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252 - Die Schrecken der Medusa

252 - Die Schrecken der Medusa

Titel: 252 - Die Schrecken der Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Takte eines Green-Day-Hits aus dem 21. Jahrhundert. Dann versuchte sich der Pianist sehr prätentiös an Nothing Else Matter .
    »Eine schöne Stadt«, sagte Aruula. »Sie ist so… lebendig.«
    Matt nickte und spürte etwas, dass er längst vergessen meinte: Heimweh nach seiner Zeit! So große Menschenansammlungen sah man heutzutage nur noch selten, und wenn, dann waren meist die Tunichtgute in der Überzahl.
    Sie gelangten zum Hafen. Der Pianist war auch hier noch zu hören. Zwar verwehte der Wind viele Töne, aber Matt erkannte die jazzigen Bruchstücke eines Nirvana-Hits.
    Fischerboote, ein paar Flöße und das seltsame Motorboot lagen hier vertäut. Ein braungebrannter Mann mittleren Alters machte sich gerade an Letzterem zu schaffen. Auf Matt wirkte er nicht wie ein Techno. Er sah eher wie ein Inder aus… und erinnerte Matt vage an jemanden, ohne dass er sagen konnte, an wen.
    Er versuchte mit dem Mann ins Gespräch zu kommen: »Ist das dein Boot? Ein prachtvolles Gefährt! Du musst sehr stolz darauf sein.«
    Der Mann blickte auf und warf einen Schraubenschlüssel auf die Planken. Seine Arme waren ölverschmiert, sein Gesicht rußig und seine Augen blitzten. Er grinste und offenbarte zwei Zahnlücken. »O nein, das Boot gehört nicht mir. Ich warte es nur. Wer seid ihr? Warum wollt ihr das wissen?«
    »Oh, wir sind Reisende«, sagte Matt. »Wir wollen lernen und suchen Menschen, die uns dabei helfen.«
    »Aha… lernen.« Der Mann nickte. »Lernen ist immer gut. Vor allen Dingen von den Alten.«
    In diesem Moment fiel bei Matt der Groschen. Der Typ war ein Retrologe; natürlich! An der Westküste Afrikas war er bereits auf einige dieser Besessenen gestoßen [1] , die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Artefakte der Vergangenheit zu neuem Leben zu erwecken: Uhren, Schreibmaschinen, Autos… oder Motorboote.
    »Mein Name ist Robart«, stellte der Mann sich vor. »Retrologe des Lordkanzlers von Guunsay.« Er wischte seine Finger an einem speckigen Lappen ab, den er danach achtlos wegwarf, und gab ihnen die Hand. Auch Matt und Aruula nannten ihre Namen. »Vielleicht wisst ihr es noch nicht«, fuhr Robart fort, »aber der Lordkanzler sammelt Artefakte. Dieses Boot ist eines davon, und meine Aufgabe besteht darin, es instand zu setzen. Keine leichte Arbeit, sage ich euch. Dieser verdammte Motor will nicht so, wie ich will. Aber mit der Zeit hat mir noch keine Tekknik und keine Maschiin widerstanden. Ich habe den Motor aus dem Rumpf geholt und oben aufgesetzt, neue Pneuelstangen konstruiert, und kann so daran herumbasteln, ohne mir andauernd unter Deck den Kopf zu stoßen.« Er lächelte stolz und musterte Aruula mit unverhohlenem Wohlgefallen.
    »Ein schöner Beruf, Robart, und eine gute Idee. Und sie funktioniert?«, schmeichelte Matt.
    Time To Say Goodbye spielte der Pianist. Woher nur kannte er diese Musikstücke?
    »Nun ja… er will einfach nicht rund laufen. Immer wieder kommt es zu Aussetzern.«
    »Hast du schon mal einen Techno um Rat gefragt?«, ließ Matt einen Versuchsballon los.
    Der Retrologe kniff die Augen zusammen. »Eine seltsame Frage, Fremder…«
    »Es liegt in der Natur der Lernenden, Fragen zu stellen. Also?«
    Robarts Miene war weiterhin skeptisch. Offenbar hielt er nicht viel von Bunkermenschen. Hatte er schlechte Erfahrungen mit Gabriels Gemeinschaft gemacht? »Nein, hab ich nicht«, brummte er. »Das schaffe ich schon allein.«
    Matt bohrte nicht weiter nach. Schließlich wollte er den Mann nicht verärgern. »Nun ja - jetzt suchen wir uns erst mal eine Schänke«, sagte er aufgeräumt. »Wir haben Durst und Hunger. Kannst du uns ein gutes Lokal empfehlen?«
    Robart, sichtlich froh über den Themenwechsel, griff hinter sich und hielt einen Tonkrug hoch. »Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?«, zitierte er einen Spruch der Alten. »Gönnen wir uns doch gleich hier einen guten Tropfen. Seid ihr dabei?«
    Matt bejahte.
    »Dann lasst uns trinken.« Er zauberte drei Becher hervor. »Määrbräu. Meine Frau macht den besten der Stadt. Erfrischend und belebend.« Er kletterte über die Reling auf das Kai, ohne etwas zu verschütten. Matt machte unwillkürlich einen Schritt zurück, denn der Mann roch streng. Typisch für Menschen, die vorwiegend in Meerwasser badeten.
    Sie nippten an dem Getränk, und Aruula verzog das Gesicht. Sie vertrug nur wenig Alkohol.
    Der Retrologe lachte heiser. »Am Anfang muss man sich an den Geschmack gewöhnen, aber ich verspreche euch - nach

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