252 - Die Schrecken der Medusa
heran, es ihr zu erklären: »Das Zepter der Macht befindet sich im Besitz von Lordkanzler Gundar. Er selbst nennt sich Gundar der Große. Dämlicher Name. Er ist zwar ein langer hagerer Kerl, aber groß bin ich . Gundar lebt mit seinem Gefolge auf einem Hügel zum Hinterland an der Stadtgrenze von Sainpeert. Er ist ein schlauer Fuchs, das muss man ihm lassen. Und gebildet ist er auch. Wohingegen sein Sohn Gundar der Kleine ein Idiot ist. Gundar sammelt Artefakte, die einst vermeintliche Herrscher auszeichneten, und Geschichten von Kampfstrategien vergangener Eroberer. Er hat neben seinem Château eine Kaserne bauen lassen, in der er diese Strategien mit seinen Soldaten nachstellt.«
»Und ihm sollen wir das Zepter stehlen?«, fragte Aruula.
»So ist es!«, nickte Braham. »Gelingt euch das nicht bis morgen Abend, ist die Medusa tot, und auch euch werden wir jagen und finden, verlasst euch drauf!«
»Meine Wachtposten richten unentwegt Speere auf das Herz der Medusa«, ergänzte Joonah. »Sobald sie aufwacht, wird sie erstochen.« Er legte eine kleine Pause ein und grinste. »Aber das wird ja nicht passieren, wenn eure Geschichte stimmt und die Götter euch wirklich als Werkzeuge benutzen. Also dürfte dieser kleine Dienst an meinem Volk kein Problem für euch sein.«
Der verdammte Kerl ist bauernschlau , erkannte Matt. Egal, wie diese Geschichte ausging: Entweder erhielt er das Zepter und somit größere Macht, oder er heimste den Ruhm ein, die Medusa beseitigt zu haben, was ihm gleichermaßen nutzte.
Das Problem war nur: Es gab keine mystischen Götter, die Victoria weiterhin im Tiefschlaf halten würden. Matt verkniff sich einen Fluch. Wie, um alles in der Welt, konnte man die Queen so lange in Bewusstlosigkeit belassen, bis der Auftrag erledigt war - falls es ihnen überhaupt gelang?
»Unsere Waffen«, forderte Aruula. »Wir benötigen sie, sonst können wir die Prüfung nicht ausführen.«
»Benötigen die Günstlinge der Götter Waffen? Haben sie nicht ihren Glauben?«, fragte Braham. »Also lasst ab vom Weltlichen und seid tapfer.«
»Unsere Waffen«, knurrte Matt.
»Keine Waffen!«, zischte Braham.
»Keine Waffen!«, bestätigte Joonah. »Wer mit den Göttern im Bunde steht, benötigt das nicht - betet stattdessen.« Er winkte einem abseits stehenden Krieger.
»Bringt die beiden bis zur Grenze unseres Herrschaftsbereiches. Ich glaube, es ist in ihrem Interesse, so bald wie möglich aufzubrechen. Habe ich recht, Maddrax?«
Der Mann aus der Vergangenheit wünschte sich, seine Blicke könnten töten. Dann wäre das hier schnell zu Ende gewesen.
***
Von sechs Inselkriegern bewacht, verließen sie das barrikadengeschützte Dorf. Jolii lief neben Matt und Aruula her. Auf Aruulas Frage hin sagte sie, so laut, dass auch die Wachen es hören konnten, dass ihr Vater befohlen hätte, sie solle die Wachen begleiten. Matt zweifelte daran, und als er zu Aruula blickte, schüttelte die kaum merklich den Kopf. Offenbar hatte sie in Jolii gelauscht .
»Was hältst du von diesem Gottesurteil?«, fragte Aruula das Mädchen. Matt hielt sich zurück. Das war Aruulas Domäne: Ein Gespräch von Frau zu Frau.
»Er ist die Entscheidung meines Vaters…«, murmelte Jolii viel sagend.
»Aber was hältst du davon?«, wiederholte Aruula ihre Frage.
Verlegen senkte Jolii ihre Augen und betrachtet ihre Füße, die Sand aufwirbelten. »Er glaubt an die Götter. Aber ich sorge mich um ihn. Ich glaube…«
»Ja…?«
»Ich glaube, er will zu viel. Er verspricht sich etwas davon, gegen Gundar zu streiten, aber der Lordkanzler hat die besseren Soldaten und wird nicht zögern, uns alle zu vernichten, wenn mein Vater sich ihm entgegen stellt. Viele Dorfbewohner denken so, aber sie wagen es nicht, aufzubegehren.«
»Du meinst, man sollte eine friedliche Lösung finden?«, fragte Aruula vorsichtig.
Jolii hob den Blick. »Was ich meine, hat keine Bedeutung. Aber Krieg führen heißt, dass Blut fließt.« Sie zögerte, dann setzte sie hinzu: »Es ist Braham. Er hat einen großen Einfluss auf meinen Vater. Manchmal glaube ich, ohne Braham…« Sie verstummte, und Matt sah mit einem Seitenblick, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. Aruula schwieg und ließ dieses Geständnis wirken. Nach einer klugen Weile, sie erklommen soeben die Anhöhe, die zum Dorf der Versteinerten führte, sagte sie: »Vielleicht können wir einen Krieg verhindern.«
»Ja? Oh, das wäre wunderbar. Aber wie…?«
»Indem du uns hilfst«, mischte Matt
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