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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sie es vielleicht?“ fragte Schwarz den Grauen.
    „Vielleicht“, antwortete dieser deutsch. „Wohl eine Drehbasse oder Drehkanone, welche durch das Häuschen maskiert wird; damit der Feind nit zu früh bemerkt, was er zu derwarten hat?“
    „Erraten! Da, sehen Sie!“
    Er öffnete vorn die Tür und schob das Häuschen nach hinten über die Kanone hinweg. Der Lauf derselben lag auf einem Zapfen, so daß er im Kreis rundum nach allen Richtungen bewegt werden konnte.
    „Media', Omm ed dauwar – eine Kanone, eine ‚Mutter des Drachens‘!“ rief der Ägypter, indem er für die Drehbasse sofort einen bezeichnenden Namen improvisierte. „Das ist gut! Da werden und müssen wir siegen!“
    „Ich hoffe es“, antwortete Schwarz. „Das ist für einen Kampf zu Wasser. Für ein Gefecht zu Land habe ich etwas noch viel Besseres. Laßt es euch zeigen!“
    Er führte sie nach dem Vorderteil des Schiffs, wo ein hoher Haufen von Matten zu liegen schien. Dieser bestand aber aus nur fünf Stück. Als Schwarz dieselben entfernt hatte, zeigte sich eine Kanone, deren Lafette und Räder mit Stricken befestigt waren, daß sie feststand und nicht über Bord gehen konnte.
    „Noch eine Kanone!“ rief Hasab Murat. „Aber wie ist sie gebaut! So eine habe ich nie gesehen!“
    „Das glaube ich gern“, antwortete Schwarz. „Das ist eine Konstruktion, welche selbst bei den Europäern neu ist. Der Khedive hat einige aus Bilad el Ingeliz (England) geschenkt bekommen und zwei davon dem Jaffar Pascha zum Gebrauch gegen die Sklavenräuber nach Khartum geschickt. Mit der einen ist diese Dahabiëh armiert worden, und ich denke, daß sie uns gute Dienste leisten wird, zumal wir einen tüchtigen Vorrat von Munition besitzen. Sie ist eigentlich für den Kampf zu Land bestimmt, kann aber auch hier auf dem Deck gebraucht werden.“
    „Wie heißt denn diese Konstruktion?“ fragte der Graue.
    „Es ist eine Maximkanone, aus welcher in der Minute recht gut fünfhundert Kugeln abgegeben werden können; das kann, wenn es erforderlich ist, sogar bis auf sechshundert gesteigert werden.“
    „Alle Wetter! Da können wir ja in zwei Minuten diesen Abu el Mot mitsamt seinen Leuten derschießen!“
    „Da müßten sie sehr eng beisammenstehen. So schlimm, wie Sie denken, ist es freilich nicht; aber ein solches Geschütz ersetzt eine ganze Anzahl von Leuten. Die Hauptsache ist eine Taktik, welche es ermöglicht, diese Kanone zur Wirkung kommen zu lassen.“
    „Na, daran soll's nit fehlen. Ich bin zwar kein Moltke und auch kein Napoleon, aber ein paar Sklavenhändler so zusammentreiben, daß man mit dieser Kanone auf sie schießen kann, das trau' ich mir schon zu, doch nur unter der Voraussetzung, daß nit gar auf mich selber zielt wird.“
    Das Geschütz wurde wieder verhüllt, und dann war die Zeit zum Einschiffen der Soldaten gekommen. Gegen Mittag war man fertig. Die dreihundert Mann des Ägypters befanden sich auf den beiden Noqers und die hundertfünfzig aus Faschodah auf der Dahabiëh. Der Unterschied dieser beiden Schiffsarten besteht darin, daß die Dahabiëh größer und gedeckt ist, während der Noqer offen ist und kein Verdeck besitzt.

DREIZEHNTES KAPITEL
    Die Verfolgung des Sklavenhändlers
    Gerade um Mittag, als von der Seribah herab der Schall des Klangbretts ertönte und die Leute darauf ihr Gebet verrichtet hatten, wurden die Anker gehoben und die Landseile an Bord gezogen.
    Mit dem bekannten Ausruf „ja rabb, ja rabb – o Herrgott, o Herrgott“, mit welchem die Arbeiter an ihr Werk zu gehen pflegen, stießen die Bahriji (Matrosen) die Schiffe vom Ufer ab, an welchem die Frauen und Kinder der Soldaten standen. Die Herren mancher Seriben erlauben nämlich ihren Untergebenen, ihre Angehörigen mitzubringen, und zwar aus Berechnung, weil die Soldaten dadurch mehr an den Ort gekettet werden. Diese Weiber und Kinder riefen den Scheidenden ihr schrilles »Lulululululu« nach, den gewöhnlichen Abschiedsgruß, welcher noch lange über den Fuß schallte, als die Segel aufgezogen waren und, den günstigen Wind fangend, die Schiffe aufwärts trieben.
    Nun zeigte es sich, daß Hasab Murat die Wahrheit gesagt hatte: Seine Noqers segelten ebensogut wie die Dahabiëh, und Schwarz sah zu seiner Freude, daß dieser günstige Umstand die Bemannung der Fahrzeuge zum Wetteifer trieb.
    Die Dahabiëh hatte natürlich ihren geschulten Raïs (Kapitän) und einen ebenso erfahrenen Mustamel (Steuermann). Beide hatten jetzt dem Deutschen zu gehorchen. Auch

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