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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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brannten genug, so daß die Führer sich nicht irren konnten. Es war doch möglich, daß sich jemand von der Schar Abd el Mots schon in der Nähe befand; darum wurde alles Geräusch vermieden.
    So ging es still und langsam vorwärts, nicht ganz eine Stunde lang; dann blieben die voranschreitenden ortskundigen Männer halten und machten dem König eine leise Meldung. Dieser teilte den Deutschen mit, daß man in der Nähe der Schlucht angekommen sei, und fragte, ob sie rieten, daß man hinabsteigen solle.
    „Nein, auf keinen Fall“, antwortete Schwarz.
    „Warum nicht?“
    „Weil es töricht wäre. Entweder sind die Feinde schon unten, was freilich nicht zu erwarten ist; dann würden wir ihnen geradezu in die Hände laufen. Oder sie kommen erst noch, und dann können wir recht gut warten, bis der Tag angebrochen ist. Laß die Fackeln auslöschen! Wir setzen oder legen uns hier nieder. Das ist das klügste, was wir tun können.“
    Dieser Rat wurde befolgt, die Leuchten verloschen, und nun hätte niemand, der zufällig vorübergekommen wäre, vermuten können, daß hier so viele hundert Menschen in Erwartung baldiger kriegerischer Ereignisse lagerten.
    Wie die Abenddämmerung, so ist in jenen Gegenden auch die Morgendämmerung eine sehr kurze. Es erhob sich eine laute Vogelstimme unten im Grund, und als ob dieselbe den Morgen wachgerufen habe, so wich die Finsternis plötzlich einer grauen Helle, welche schnell lichter und lichter wurde. Man konnte zuerst die Stämme der Bäume unterscheiden, dann auch die Äste, bald die kleineren Zweige, die einzelnen Blätter und Blüten, und während noch vor kaum drei Minuten das tiefste Dunkel geherrscht hatte, war es nun heller, lichter Tag geworden, und anstatt der einen, ersten Vogelstimme erklangen hunderte, ja tausende durch den morgenfrischen Wald.
    Schwarz hatte sich erhoben und trat mit Pfotenhauer weiter vor. Die Führer waren ihrer Sache außerordentlich sicher gewesen. Nur noch hundert Schritt weiter, so wäre man über eine fast lotrechte Felswand aus Granitgestein gefallen, aus welcher Gesteinsart die Guta-Berge alle bestehen.
    Noch immer befand man sich unter Aradebahbäumen, deren Kronen sich so vereinigten, daß man den Himmel durch dieselben kaum erblicken konnte. Aber geradeaus, vor den beiden Deutschen, gab es kein Laub- oder Nadeldach, denn da lag die Schlucht, welche man überblicken konnte.
    Sie war an ihrem Anfang und Ende vielleicht achtzig Schritt breit, in der Mitte etwas mehr, und ihre Länge konnte das Zehnfache betragen. Die Wände stiegen an den Längsseiten so steil empor, daß es unmöglich schien, sie zu erklimmen. Hier, wo sich die Lagernden befanden, war es jedenfalls auch schwierig, hinabzukommen; aber gegenüber befand sich der Eingang, welcher zwar nur sehr schmal war, aber mit der Sohle des Tales in derselben Höhe lag, so daß der Zutritt zu der Schlucht von dort aus ohne die allermindeste Schwierigkeit zu bewerkstelligen war. Die Bäume des Waldes traten bis an den Rand der Schlucht heran; dort hörte die Vegetation vollständig auf, und an den Wänden und Abhängen des Felsens war nicht ein Grashalm zu sehen. Aber unten im Grund wehten die Wipfel zahlreicher und sehr hoher Palmen im leisen Morgenwind; es mußte also dort Wasser vorhanden sein.
    Jetzt traten der König und Wahafi auch herbei. Dieser letztere deutete hinab und sagte: „Dort seht ihr die hundertundvierzehn Nachl es Suwar, welche der Imam pflanzte, um den Fluch von der Schlucht zu nehmen. Sonst gibt es keine einzige Palme in der Nähe, woraus ihr ersehen könnte, daß seine Gebete mächtig gewesen sind und ein Wunder bewirkt haben.“
    „Es scheint sich noch kein Mensch unten zu befinden“, antwortete Schwarz. „Wir sind Abu el Mot also wirklich zuvorgekommen und haben vielleicht genügend Zeit, die Schlucht in Augenschein zu nehmen. Wo führt ein Weg hinab?“
    „Es gibt nur einen einzigen; er führt hinein und auch hinaus, kein andrer. Das ist da vorn, uns gegenüber.“
    „Weißt du das genau!“
    „Ja, denn ich bin mehr als einmal hier gewesen und habe vergeblich versucht, an den Felsen emporzusteigen. Ich werde jetzt vorangehen und euch nach dem Eingang hinabführen. Gebt also Befehl, daß aufgebrochen werde!“
    „Halt, nicht so schnell! Du meinst, daß wir alle, die wir hier sind, in die Schlucht gehen?“
    „Natürlich.“
    „Und dort die Ankunft Abu el Mots erwarten?“
    „Ja.“
    „Dann wären wir ja verloren!“
    „Wieso?“
    „Abu el Mot käme

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