26 - Die Sklavenkarawane
Bewachung derselben zurückgelassen hast, könnten dich mit Waffen versehen. Es würde dir dann leicht sein, den heutigen Verlust zu verschmerzen und dein altes, verbrecherisches Leben von neuem zu beginnen.“
„Und das willst du wohl nicht dulden?“
„Allerdings nicht.“
„So! Wer hat dich zum Richter für mich gesetzt?“
„Das Gesetz, welches in diesen Gegenden das herrschende ist.“
„Ich lache deiner! Mir wurde gesagt, du habest so viele Krieger bei dir, daß es dir leicht sei, uns hier in der Schlucht zu erdrücken. Kannst du das beweisen?“
„Sehr leicht.“
„Womit?“
„Dadurch, daß ich dich rund um die Schlucht führe, um dir zu zeigen, daß du vollständig eingeschlossen bist.“
„So tu es!“
„Gern, doch nur unter der Bedingung, daß du dir die Hände binden läßt.“
„Was fällt dir ein! Ich, Abu el Mot, soll mir die Hände binden lassen! Bist du toll!“ brauste der Alte auf.
„Mäßige dich!“ warnte Schwarz. „Wenn du grob wirst, so schlage ich dir die Peitsche über das Gesicht, obgleich ich die Güte gehabt habe, dich als Parlamentär betrachten zu wollen! Wer ist denn Abu el Mot? Etwa ein Ehrenmann, ein Heiliger, dem man Verehrung schuldet? Ein Dieb und Räuber ist er, den man vertilgen muß wie das schädlichste und giftigste der Ungeziefer. Tu ich dir den Willen, dich herumzuführen, so ist das eine Gefälligkeit, welche kein andrer dir erweisen würde, und dafür hast du dich meiner Anordnung zu fügen. Willst du das nicht, so habe ich nichts dagegen; aber du mußt auch darauf verzichten, dir meine Veranstaltungen anzusehen.“
Der Ton, in welchem Schwarz dies sprach, blieb nicht ohne Wirkung. Außerdem mußte Abu el Mot natürlich sehr viel daran liegen, genau erfahren zu können, in welcher Lage er sich befand. Darum sagte er: „Nun, ich will zugeben, daß es keine Schande ist, wenn ich mir freiwillig Fesseln anlegen lasse. Aber ich hoffe, daß sie mir dann wieder abgenommen werden!“
„Selbstverständlich!“
„Gut, so bindet mich! Ich will mich darein ergeben.“
Jetzt wurde ihm erlaubt, den Verhau zu passieren; er hielt die Hände hin, die ihm auf dem Rücken festgebunden wurden. Vier Soldaten nahmen ihn in ihre Mitte, und dann begann der Rundgang, an welchem sich nur Schwarz mit beteiligte. Pfotenhauer blieb bei den Soldaten zurück, da er glaubte, sich mehr auf sich selbst als auf den Anführer derselben verlassen zu können. Es war ja immerhin möglich, daß Abu el Mot eine Heimtücke plante und den Befehl gegeben hatte, während seiner und des Deutschen Abwesenheit den Ausgang zu erzwingen.
War der Alte vielleicht der Ansicht gewesen, daß ihm von den drei Boten seine Lage zu schwarz geschildert worden sei, so sah er jetzt ein, daß er sich geirrt habe. Während er oben am Rande der Schlucht folgte und die dort stehenden Leute zählte, wurde seine Miene immer nachdenklicher. Er betrachtete ihre Waffen; er sah die finster drohenden Blicke, welche auf ihn geworfen wurden, und gewann die Überzeugung, daß er mit Gewalt nichts ausrichten könne und sich nur auf seine List und Verschlagenheit verlassen müsse.
Als Abu el Mot an den Nuehr vorüberkam, welche er doch für sich angeworben hatte, spuckte er vor dem Häuptling derselben aus und rief: „Haif alaik – Schande über dich!“
Aber die Strafe folgte dieser Beleidigung sofort. Der Häuptling trat herbei, schlug ihm die Faust in das Gesicht, daß ihm das Blut sofort aus Mund und Nase lief, und antwortete: „Die Schande ruht auf dir, du Hund und Verräter! Denk an die Waka'a en nahr, an die Schlacht im Fluß! Bist du da nicht feig entflohen? Hast du uns da nicht hinterlistig verlassen? Wenn dieser ‚Vater der vier Augen‘, welchen Allah dafür segnen wolle, nicht ein so wohlwollendes und freundliches Herz besäße, so wären wir verloren gewesen. Nun willst du mich beschimpfen, weil wir ihm dankbar sind? Dein Weg führt ins Verderben und in die Hölle. Mögest du braten da, wo ihre Glut am größten ist!“
„Herr, duldest du, daß ich von deinen Leuten geschlagen werde!“ fuhr Abu el Mot Schwarz an. „Hast du mir nicht versprochen, daß mir nichts geschehen solle!“
„Jedem das, was er verdient“, antwortete Schwarz ruhig. „Ich habe natürlich angenommen, daß du nicht den Zorn meiner Leute herausforderst. Beleidigst du sie, so magst du die Folgen tragen, denn nur du allein bist schuld daran. In deiner Lage würde es dir besser stehen, vorsichtig und bescheiden zu
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