256 - Der König von Schottland
Crump ihr zu. »Ihr müsst ihm folgen, schnell!«
Nimuee war sichtlich überfordert. Mit flackerndem Blick sah sie zu Matt und Aruula, suchte nach Worten.
»Wir wissen Bescheid«, sagte Matt schnell. »Pat hat uns alles erzählt. Kümmern Sie sich um Crumps Verletzung. Aruula und ich werden Jed hinterher reiten. Keine Sorge, wir holen ihn zurück!«
***
Darkmoor, 14. November 2525
Im bleichen Mondlicht wirkte das Darkmoor mehr als gespenstisch. Buschformationen kauerten wie Trolle auf dem lang gestreckten Areal des Sumpfgebietes. Hier und da blubberte und schmatzte es von aufsteigenden Faulgasen, und einzelne Baumskelette reckten ihre knorrigen Astfinger in den nächtlichen Himmel. Es roch nach Moder und Verwesung.
Rulfan, der sein Horsey am Rand des Sumpfgebietes angebunden hatte, wickelte sich fester in den warmen Fellumhang. Eigentlich hatte er bei Einbruch der Dunkelheit längst wieder aus dem Moor heraus sein wollen. Aber Chira drang immer tiefer in diese Höllenlandschaft vor. Zumindest war es kein Problem, ihr zu folgen: Im Licht des Mondes zeichnete sich ihre Spur deutlich im Schnee ab und wies ihm einen sicheren Weg.
Chira schien nicht das erste Mal an diesem Ort zu sein: Keine der Pfotenabdrücke deutete auf ein Zaudern oder Abweichen vom Weg hin. Der Albino überlegte immer wieder, ob er umkehren sollte, ohne sich wirklich dazu entschließen zu können.
Dann gelangte er unvermittelt an einen aufgewühlten Kreis, wo die Spur endete. Oder besser gesagt: wo sich Chiras Spur mit einer anderen vereinigte, um als deutliche Aufwerfungen im Schnee zu enden.
Rulfan stutzte. Es waren die Abdrücke zweier Lupas, und es sah nicht so aus, als hätten die Tiere miteinander gekämpft. Eher schien es…
Dann fiel der Cent bei ihm, erkannte er endlich den Grund für Chiras merkwürdiges Verhalten: Sie war der Stimme ihres Herzens gefolgt! Er zweifelte nicht daran, dass die zweite Spur einem Luparüden gehörte und dass die Aufwerfungen durch übermütiges Herumtollen im Schnee entstanden waren.
Kleine Chira , dachte er wehmütig. So erwachsen bist du schon…?
Er suchte die Ränder des aufgewühlten Bereichs ab und entdecke schließlich eine Doppelspur, die weiter ins Moor hineinführte.
Als er ihr ein Stückweit gefolgt war, hörte er plötzlich grölende Stimmen. Sie kamen von einer Baumgruppe, die schemenhaft aus dem Moor ragte. Als Rulfan wenige Minuten später durch ihr Unterholz kroch, fühlte sich der Boden fest an. Jemand hatte sich viel Mühe gemacht, hier Erde und Steine aufzuschütten. Teilweise war das Erdreich sogar mit Holzbohlen verstärkt. War er auf das geheime Lager von Luthers Truppen gestoßen? Aber was wollten Chira und ihr Liebhaber dort?
Die Antwort erhielt er nur wenige Minuten später. Aus der Deckung hinter einer knorrigen Eiche betrachtete er eine fast kreisrunde Sumpfinsel, auf der Zelte und Unterstände errichtet worden waren. Über Feuerstellen hingen dampfende Kessel - und am Waldrand tollte ein Rudel Lupas durch den Schnee. Offenbar handelte es sich um domestizierte Tiere, die mit den Barbaren lebten. Ob Chira bei ihnen war, konnte der Albino von seiner Position aus nicht sehen. Was er allerdings deutlich erkennen konnte, waren die zahlreichen Krieger, die sich hier tummelten. Es mussten an die hundert sein.
Rulfan sträubten sich die Nackenhaare, als er unter ihnen eine Horde Halbnackter mit roter Hautbemalung entdeckte, ihre Gesichter weiß gepudert und kleine Tierknochen in die Haarmähnen geflochten. Ganz klar gehörten sie zu dem Barbarenstamm, der sie vor Stirling gejagt hatte.
Feinde inmitten von Stuarts Reich! , ging es ihm durch den Kopf. Sie hatten die Sümpfe ausgekundschaftet und sich hier häuslich eingerichtet.
Viele der Weißgesichter hatten sich um einen mächtigen Findling versammelt. Weinkrüge machten die Runde. Lachend prosteten sie einem Kerl zu, der wie eine Statue breitbeinig auf dem Felsbrocken stand: ein kahlköpfiger Hüne mit groben Gesichtszügen und leuchtend blauen Augen. Über seinem Lederharnisch trug er einen roten Umhang. Jetzt hob er die Hand. Die Stimmen verebbten.
»Mit den Männern, die gestern zu uns gestoßen sind«, rief er mit dröhnender Stimme, »simmer genug Kämpfer, um beim nächsten Schneesturm Stuarts Burg zu überfallen!« Die Barbaren johlten lautstark. »Wir massakrieren diesen Bastard«, fuhr der Kahlkopf fort, »nehmen uns seine Wooms und alles, waser hat! Mit seinen Techno-Waffen machen wir die Highland-Clans alle! Dann
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