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2592 - Im Zeitspeer

2592 - Im Zeitspeer

Titel: 2592 - Im Zeitspeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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natürlich unwiederbringlich verschollen«, ächzte Julian Tifflor.
    »Wo denkst du hin? Es befindet sich in meinem Besitz. Es wurde von Monarch zu Monarch weitergegeben, buchstäblich an den Sterbebetten meiner Ahnen.«
    »Aber du kannst es mir nicht aushändigen. Weil ein Selbstzerstörungsmechanismus eingebaut ist oder ein Tabu verletzt würde oder ... «
    »Nichts dergleichen. Welch verquere Phantasie du hast! - Ich muss es lediglich aus dem Konservierungstank nehmen.«
    Sie ging zu einer zweiten Vitrine und legte die Hand auf ein Sensorfeld. Eine holografische Tastatur wurde projiziert. Aus dem Gedächtnis tippte die Monarchin einen langen Kode ein.
    Verkleidungen klappten zur Seite und gaben einen stahlblauen Zylinder frei. Duleymon murmelte leise. Ob es sich um ein Gebet oder um einen weiteren Kode handelte, konnte Tiff nicht erkennen.
    Der Deckel öffnete sich. Vorsichtig, mit spitzen Fingern, hob die Vatrox ein unscheinbares Notizbüchlein mit Spiralbindung heraus. »Das wertvollste Artefakt meiner Volksgruppe kam ebenfalls als Strandgut in unser Lebenskorn, damals in den ersten Monaten nach der Katastrophe.«
    Sie reichte ihm das schmale Büchlein. Tiff blätterte darin. Wenige Seiten waren beschrieben, von Hand - in Interkosmo!
    Julian Tifflor kannte die Handschrift seit drei Jahrtausenden.
    Es war seine eigene.
    *
    Nachdem er seine Aufzeichnungen überflogen hatte, wurden Tiff die Knie weich. Er musste sich an die Wand lehnen und einige Male tief durchatmen.
    Die letzten Sätze, an ihn selbst gerichtet, kreisten in seinem Kopf: »Überleg dir gut, ob du dir das antun willst, Zeitparadoxon hin oder her. Vieles spricht aus jetziger Sicht dafür, dass gleich zu sterben die bessere Wahl gewesen wäre.«
    Wollte er sich damit sagen, dass er keineswegs unbedingt gehen musste, bloß weil er offenbar bereits gegangen war? Beziehungsweise in Millionen Jahre ferner Zukunft gegangen sein würde ... Ach, er hasste Zeitschleifen!
    Bewies denn nicht die Existenz des Büchleins, das er in der schweißnassen Hand hielt, dass es gar keinen anderen Weg gab, als hinabzusteigen in tiefste Vergangenheit? Falls er sich dazu entschied, nicht zu gehen, also den baldigen, unaufhaltsamen Tod wählte: Verschwanden dann Buch und Notizen spurlos? Und mit ihnen die Grundlage für seine Entscheidung, mehr noch: der Auslöser für seine Anwesenheit im Zeitspeer, nämlich die raffiniert aufgebaute Falle der Vatrox?
    Kurz: Wenn er nicht ginge - wäre er dann überhaupt jemals da gewesen?
    Nein. Es musste möglich sein, den Knoten in seinen Gedankengängen zu zerschlagen und eine andere Lösung zu finden. Fatalerweise hatte er dafür nur noch wenige Stunden Zeit ... Oder?
    Im Jahrmillionentunnel, das hatte er selbst schriftlich dokumentiert, wurde sein Zellaktivator zwar nicht endgültig wieder instand gesetzt, aber wenigstens so weit aufgefrischt, dass die 62-Stunden-Frist nach Verlassen des Langen Ganges von vorn begann. Theoretisch konnte er nach einem relativ kurzen Aufenthalt umdrehen und hierher, ins erste Zeitkorn, zurückkehren.
    Bloß, was hätte er damit gewonnen? 62 Stunden, ja, bei Wiederholung des Vorgangs immer wieder, beliebig oft ... Aber was finge er damit an? Er liefe stets gegen dieselbe Wattewand, ganz ähnlich wie in der Zelle des Barbakans.
    Abgesehen davon, dass Duleymon die Tunnelmündung mit Sicherheit bewachen ließ - er glaubte ihr, dass er in ihrem Reich keinem seiner Ziele näher kommen würde.
    Weder erhielt er von diesem Ort aus Zugriff auf die Psi-Materie-Depots des PARALOX-ARSENALS, noch ließ sich mit der vorhandenen Technik eine Reparatur des Aktivatorchips bewerkstelligen. Beides konnte frühestens gelingen, wenn er sämtliche zwanzig Perianth-Schlüssel, also auch jenen der Monarchin, in seinen Besitz gebracht hatte.
    Wie er es drehte und wendete, er musste seine Niederlage eingestehen und Duleymon recht geben. Sie hatte ihn in der Hand.
    Sein Weg war vorgezeichnet, auf sehr lange Zeit.
    Überleg dir gut, ob du dir das antun willst...
    »Ich werde gehen«, sagte er.
    *
    Wenigstens verhöhnte sie ihn nicht. Sie ließ sich ihren Triumph nicht anmerken, nicht einmal Befriedigung.
    »Gut«, sagte sie nüchtern. »Lass uns deine Ausrüstung vervollständigen.«
    Aus seinen Notizen ging hervor, dass im Jahrmillionengang keinerlei höherwertige Technologie funktionierte. Speicherbatterien jeglicher Art entleerten sich sofort. Die vergeblichen Versuche der Vatrox hatten diese Aussage bestätigt.
    Keinerlei

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