2575 - Flucht nach Anthuresta
wollten es genau genommen gar nicht wissen. Das Wesen ihrer Retter blieb ihnen fremd. Warum
bedienten sie sich Projektionsgestalten beim Kontakt mit anderen Völkern, obwohl es andererseits
auch kein Geheimnis war, dass die wahren Körper die riesiger Wasserwesen waren?
Sie waren inzwischen zu der Ansicht gelangt, dass die Entwicklung der Anthurianer stagnierte,
wenn nicht gar kurz vor der Degeneration stand. Dieses Volk mit seinen unglaublichen Machtmitteln
war viel zu sanftmütig und weich. Damit war keinerlei Entwicklung mehr zu erzielen. Es war an der
Zeit, an den Fortschritt zu denken.
Und die Vatrox waren dafür bereit.
Die Unsterblichkeit war erreicht. Nach vielen Fehlschlägen und grauenvollen Misserfolgen war
das Klonen kein Problem mehr. Von jedem Vatrox wurde gleich nach der Geburt eine Gewebeprobe
entnommen und archiviert. Nach dem körperlichen Tod falls der Betroffene die Wiedergeburt
gewünscht hatte - wurde sein Vamu identifiziert und in den beschleunigt herangezüchteten Körper
zurücktransferiert. Es handelte sich stets um einen erwachsenen Körper, dessen Pigasoshaar
allerdings nicht mehr als ein kurzer Stummel war - es würde erst wachsen, wenn das Vamu in den
Körper eingezogen war.
Dass die Übertragungsgenauigkeit individueller Erinnerungen nicht hundert Prozent betrug,
wurde zunächst vernachlässigt. Die Gedächtnislücken konnten anhand der Aufzeichnungen, die der
Vatrox hinterlassen hatte, aufgefüllt werden - oder sie waren nicht von Bedeutung.
Dennoch forschten die Vamu-Schwestern nach, wodurch diese Erinnerungslücken entstanden.
Zeitweise gab es die grauenvolle Befürchtung, ihr Erzfeind VATROX- VAMU würde dieses Vamu
»fressen«.
Doch die Frauen fanden heraus, dass die Ursache in der Bindung an VATROX-CUUR und VATROX-DAAG
lag. Ein Teil des wandernden Vamu blieb immer an die Kollektive gebunden. Ein weiterer Aspekt
konnte sein, dass unbewusste Vorbehalte gegen eine körperliche Wiedergeburt eine Rolle
spielten.
Die Vatrox konnten damit leben, es verstärkte schließlich auch ihre eigene Bindung an die
Kollektive.
Die Unsterblichkeit hatte allerdings einen hohen Preis. Immer mehr Männer wurden im Lauf des
Klonens steril. Die natürliche Geburtenrate ging zusehends zurück. Doch die Fruchtbarkeit der
Frauen war ebenfalls begrenzt, mehr als zwei Kinder konnten sie selten bekommen.
So kam es, dass es nicht mehr als zwei Milliarden Vatrox gab, also kaum mehr als zum Zeitpunkt
der Ankunft vor dreißig Jahrtausenden.
Ein großer Plan nahm langsam Gestalt an, dessen Grundstein einst der erste regierende Mann,
Codesfatt, gelegt hatte. Dieses Ziel hatten seine Nachfolger nie aus den Augen verloren.
Wahlen fanden nicht statt, doch daran störte sich niemand, solange der Erste Mann das
gemeinsame Ziel des Volkes verfolgte und in seinem Sinne handelte. Ganz autark konnte er sowieso
nicht regieren, da die Kollektive beteiligt waren.
Der Erste Mann dieser Tage aus Codesfatts direkter männlicher Linie war Candrofatt, und zwar
bereits in seiner siebten Inkarnation. Der Klonkörper selbst war längst steril, doch er sah dies
nicht als Makel. Die Klone hatten immerhin eine noch längere Lebenserwartung als die »Originale«,
und das verschaffte ihm in jeder Inkarnation ausreichend Zeit. So behielt er die Fäden in der
Hand und konnte den großen Plan weiterverfolgen.
Er war ein äußerst autoritärer, strenger Mann, doch die männlichen Vatrox, die es nie anders
gekannt hatten, nahmen es hin, solange sie ihre eigenen Vorteile gesichert sahen. Dass sich
inzwischen eine klare Hierarchie entwickelt hatte, war unvermeidlich. Eine exakte
Arbeitsaufteilung und Rangordnung war unerlässlich durch ihre Arbeiten für die Anthurianer
geworden, und niemand sah darin etwas Nachteiliges.
Umso zielgerichteter kamen sie in ihrer Entwicklung voran und in dem Vorhaben, das größte
Sternenreich zu errichten, das es jemals gegeben hatte.
Die meisten Vatrox befanden sich in Duerchan, doch viele waren inzwischen nach Anthuresta
gekommen und hatten sich dort angesiedelt. In beiden Galaxien hatten die Vatrox Geheimwelten
eingerichtet und waren dabei, sie auszubauen, sechs in Duerchan, zwei in Anthuresta.
Die Kollektive hatten auf allen acht Welten kleine Mengen ihrer ursprünglichen Vamu-Depots
rematerialisiert, die dank der Tiovam-Kristalle auch bei Abwesenheit als Anker und
Anziehungspunkt für das Vamu Verstorbener
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