2575 - Flucht nach Anthuresta
haben. Wir haben zwar bereits eine Samenbank angelegt,
doch das führt irgendwann auch nur zur Inzucht.«
»Wie steht es denn mit unseren Fähigkeiten?«, fragte Lucba.
»Die Frauenklone funktionieren glücklicherweise hervorragend. Allerdings nur, wenn die Frau
auf ihrer Welt stirbt und ihr Vamu begleitet wird. Nur dann klappt die Rückführung
reibungslos.«
»Das bedeutet, ihr bleibt nicht unter Zwang zu Hause, weil die Männer es von euch verlangen -
sondern es ist eine Notwendigkeit geworden.«
»Ja. Wir sind ohnehin so wenige, dass es unsinnig wäre, unser Leben da draußen zu riskieren.
Nur Wissenschaftlerinnen reisen durchs All. «
Lucba überlegte. »Die Parataubheit der Männer könnte natürlich darauf zurückzuführen sein,
dass sie allein draußen sterben. Hier hingegen wirkt dieser Anker der Kollektivwesen
unmittelbar.« Sie sah Solia interessiert an. »Also soll ich in dieser Richtung etwas
erforschen?«
Die Ordensschwester nickte. »Ich habe Candrofatt vorgeschlagen, dich mit einem Projekt zu
betrauen, das die zunehmenden Erinnerungsverluste der Männer ausgleichen soll. Wir sind bisher
daran gescheitert. Deine Forschungen über die Anthurianer könnten dabei hilfreich sein.«
»Dann ist dies also doch ein offizieller Termin«, stellte Lucba fest.
»Gewiss, denn du wirst morgen von Kitapor dazu befragt werden und brauchst eine gute Antwort.
Bist du einverstanden?«
»Sicher. Und was sonst noch?«
Solias Stirnfalten bildeten eine amüsierte Linie. »Du könntest nebenbei ein bisschen mehr
Anhängerinnen für unsere Sache gewinnen. Der Orden ist keineswegs so bedeutungslos, wie die
Männer glauben. Noch immer sind sie von uns abhängig, sie brauchen uns. Wir haben gelernt, im
Stillen zu agieren, uns zurückhaltend und bescheiden zu geben. Doch unsere Anhängerschaft ist
nicht so gering, wie die Männer annehmen. Denn wir können an Orte gehen, die ihnen verschlossen
sind, und mentalen Kontakt zueinander halten.«
»Deswegen also erfuhr ich alles durch die HMS? Das war euer Einfluss?«
»In diesen Dingen müssen die Männer sich auf uns verlassen, und nach einigen unschönen
Ereignissen hören sie auf uns. Dadurch haben wir durchsetzen können, dass du die Vergangenheit
wahrhaftig durchlebst und nicht einfach in Stichpunkten erzählt bekommst.«
»Und deswegen wurde Kitapor verboten, mir die genauen Daten zu sagen, damit die HMS nicht
überflüssig werden. Ich verstehe.«
Lucba war äußerst beeindruckt. Der Vamu-Orden verfolgte einen Plan, der nicht nur ein paar
tausend Jahre umfasste. Hunderttausend oder mehr Jahre. Millionen vielleicht sogar.
»Uns bleibt gar keine andere Wahl, und das wissen die Männer auch«, sagte Solia. »Sie sind
nicht dumm, sie wissen, dass wir unseren Anspruch nicht einfach aufgegeben haben. Deshalb lassen
sie unseren Einfluss in gewissem Rahmen, hinter verschlossener Tür, zu. Den Rest dürfen sie nicht
merken.«
Solia sah sie auffordernd an. »Du bist die Ikone unseres Ordens. Wir arbeiten daran,
Candrofatt und seinen Apparat zu entmachten. Wir versprechen uns viel von dir.«
Lucba neigte den Kopf zur linken Seite, ohne zu zögern. »Ich bin dabei.«
*
Lucba Ovichat erkannte, dass die Anthurianer sich schon seit längerer Zeit zurückzogen,
während die Vatrox sich zusehends allein um das intergalaktische Transportsystem der
Polyport-Höfe kümmerten. Zudem sammelten sie hochwertige Hyperkristalle und Psi-Materie, die vor
allem in Anthuresta häufig zu finden war.
Lucba fiel es nicht schwer, Schlüsse daraus zu ziehen: Die Vatrox bereiteten einen Putsch vor.
Darin sah sie jedoch kein Problem. Sie war schließlich selbst eine Vatrox und hatte in ihrem
ersten Leben darauf gehofft, dass die Vatrox eines Tages ihr System verlassen könnten. Die
Anthurianer selbst forderten es durch ihre Trägheit und Zurückgezogenheit heraus, so konnte es
gewiss nicht weitergehen.
Zuerst mussten sie herausfinden, was die Anthurianer überhaupt bezweckten und wo sie
angreifbar waren.
Und dabei machte sie eine erstaunliche Entdeckung: In Anthuresta fanden sich auf vielen Welten versteinerte Anthurianerkörper, zusammen mit psimateriellen Artefakten von erlesener
Schönheit, deren Herkunft, Zweck und Möglichkeiten völlig unbekannt waren.
Die Anthurianer äußerten sich nicht dazu, es war nur vage von einem »Großen Gesang« die
Rede.
Lucba forschte intensiv nach und brachte ans Licht, dass es an die
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