253 - Das Terror-Gen
wenig später mit Fahka und der ehemaligen Queen hinter dem Lazaretthaus traf.
»Sie wird unsere Siedlung nicht verlassen, solange Leonard am Leben ist. Wir müssen ihn töten!«, forderte Fahka grimmig.
Lady Victoria Windsor schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, Ibrahim. Wir müssen Breedy töten, nicht Leonard!«
Kucholsky stimmte ihr zu. Während die beiden Frauen flüsternd beratschlagten, wie das zu bewerkstelligen sei, hörte der ehemalige Oktavian der Ingenieurskaste nur mit halbem Ohr zu. Mit finsterem Gesicht lauschte er dem entfernten Kichern von Eve Neuf-Deville. Es kam von den Klippen hinter der kleinen Mauer, die Felsenrand und Lazaretthaus voneinander trennte. In das Lachen der verrückten Psychologin fiel jetzt die Baritonstimme Sir Leonards ein. Fahkas Magen zog sich zusammen. Seine Hände begannen zu zittern und die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf.
Aus den Augenwinkeln beobachtete er die beiden Nosfera-Wächter, die gelangweilt auf den Stufen der benachbarten Hütte saßen. Wenige Schritte vor sich sah er die lose sitzenden Steine auf dem Sims der Mauer. Der Moment der Abrechnung ist gekommen!
Bevor Gefährtinnen oder Blutsauger überhaupt begriffen, was vor sich ging, war Ibrahim über die Mauer geklettert. Er entdeckte Eve und Leonard neben der Ginsterhecke am Rande der Klippe. Einen schweren Stein in seiner Faust, lief er auf sie zu.
Doch sein Kommen blieb nicht unbemerkt. Den Blick auf den Felstrümmer in Fahkas Hand geheftet, warf die Psychologin sich ihm in den Weg. »Flieh, Pat! Flieh!«, schrie sie Leonard zu. Während der Prime verwirrt seine Schrotflinte auf die Ringenden richtete, gelang es Ibrahim, sich aus Eves Umklammerung zu befreien. Den Stein hatte er beim Kampf verloren. Nun wollte er den verhassten Gabriel mit bloßen Händen erwürgen. Wie ein wild gewordener Wakudabulle stürzte er sich auf ihn. Sir Leonard kam nicht mehr dazu, den Abzug seiner Waffe zu betätigen. Ächzend ging er zu Boden. Die Flinte entglitt seinen knochigen Fingern und rutschte über die Klippe.
Ibrahim Fahka setzte sich auf den Brustkorb des Überwältigten. Er packte die Gurgel des Verhassten und drückte zu. Beinahe wäre es ihm gelungen, den letzten Rest des erbärmlichen Lebens des Tyrannen zu ersticken. Doch dann beendete ein jäher Schlag auf seinem Schädel den süßen Geschmack der Rache.
***
Ende September 2525
Wie versteinert kauerte Aruula am Lager der Queen. Hatte sie sich anfänglich noch vorsichtig durch die Gedankenwelt der Kranken manövriert, drang sie nun immer tiefer in deren Geist vor. Obwohl es war, als ob sie durch Nebel irrte, gab sie nicht auf. Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie ganz nahe daran war, das Geheimnis der Technos zu lüften.
So vergaß sie alle Vorsicht. Flüsterte nicht mehr die Namen ihrer Mutter und ihres Enaks und bemerkte nicht, wie das Licht des anbrechenden Tages in die Höhle flutete. Dann endlich war es so weit: Vor ihrem inneren Auge lösten sich die Nebelschwaden auf, und die Barbarin sah den Wachturm beim Technodorf deutlich vor sich - so wie Victoria Windsor ihn gesehen hatte, an jenem Augusttag des Jahres 2525…
Unruhig tigerte Victoria in der ersten Etage des Wachturmes auf und ab. Sie war am frühen Morgen hierher gekommen, um sich mit Breedy zu treffen. Während sie wartete, dachte sie an die vergangenen Wochen. Wie viele Pläne hatte sie mit den anderen ersonnen, das Halbblut zu töten. Doch alle waren missglückt. Es schien, als ob Breedy immer schon vorher ihre Absichten durchschauen könnte.
Bei diesem Gedanken verweilte Victoria vor dem schmalen Sichtschlitz des uralten Gemäuers. Mit sorgenvoller Miene blickte sie über die Dächer des Technodorfs. Wie konnte ich nur so blind sein? Inzwischen war sie überzeugt davon, dass die Halb-Nosfera über die Fähigkeit des Lauschens verfügte.
Doch das alles spielte jetzt keine Rolle mehr. Heute bei Sonnenaufgang hatten die Nosfera das Dorf verlassen. Die meisten zumindest. Victoria war überzeugt, dass es mit dem nächtlichen Weckruf ihres Sehers zusammenhing. Asyro hatte sie alle zusammengetrommelt und von einer Vision und nahendem Unheil gesprochen. Von körperlosen Schatten . Selbst den Technos war bei seinen Prophezeiungen angst und bange geworden. Doch als der Tag anbrach, hatte sich ihre Furcht vor dem abergläubischen Gefasel ebenso verflüchtigt wie die Anwesenheit der Blutsauger.
Nur Breedy war geblieben. Victoria erkannte ihre Chance. Jetzt oder nie! Bevor die anderen
Weitere Kostenlose Bücher