
    Slattery tätschelt Jakob den Kopf. »Und du bist gar nicht so schlecht für ein Frettchen. Ich geh mal scheißen, und dann können wir los.« Er kämpft sich ächzend hoch. Er geht kurz in die Hocke und richtet sich dann auf, das linke Knie kracht laut. »Himmel«, sagt er und humpelt zum Badezimmer.
    Nun ist Jakob mit dem Fernseher allein, starrt dem Moderator mürrisch auf das breite Kinn und ist sauer, ohne genau zu wissen worüber. Manchmal ist er sich ziemlich sicher, dass er Slattery gar nicht leiden kann, dass er ihn noch nie leiden konnte, auch wenn Slattery sein bester Freund ist. Jakob weiß noch, wie er am ersten Tag der neunten Klasse durch das Schultor gestapft ist und überhaupt keine Lust auf ein weiteres Jahr unter diesen braun gebrannten Typen hatte, die mit ihren lose gebundenen Krawatten und Segeltuchschuhen

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