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2590 - Der Tote und der Sterbende

2590 - Der Tote und der Sterbende

Titel: 2590 - Der Tote und der Sterbende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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festzuhalten, sodass er nicht nach hinten kippte. Ihre Hände zitterten stärker als zuvor, und die Kraft in den Beinen drohte sie zu verlassen - bevor sich eine plötzliche Wende in ihrem Verhalten zeigte. Sie stand nun sicher da. Das zerstörte Gewebe verschorfte an den Rändern und wuchs rasend schnell wieder zusammen.
    Gleich würde Henri wieder ganz sein und einen unüberwindbaren Gegner abgeben, nur zwei, drei Sekunden, nachdem er sie aufgeschlitzt hatte ...
    Er zog den Peacemaker. Schob ihr die Waffe in den Mund. Drückte ab. Einmal, zweimal, fünfmal. Stets veränderte er den Winkel ein wenig, sodass er eine größtmögliche Chance hatte, einen
    Steuerteil des Metallwesens zu vernichten, wo auch immer er sich befand.
    Henri taumelte, eines der Augen sprang aus der Fassung und kullerte zu Boden. Dahinter zeigten sich metallene Drähte und mehrere Steckverbindungen, die sanft aufglühten.
    »Wie ich bereits sagte: Ich werde mich nicht mit dir duellieren. Ich werde dich vernichten.«
    »Du schpielscht falschsch«, lispelte der Androide.
    »So, wie es mir Henri beigebracht hat.« Er riss die Augenhöhle mit den Händen weiter auf und begutachtete die Innereien. Dann steckte er den Peacemaker in die Öffnung und drückte ab.
    Das künstliche Wesen stürzte augenblicklich zu Boden und stellte seinen Dienst ein.
    *
    Die Illusion erlosch; aus der endlosen Weite der Wüstenlandschaft wurde das karge Innere eines Lagerhangars. Joanne glich nun dem Abziehbild eines Pferdes, das mit hängendem Kopf bewegungslos dastand, und der Friedhof war bloß noch ein Viereck, um das jemand mit unsicherer Hand Kreidestriche gezogen hatte.
    »Ich habe mehr von dir erwartet!«, rief Piet Rawland. Er drehte sich mehrmals im Kreis und sah sich suchend um.
    Es blieb eine Weile ruhig, bis eine blecherne Spielzeugmaus herangeschossen kam und knapp vor ihm zu stehen kam.
    »Zieh mich auf!«, quengelte sie. »Zieh mich auf!«
    Piet bückte sich und tat dem Ding den Gefallen. Die hölzerne Uhr war um den Körper gewickelt. Er nahm sie auf.
    11.56 Uhr. Vorsichtshalber tat er einen Schritt zurück.
    »Du hast gewonnen«, sagte die Maus, nun mit quiekender Stimme. »Ich gebe mich geschlagen.«
    »Ich bin also ab nun dein Steuermann, und du wirst keine meiner Anordnungen mehr hinterfragen oder mich sabotieren?«
    »Versprochen, Piet Rawland.«
    »Fairness ist eine ganz besondere Tugend.«
    »Stammt dieser Spruch ebenfalls von Großmutter Henri?«, fragte die Maus und hob neugierig ihre Blechschnauze.
    »Keinesfalls. Derartige Dinge hätte mich die alte Klapperschlange niemals gelehrt.«
    »Ich verstehe nicht, wie du mich besiegen konntest.« Die Maus vollführte eine Pirouette. »Ich dachte, ich wüsste, wie du tickst.«
    »Ach ja? Dann bist du dümmer, als ich annahm.« Er biss in den Kautabak und füllte eine Backe damit.
    »Ich habe all das studiert, was du während der letzten Tage über deine seltsame Heimat sagtest. Und habe versucht zu verstehen, wovor du Angst und Respekt hattest. Ich hatte erwartet, dass du dich niemals gegen deine Großmutter stellen würdest. Du hast sie eiskalt getötet.«
    »Falsch: Ich habe zerstört, was wie meine Großmutter aussah.«
    »Ihr Anblick hätte dich hemmen sollen, und du hättest ein Duell mit Waffen gewiss verloren. Das Psychogramm, das ich von dir und deinem Leistungsvermögen erstellte, wies deutlich auf deine Schwächen hin.«
    »Mag sein. Aber du hast dich nun mal geirrt.«
    »Und warum?«
    »Ich habe dir ein idealisiertes Bild meines früheren Lebens gezeigt. Du hast Abläufe als Maßstab herangezogen, die so niemals geschehen sind; die ich aber gern erlebt hätte.«
    Piet trat näher an die Maus heran. Sie rückte ein wenig vor, zur Seite, dann zurück. »Großmutter Henri hatte viele vernünftige Ideen, zumindest für eine Frau. Aber sie war auch ein Luder vor dem Herrn. Und diese Seite kanntest du kaum. Du konntest nicht wissen, welche Gemeinheiten sie mich gelehrt hat.«
    Piet trat fest zu und zerquetschte die Maus unter seinem Stiefel.
    Laut rief er: »Ich bin selbst schuld, dass ich dir die Gelegenheit gab, einen eigenen Willen zu entwickeln. Ich hatte viel zu lange keinen Gesprächspartner, und angesichts deiner Möglichkeiten wollte ich dich für meine Zwecke nutzen.«
    Er lud den Peacemaker nach. Er hatte ausreichend Reservepatronen. »Diesen Fehler mache ich hiermit rückgängig. Ich möchte niemals mehr etwas von dir hören. Jede Art eigenwilligen und selbstständigen Verhaltens ist dir

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