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2590 - Der Tote und der Sterbende

2590 - Der Tote und der Sterbende

Titel: 2590 - Der Tote und der Sterbende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Fremder.«
    Piet trank. Das Glas wog schwer, und er schüttete sich den Inhalt direkt in den Rachen. Wie man es nun mal mit dem Zeugs tat.
    Was tatsächlich in seinem Hals landete, war ein winziger Schluck des Gebrannten. Die Illusionen nahmen kein Ende. Klein wurde zu Groß, Groß zu Klein. Die Relationen in dieser fremdartigen Umgebung, die ihm dennoch unendlich vertraut war, stimmten keinesfalls mit der Wirklichkeit überein.
    »Wer ist er?«, fragte Piet und knallte das Glas auf den Tresen.
    »Der schlimmste Gegner, den du dir vorstellen kannst, Mann. An deiner Stelle würde ich davonlaufen, so weit dich deine Beine tragen.«
    »Wärst du an meiner Stelle, brauchtest du erst einmal etwas größere Kleidung, als ich sie am Leib habe. Nochmals: Was weißt du über ihn?«
    »Dein Feind hat sich lange auf diese Auseinandersetzung vorbereitet. Er weiß viel, wenn nicht gar alles über dich. Er wird mit allen Tricks arbeiten.«
    »Das ist mir viel zu wenig.«
    »Ich bin nur die neutrale Komponente der QUEEN OF ST. LOUIS. Das Maschinenwerk. Ich werde weder für die eine noch für die andere Seite Partei ergreifen. Mich geht euer Raufhandel nichts an.« Fatso beäugte ihn misstrauisch. »Du siehst ein wenig schwach aus. So als hättest du an Substanz verloren.«
    »Mag sein, dass die Wirkung in der Schneise an mir zehrt - oder dass sich der Alte verabschiedet«, sagte Piet mit entwaffnender Offenheit. »Ich fühle mich, ehrlich gesagt, auch nicht sonderlich gut.«
    »Umso mehr würde ich den Zweikampf scheuen.«
    »Ich bin meiner Großmutter Enkel, und die hätte mächtig was dagegen, würde ich einfach so davonlaufen.«
    »Die alte Dame muss mächtig stolz auf dich sein.«
    »Sie hat niemals viel von Stolz gehalten.«
    »Elf Uhr sechsundfünfzig, Fremder«, sagte Fatso. »Es ist Zeit für dich zu gehen. Du hast eine Verabredung mit dem Schicksal.«
    »Ich weiß.« Piet deutete auf die Uhr. »Pass gut auf sie auf. Ich werde sie auslösen.«
    »Na klar. Das sagen sie alle.« Der mächtige Bauch des Barkeepers hüpfte auf und nieder, als würde sich darin ein Frosch verbergen. Er zwirbelte seinen Schnurrbart und schenkte sich selbst einen Whiskey ein, während Piet den Peacemaker ein letztes Mal kontrollierte und den Saloon verließ, rechts um die Ecke, hin zum eingezäunten Friedhof.
    Ein Bursche, elf oder zwölf Jahre alt, kreuzte seinen Weg. Er kam aus dem Nowhere Telegraph, trug ein Bündel Blätter über dem Arm und schrie mit krächzender Stimme: »Extrablatt! Revolverheld Piet Rawland stirbt bei Duell!«
    Er war versucht, eine Zeitung zu kaufen. - Doch womit? Er trug nichts mehr bei sich, was er in Zahlung geben konnte. Also ließ er den Jungen laufen.
    Die Sonne brannte heiß, ein Busch wirbelte den Pfad entlang. Piet öffnete das schmiedeeiserne Tor zum Cemetery. Es quietschte laut, doch die Gestalt, die in der diagonal gegenüberliegenden Ecke des Friedhofs auf einem frischen Grabstein saß, zuckte mit keiner Wimper.
    Er tat einige Schritte auf seinen Gegner zu. Auf den personifizierten Widerstandsgeist der Sektorknospe. Er wirkte klein, schmal und drahtig, und er verbarg sein Gesicht unter einer breiten Hutkrempe.
    »Wie geht's denn so?«, fragte Piet und knöpfte das Revers des Gilets zur Seite. Sodass er jederzeit ungehinderten Zugriff zum Peacemaker in seinem Holster hatte.
    »Mir geht's gut. Und dir, Jungchen? Bist du bereit zu sterben?«
    Die Gestalt hob den Kopf. Sie grinste ihn an.
    Großmutter Henri grinste ihn an.
    *
    »Jeez, siehst du blass aus!«, sagte sie und richtete sich auf. Ihr Kopf bewegte sich unruhig hin und her, sie wirkte schwach und müde.
    Piet sah zu, wie sie sich bewegte, zittrig und kaum in der Lage, ihren morschen Körper vom Grabstein wegzuschleppen. Er nahm die Linke vom
    Peacemaker. »Das ist kein besonders gelungener Scherz.«
    »Ich habe niemals sonderlich viel von Humor gehalten. Er lenkt von den wichtigen Dingen des Lebens ab.«
    »Du bist eine Schimäre. Eine Erinnerung, die mir die QUEEN gestohlen hat, auf welche Art auch immer.«
    »Und was bist du, Junge? Etwa Fleisch und Blut?« Großmutter Henrietta lachte und klang, als würde erstmals seit Jahren wieder Wasser durch einen rostig gewordenen Hahn fließen. »Ich bin die Erinnerung einer Erinnerung, und beide leben wir, weil es uns von übergeordneten Wesen erlaubt wird.«
    »Ich bin ein Individuum geblieben. ES hat mir erlaubt, ich selbst zu sein. Du hingegen bist nur das Ergebnis von Rechenprozessen.«
    »Sei dir da

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