253 - Das Terror-Gen
und meine Sippe gewarnt. Die Schatten werden wiederkehren, wenn du die Hexe nicht tötest! Sie werden zurückkommen und ihr Werk vollenden…!«
Damit starb Asyro.
Eine Weile noch blieb der Mann aus der Vergangenheit bei ihm sitzen. Der Alte hatte das Geheimnis der Schwarzen Schatten und das Rätsel um das Schicksal der Technos mit in den Tod genommen. Auch konnte Matt sich immer noch nicht erklären, welche Rolle die Queen dabei spielte. Warum sie als einzige Techno nicht versteinert worden war, dafür aber den Verstand verloren hatte.
Schließlich begann er Asyro mit dem restlichen Wasser aus seinem Schlauch zu waschen. Er wickelte ihn in die saubersten Tücher, die er in der armseligen Unterkunft des Alten finden konnte. Den Leichnam über seine Schulter gelegt und den Stab des Sehers in der Hand, verließ Matt schweren Herzens die kleine Höhle. Der Morgen dämmerte bereits, als er Asyro unten am Strand begrub.
***
Juli 2524
Über ein halbes Jahr war seit den schrecklichen Ereignissen auf den Klippen vergangen. Bis auf eine kleine Narbe über der Augenbraue waren die Spuren von Loomers Attacke in Gabriels Gesicht verschwunden. Von der Pilotin hatte man nie wieder etwas gehört. Auch Sams Leiche war bisher nicht gefunden worden. In Sainpeert erzählte man sich inzwischen, dass der Schiffsbauer mit der schwarzhäutigen Cinderella auf eine Nachbarinsel durchgebrannt sei, weil der Anführer der Technos ihnen nicht erlaubt hatte, zu heiraten. Wie die Leute der Inselhauptstadt nun mal waren, ersponnen sie lieber eine schöne Geschichte, als das merkwürdige Verschwinden der beiden zu hinterfragen.
Das Leben in dem Technodorf nahm inzwischen wieder seinen gewohnten Gang. Die unter Arrest stehenden Bunkerleute hatten sich scheinbar in ihr Schicksal gefügt und erhielten Gelegenheiten, unter sich zu sein. Sir Leonard Gabriel hielt sich wieder öfter in Sainpeert auf. Im Dorf war sein Verhalten so wechselhaft wie das Wetter. Mal wirkte er verwirrt, mal vernünftig und klar. Mal tobte er brüllend herum, mal fand er für jeden ein freundliches Wort. Schon längere Zeit redete er mehr über das, was er vorhatte, als dass er seine Pläne tatsächlich umsetzte. So war immer noch kein Hospital im Wachturm entstanden.
Außerdem machten ihm zunehmende Probleme mit dem Gedächtnis zu schaffen. Manchmal vergaß er Befehle, die er kurze Zeit zuvor erteilt hatte. Manchmal auch das, was er sagen wollte. Einmal hatte er den ganzen Tag nach dem Zweikaliber gesucht. Als Breedy ihn dann daran erinnerte, dass dieses Gewehr doch gemeinsam mit Cinderella Loomer verschwunden war, schaute er sie groß an, als müsste er sich erinnern, wer diese Loomer überhaupt war. So wuchs die Hoffnung bei Ibrahim, Sarah und Victoria, dass der Verfall seines Gehirns durch Breedys Terror-Gen ihn schon bald komplett handlungsunfähig machen würde.
Doch noch war es nicht so weit. Eines Tages brachte er der ehemaligen Queen einen der unzähligen Briefe vom Sohn des Lordkanzlers. »Ich will, dass du ihn heiratest!«, befahl er. »Es wird Zeit, dass wir den Inselherrscher an uns binden. Wenn du einwilligst, ist der junge Gundar bereit, hier bei uns zu leben.«
Lady Victoria Windsor weigerte sich empört gegen das unverschämte Ansinnen Gabriels. Doch vergeblich! Der Prime drohte ihr mit neuerlicher Isolierung für sie und die anderen. Außerdem hatte er schon alles mit Gundar dem Kleinen besprochen und ihn für den nächsten Tag auf die Klippen bestellt. Es war Sarah Kucholsky, die Victoria tröstete. »Mach dir keine Sorgen! Ich werde mich um alles kümmern«, versicherte sie ihr.
So geschah es, dass am Tag darauf der kleinwüchsige Sohn des Lordkanzlers mit Pomp und Getöse im Technodorf eintraf. Die verstaubte Kutsche aus dem Kellergewölbe seines Vaters war ebenso mit Zierrat geschmückt wie die beiden Horseys, die sie zogen. Er selbst war in Seide gehüllt. Aus seinem gerüschten Hemdkragen klimperten unzählige Goldkettchen und sein zum Zopf gebundenes Haar glänzte vor Pomade. Beladen mit Tomaten und Freesien betrat er siegessicher Victorias Hütte. Doch der Empfang, den Gundar sich erhofft hatte, blieb aus.
Lady Windsor streckte ihm kühl ihre Hand entgegen und wies ihn an, auf einem wackeligen Stuhl Platz zu nehmen. Sie selbst trug ein helles, einfaches Kleid. In ihren hochgesteckten Locken glitzerte ein silbernes Band, das eine der Dorffrauen ihr geliehen hatte. Als sie zum anderen Ende des Raumes schritt, um dort Platz zu nehmen, bewegte
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