Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2593 - Das Paralox-Arsenal

2593 - Das Paralox-Arsenal

Titel: 2593 - Das Paralox-Arsenal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
Vom Netzwerk:
lange beschäftigt habe, und es hat einige Aspekte ergeben, die ich mit dir besprechen

möchte.«
    »Als da wären?«
    »Warum gilt Mord als unmoralisch, wenn man damit Vereinfachungen der eigenen Existenz

herbeiführen kann?«
    Julian Tifflor setzte Schritt vor Schritt. Wie gewohnt. Er wusste nicht, ob er die ungewohnte

Abwechslung genießen oder bedauern sollte.
    *
    Die Jahre vergingen, die Jahrzehntausende vergingen.
    Das übliche Marsch-Mantra, das Gefühl eines Versinkens im Ewigkeitstrott, wollte sich

diesmal nicht einstellen. NullEins erwies sich mehr und mehr als lästiger Störfaktor. Als das

mechanische Wesen irgendwann einmal in sich zusammenbrach, fühlte Julian Tifflor

Erleichterung.
    Aus dem Inneren des Rades, aus einem Mischmasch aus Plättchen, tauchte ein kleines Kästchen

auf, das bislang verborgen gewesen war. Es war gerade groß genug, um einen Perianth-Kristall zu

ummanteln. Der nun im Winterschlaf befindliche NullEins war auf winzige Bestandteile

reduziert.
    Julian Tifflor fühlte sich versucht, das Kästchen aufzubrechen; doch das künstliche Wesen

hatte ihn vor diesem Schritt gewarnt. Jeglicher Versuch der Gewaltanwendung würde den Perianth

zerstören.
    Erst wenn er das nächste Zeitkorn erreichte, durfte er NullEins wecken. Der Unterschied war

leider leicht feststellbar: Im Jahrmillionentunnel fluktuierte hoch konzentrierte Vitalenergie,

in den Krusten der Zeitkörner jedoch nicht.
    Tiff trug die Büchse Pandoras mit sich. Wohin er kam, am anderen Ende dieses Tunnelabschnitts

- er würde die jeweilige Biosphäre zum Untergang verurteilen.
    Seufzend packte er das Kästchen in seinen Rucksack und machte sich weiter auf den Weg. Er

hatte noch ein schönes Stück vor sich.
    Falsch.
    Schön war definitiv kein passender Ausdruck für das Martyrium, dem er sich

unterzog.

2.
    Gipfelsieg
     
    Geschafft. Der Zugang zur Kaverne, zur Kruste des Zeitkorns.
    Vorsichtig steckte Tiff den Kopf durch den Eingang. Ruhiges Land lag vor ihm, und es entsprach

seinen Erwartungen.
    Er blieb am Zugang stehen, zog das Kästchen von NullEins und hielt die Arme ins Innere.

Plättchen bewegten sich knirschend. Das Kästchen entfaltete sich. Das Bewusstsein von NullEins

erwachte; das künstliche Bewusstsein »bootete« hoch.
    »Ich habe meinen Teil unseres Handels erfüllt«, sagte Julian Tifflor. »Du kannst das Innere

des Zeitkorns ... schmecken?«
    Töne erklangen. Die Sprachsteuerung benötigte einige Sekunden, um eine vernünftige Antwort

geben zu können.
    »Ja«, sagte NullEins. »Ich kann keine Vitalenergie mehr anmessen.«
    »Also bekomme ich den Perianth?«
    »Du kannst ihn haben.«
    Das blumenkelchförmige Objekt schob sich aus Gewirr der Plättchen und fiel wie von selbst in

Tiffs Rechte. »Danke!«, sagte er. »Ich werde dich nun allein lassen.«
    Schweigen. Dann fragte NullEins: »Ich dachte, dass du das Zeitkorn erkunden wolltest?«
    »Und ich dachte, dass du dich augenblicklich auf die Suche nach Gott machen würdest, um ihn zu

töten.«
    »Ich benötige einige Zeit, um die Erweckungs- und Wachstumsroutinen zu durchlaufen. Wir haben

darüber gesprochen.«
    »Ja, das haben wir. Ich wünsche dir viel Glück.«
    *
    Behutsam legte Tifflor den winzigen Rest der Maschinenintelligenz in unmittelbarer Nähe des

Übergangs zwischen Tunnel und Zeitkorn-Kruste ab. »Darf ich dir einen letzten Rat geben?«
    »Du möchtest mir einen Rat erteilen?«
    »Ganz genau. Wenn du vollends erwacht bist und siehst, was sich ringsum befindet, denk daran,

dass man Gott nach Ansicht vieler schlauer Wesen am ehesten in sich selbst findet.
    Er drehte sich um und machte sich auf den Weg. Wie lange würde es dauern, bis das künstliche

Geschöpf sein Manöver durchschaut hatte?
    Julian Tifflor, Altruist aus Leidenschaft, war umgekehrt und hatte das künstliche Bewusstsein

wieder in seine eigene Lebenssphäre zurückgebracht. Wenn NullEins so funktionierte, wie es Tiff

in Erfahrung gebracht zu haben glaubte, würde er ihm nicht folgen, um sich zu rächen. Er würde

begreifen.
    Er schüttelte die Beine aus und ging los. Er nahm eine Strecke, die nicht in Kilometern,

sondern in Jahrhunderttausenden gemessen wurde, zum dritten Mal in Angriff.
    *
    Da war dann, später, tiefer unten in der Vergangenheit, diese Zeitkorn-Kruste, deren Inneres

von einer pflanzlichen Zivilisation aus wandernden Lianengeschöpfen durchzogen wurde.
    Durch ein wenig Staub, den Julian Tifflor aus

Weitere Kostenlose Bücher