2575 - Flucht nach Anthuresta
üblichen Besprechungstermins zu sich,
weil sie eine Entdeckung gemacht hatte.
»Während des Erweckungsprozesses stellten wir fest, dass der Körper der Vatrox zwar gerade
seine Lebensfunktionen aufnahm, aber hirntot war. Ihr Vamu war fort.«
»Das heißt wieder eine tote Frau mehr«, sagte Codesfatt frustriert. »Wir können solche
Verluste auf Dauer nicht hinnehmen!«
»Eben darum geht es: Wir haben gar keinen Verlust«, versetzte Enfia. »Es ist etwas
Erstaunliches passiert. Der Körper kam zu sich - setzte sich auf und sprach mit uns.«
»Wie bitte?«
»Ja. Wir setzten sofort die Fängerinnen ein, und es stellte sich heraus, dass ein männliches Vamu während des Prozesses in diesen Körper ... wie soll ich sagen ...
hineingerutscht ist. Sie wachte also auf, aber er hatte sein Bewusstsein und seine
Erinnerungen in einem funktionsfähigen Körper, den er steuern konnte. Er war darüber anfänglich
nicht sehr begeistert, wie du dir vorstellen kannst, doch inzwischen freundet er sich damit an
und spricht sogar davon, als Erstes unbedingt ein Kind bekommen zu wollen. Ein wenig skurril, wie
ich finde, aber ... Nun, das kam jedenfalls dabei heraus.«
Codesfatt war sprachlos. »Das ist ... unglaublich! Bist du dir über die Konsequenzen im
Klaren, die das mit sich bringt, wenn das kein Einzelfall war?«
Enfia wiegte den Kopf. »Ich versuche gerade, das dadurch ausgebrochene Chaos in meinem Kopf zu
ordnen.«
»Wenn wir Vamu gezielt zurückholen können ... ins Leben ... dann gibt es überhaupt keinen Tod
mehr, und unser Volk wird existieren, egal was passiert...«
Der alt gewordene Mann sprang auf, von neuer Energie durchdrungen, und ging aufgeregt in dem
Raum auf und ab.
»Das ist der Durchbruch, auf den wir Jahrtausende gewartet haben, Enfia! Macht mit diesem
Experiment weiter!«
*
Die Vamu-Fängerinnen lernten, den Prozess zu lenken und zu leiten - diesmal in die umgekehrte
Richtung: aus den Kollektiven in einen Körper. VATROX-CUUR und VATROX-DAAG zeigten
sich nicht minder begeistert von dieser neuen Perspektive und unterstützten die Frauen
tatkräftig.
Als es immer besser funktionierte, fingen die Frauen an, gezielt nach dem Vamu von wichtigen
Wissenschaftlerinnen und vielen anderen zu suchen, die Codesfatt anforderte, und in hirntote,
aber funktionsfähige Körper zu transferieren.
»Auch Conca?«, fragte Enfia eines Tages.
»Das wäre mein Traum«, antwortete Codesfatt und wies auf sich. »Aber sieh mich an. Ich werde
ihr sowieso bald folgen.«
»Uns gehen ohnehin die Körper aus«, fuhr Enfia fort. »Wir müssen etwas anderes versuchen.«
»Etwas anderes« bedeutete, nach einigermaßen passenden anderen Spezies zu suchen. Doch diese
Versuche scheiterten schon im Ansatz, jeder einzelne. Beinahe hätte er sogar den Verlust von Vamu
zur Folge gehabt. Die Kollektive verboten weitere Forschungen in diese Richtung, es musste einen
anderen Weg geben.
Allerdings waren sie daran interessiert, das Verfahren an sich fortzusetzen, denn es würde ein
erneutes Anschwellen ihrer Kapazitäten zu bedrohlicher Größe verhindern und für ein permanentes
stabiles Gleichgewicht sorgen.
Es gab noch einen anderen Vorteil. Je stärker das Kollektiv durch die Zufuhr von Vamu würde,
umso eher könnte VATROX-VAMU es finden. Würde dagegen regelmäßig Vamu abfließen, bliebe die
Gefahr einer Entdeckung gering.
»Wir müssen Geduld haben«, mahnte Enfia. »Und wir vermehren uns auch.« »Jetzt sind wir
wahrhaftig unsterblich«, sagte Codesfatt zufrieden, bevor er sein Vamu freigab. Er hatte sein
Lebensziel erreicht.
*
Lucba Ovichat hob wie damals in der Klinik die Hand vor die Augen, betrachtete sie und drehte
sie.
Aber das bin ich, dachte sie. Wie ist das geschehen?
Sie hatte keine Zeit, sich damit zu befassen, denn es ging nahtlos weiter.
Oh nein, schoss es ihr durch den Kopf, als sie die Jahreszahl sah.
10.
38.402 n. L.O.T.
29.000 Jahre lang halfen die Vatrox nun den Anthurianern. Immer noch waren die Wasserriesen
voller Geheimnisse für die Schwarzhäutigen, doch immerhin hatten diese herausgefunden, dass es
nicht mehr als eine halbe Milliarde Anthurianer gab. Das war eine wichtige Information, die die
Anführer der Vatrox gut bewahrten.
Die ganze Zeit mischten sich die Anthurianer nicht in die inneren Angelegenheiten der Vatrox.
Im Gegenzug verstanden die Vatrox nicht, was diese sanften Wasserriesen eigentlich antrieb. Sie
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