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2576 - Tor nach Terra

2576 - Tor nach Terra

Titel: 2576 - Tor nach Terra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Castor
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zunächst nur aus den Augenwinkeln wahrgenommen, schienen plötzlich zu

wabern, formten Wolken und verdichteten sich zu einem Bild, das dem Blick auf die Nebelkuppel

entsprach. Anschließend glaubte ich, in diese Suppe einzudringen, obwohl ich mich keinen

Zentimeter bewegt hatte. Dunst zog vorbei, vereinzelt gab es Lücken, durch die helles Licht fiel.

Zuerst gelblich, dann orangefarben und schließlich blutrot.
    Nur langsam gewannen Konturen Gestalt. Ich hatte den Eindruck, in eine Art Tunnel zu stürzen.

Aufblitzend und wieder verlöschend rasten Impressionen vorbei. Hinzu kamen sonderbare

Sphärentöne, fast so, als sei irgendwo Resonanz vorhanden.
    Beide Wirkungen reagierten aufeinander, schaukelten sich gegenseitig auf. Es dröhnte lauter,

ringsum und in mir selbst; machtvolle Gongschläge, die mich zunächst schaudern ließen und dann

mit schmerzhaften Hieben erschütterten. Beim Höhepunkt, einem dissonanten Ton, löschte ein

blendender Lichtblitz alle Wahrnehmungen aus ...
    ... bis ich glaubte, eine Großinsel aus dem All zu sehen - es glich exakt jenem Anblick, als

ich seinerzeit mit der TOSOMA erstmals Larsaf III anflog und auf Atlantis landete.
    Der nordöstliche Rand kommt näher und näher.
    Fast erwartete ich, abermals Atlopolis zu sehen - stattdessen erkannte ich nur die riesige

Bucht, vor deren Küste damals die Kuppelstation im seichten Meer errichtet wurde. Erst nach dem

Untergang von Atlantis kam sie 2852 Meter unter der Meeresoberfläche zur Ruhe.
    Jetzt ist es der Blick wie in die Vergangenheit: Ganz deutlich sehe ich die

Kuppel im flachen und klaren Wasser wenige Kilometer vor der Küste ...
    Eine mir unbekannte Stimme flüsterte rau: »Jede Trennung von Materie und Geist ist abstrakt;

ihrer beider Grundlage ist die Einheit. Teilchen und Welle unterscheiden sich fundamental,

ihr Dualismus gleicht dem menschlichen Entweder-oder, Ja oder Nein, Plus oder Minus.

Konkreter Körper an festem Ort in Raum und Zeit - im Gegensatz zu schillerndem Sein, ohne exakte

Bestimmung im Kosmischen Wissenspool. Was zählt, ist vielmehr ein Weder-noch, denn in der Einheit verschmelzen die Gegensätze zum Höheren Ganzen. Holismus, mein Freund!«
    Das Ganze war eben mehr als die bloße Summe der Teile. Während in mir der intensive Eindruck

eines Dejävu entstand - schon gesehen, erlebt, gehört -, raunte der Extrasinn grämlich: Erkannte schon Aristoteles vor langer Zeit; to holon: »das Ganze«. Es werden nur Teile

unterschieden, in denen das Ganze ist und wirkt. Auch: Entelechie - was das Ziel in sich selbst

hat. Ein aktives Prinzip, welches das Mögliche erst zum Wirklichen macht... to on he on: das Seiende als Seiendes ... Schließlich auch Erkenntnis, die zugleich Selbsterkenntnis

ist: noeseos noesis - der Erkenntnis Erkenntnis ...
    Im nächsten Augenblick wechselten die optischen Eindrücke, sprangen förmlich zu einem Ort

weiter im Landesinneren, zu einem sonderbaren Objekt, von dem zunächst nur das goldene Leuchten

zu erkennen war.
    Ein »Schneegestöber« aus goldenen Funken.
    Insgesamt eine grob zylindrische Wolke von beachtlicher Größe. Inmitten der Funken zeichnete

sich ein schattenhaftes Gebilde ab, das innerhalb weniger Augenblicke das Aussehen wechselte -

von einem wunderschönen Schloss zu einem Tempel, aus dem eine trutzige Burg wurde, ein

altarkonidisches Abwehrfort und dann eine bizarr gestaltete Raumstation ...
    Das Gebilde wechselte immer wieder die Gestalt, gewann keine echte Festigkeit. Einzige

Konstante war das eindringliche Gefühl, dass es irgendwie nicht hierher gehörte. Doch damit nicht

genug: Mein »Blick« wurde von den sprühenden Funken angezogen, es zog mich förmlich in die

zylindrische Wolke ...
    ... und beim nächsten Szenensprung glaubte ich eine unter Eis erstarrte Landschaft zu

erkennen. Ich sah die vertraute Steilküste auf der Kunstwelt Wanderer, die sich anschließende

Hochebene und den riesigen, nun ebenfalls zu bizarren Eiszapfen gefrorenen Wasserfall - eine 800

Meter hohe Gletscherwand!
    Und dicht benachbart die ebenfalls von Schnee und Eis überkrustete Maschinenstadt

Ambur-Karbush. Kalt, mechanisch - dennoch von einem Summen erfüllt. Verbunden mit dem Eindruck,

ein träge dösendes Lebewesen vor sich zu haben. Die Plätze und die Straßen waren zwar verlassen,

dennoch förmlich greifbar die Allgegenwart intelligenten Lebens.
    Leben allerdings, das schwächer und schwächer wird ...
    Der

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