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2576 - Tor nach Terra

2576 - Tor nach Terra

Titel: 2576 - Tor nach Terra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Castor
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plötzlich zweidimensional-platt. Im Gegenzug entwickelten die inzwischen fünf Schatten Volumen

und Körperlichkeit.
    Darüber hinaus passierte zunächst nichts ...
    ... bis in mir die ersten »visionären Impressionen« entstanden.
    *
    Eingehüllt in zarten blauweißen Schein schwebt der irdische Globus, wie er sich

beim Blick aus dem All bietet, scheinbar greifbar nah. Der über Blau und Violett zu Schwarz

ausdünnende Atmosphärenrand wird plötzlich von Vibrationen erfasst.
    Eine zweite Erde, nur um wenig verschoben, überlappt mit der ersten, dann kommen

weitere hinzu, aufgereiht zu einem langen Band. Weitere solcher Bänder entstehen. Abertausende,

Millionen Erden schimmern nun im All, bestimmen den Blick nach allen Seiten. Wie bei einer

Vielfachbelichtung sehe ich auf ein Spektrum zeitlich und räumlich dicht benachbarter Welten.
    Ich glaube in diese multidimensionale Umgebung einzudringen, durchquere Wolken

und schaudere, als die Wahrnehmung noch weiter auffächert und zu einem verwirrenden Panoptikum

wird: Scharfe Grenzlinien überziehen Meer und Land, Nacht liegt direkt neben Tag, Frühling neben

Herbst, Sommer neben Winter.
    Noch verwirrender wird der sich anschließende Detailblick: Von Lichtern

eingehüllt ragt unter glitzerndem Sternenhimmel der Eiffelturm empor, während dicht benachbart

Häuser im Morgennebel verschwimmen, sich auf einem Platz Menschen im Regen um das Podest der

Guillotine drängen und am Himmel laut brummend Bomber des Zweiten Weltkriegs erscheinen.
    Dann kämpft sich ein Schiff mir gerefften Segeln durch stürmische See, am Strand

der nahen Insel wogen dagegen vor türkisfarbenem Meer Palmen unter blauem Himmel. Über einer

Wüste toben Sandschleier entlang eines Tafelberges, dessen linke Seite, nach abruptem Übergang,

aus fruchtbarer Savanne ragt; Antilopen, Zebras und Gnus grasen friedlich oder nähern sich dem

Wasserloch, von dem eine Gruppe Zentauren von einem angreifenden Smilodon verscheucht wird.
    Panzer wälzen sich durch Tiefschnee, daneben tanzen Kosaken am Rand eines

herbstlichen Birkenhains. Der lange Zug römischer Legionäre endet in einer Straße, auf der sich

unter Sommerhitze Touristenautos stauen, nur wenige Meter weiter schweben dagegen moderne Gleiter

durch die Nacht, und am Himmel kämpfen schwarze Haiuterschiffe gegen Dolans.
    Tiefgrüner Urwald nahe einem Meiler wechselt scharf abgegrenzt zu kahlem Geäst

halb abgestorbener Bäume, während in der Ferne rauchende Fabrikkamine von futuristischen

Glasbauten abgelöst werden. An Seilen aufgereihte Menschenketten ziehen weiße Quader auf

Schlitten über angefeuchteten Boden zur halb fertigen Großen Pyramide, und im diesigen

Hintergrund schlängeln sich Serpentinen von der riesigen Bucht zu den Trichterbauten von

Atlopolis, über dem mit donnernd aufblitzenden Impulstriebwerken die TOSOMA am Himmel zum

winzigen Punkt wird.
    Ein unglaubliches Kaleidoskop rasch wechselnder Parzellen wirbelt vor meinen Augen;

intuitiv erkenne ich, was ich eigentlich sehe: Die räumliche Stabilität ist aufgehoben, die Zeit

kennt nicht länger eine Trennung in Vergangenheit, Gegenwart und. Zukunft. Alles geschieht jetzt und hier, ist letztlich eins - und zugleich mehr!
    Mir wird klar, dass sich mir das Informationsmuster der Welt in einer Weise

erschließt, die weit jenseits normaler Erfahrung liegt, ohne deshalb weniger real zu sein. Im

Gegenteil - durch den Einfluss des Weißen Saals ist meine Wahrnehmung transzendiert, erreicht ein

neues Niveau. Ich treibe durch Zeiten und Räume, sehe Jahrtausende in der gleichen Sekunde, weit

Entferntes in deutlicher Vergrößerung und insgesamt mit einer Einsicht, die mich frösteln

lässt...
    *
    ... und abrupt ins weiße Licht zurückversetzte. Meine fünf Schatten bewegten sich in voller

Körperlichkeit und völlig eigenständig. Ich ging nach links, drei meiner Begleiter nach rechts,

einer nach vorn, einer blieb stehen.
    »Raum und Zeit - von einem Standpunkt erkannt«, murmelte ich, »der ständigem Zhy

gleichkommt.«
    Ich war gewohnt, nichts absolut zu sehen, trotzdem stand der theoretischen Relativität

praktische Alltagserfahrung gegenüber; Zeitmodi beispielsweise, die die Faktizität der

Vergangenheit festlegten, das Fließen der Gegenwart und die Offenheit der Zukunft.
    »Aber wie im Hyperraum scheint hier das wahre Potenzial offengelegt! Kosmische Ereignisse aus

subjektiver Warte ...«
    Rauchige Schwaden,

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