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264 - Verschollen

264 - Verschollen

Titel: 264 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
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ersten Raubkatzen aus den Bergen gekommen.
    »Was ist es?«, wollte Martha wissen.
    »Weiß nich so genau. War ja noch dunkel heut Morgen.« Unwillig stocherte Cliff mit einem Löffel in seinem Kaffeebecher herum. »… so Schatten eben… seltsames Scharren… und glühende Augen.« Mit gesenktem Blick sah er abwechselnd von Martha zu Niall. Offensichtlich wollte er sichergehen, dass seine Zuhörerschaft ihn nicht auslachte. Dann hob er entschlossen das Kinn. »Jedenfalls war's kein Lupa und keine verfluchte Katze! Da könnt ihr einen drauf lassen.«
    »Du liebes bisschen«, rief Martha und starrte Cliff erschrocken an. O'Donel seufzte. Seine Frau glaubte an Geister und Hexen. Die Worte des jungen Landarbeiters machten ihr Angst. Schnell ergriff er ihre Hand und streichelte sie beruhigend.
    »Hm.« Lange Zeit musterte er schweigend seinen Landarbeiter. Dann klopfte er bedächtig die Pfeife in der Messingschale neben seinem Frühstücksgeschirr aus. »Werd mir die Sache mal ansehen«, ließ er Martha wissen. Er erhob sich, schlurfte zur Tür und warf den langen Fellmantel über. »Mach die Nachtausrüstung fertig! Vielleicht müssen wir später bei der Herde bleiben«, befahl er Cliff mit ruhiger Stimme. »Und pack eine Flasche Whisky ein… könnte kalt werden heut Nacht.«
    ***
    21./22. Dezember 2525, Blarney
    Ann strich über den Steinbrocken. Er fühlte sich warm an. Wie eine Riesenträne saß er lose auf der felsigen Erde, so groß wie ein Erwachsener. Sein Sockel reichte ein ganzes Stück über den Klippenrand. Ängstlich trat das Mädchen einen Schritt zurück. Ihr Herz begann wie wild zu klopfen: Ein kräftiger Sturm würde ausreichen, den Stein zu kippen.
    Als besäßen ihre Gedanken Zauberkräfte, tobten plötzlich die ersten Böen über sie hinweg. Panisch blickte Ann sich um. Da waren sie: die Schatten. Wie schwarze Ungeheuer jagten sie heran. Gleichzeitig ertönte aus dem Stein die Stimme ihrer Mutter. »Ann, lauf weg!«
    »Mum!« Verzweifelt schmiegte sich das Mädchen an den Brocken. Ich verlass dich nicht. Mit aller Kraft umklammerte sie ihn, doch vergeblich! Schatten und Sturm fegten Stein und Kind von der Klippe. Ann spürte, wie sie fiel. Doch bevor ihr Körper in der tosenden Gischt und zwischen den zerklüfteten Felsen aufschlagen konnte, wurde sie mit einem Ruck nach oben gerissen.
    »Mum!« Das Herz galoppierte in ihrer Brust. Ängstlich sah sie sich um: keine Klippen, keine Schatten und keine versteinerte Jenny. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass sie geträumt hatte - und wo sie war: in den Katakomben von Blarney Castle bei den Scones!
    Mit angezogenen Beinen kauerte sie in einer Ecke ihres Bettes. Fahles Licht erhellte den winzigen Raum, in dem sie sich befand. Eine Armlänge neben ihr sah sie die Umrisse Fletschers. Seine Füße hingen aus dem schmalen Feldbett und sein Schnarchen ließ die Wände erzittern. Zwei Schritte vor ihren Lagern stand die Holzkiste, in der sie ihre Habseligkeiten verstaut hatten und die ihnen als Tisch diente. Ein Stück weiter verdeckte ein Fetzen Tuch den Eingang des kleinen Felsenraums.
    Das Nachtlicht im Gang dahinter drang durch die Ränder des Vorhangs. Ann lauschte. Von den Wächtern der Scones war nichts zu hören. Mehrmals in der Nacht kontrollierten sie die schweren Gittertore der drei unterirdischen Tunnel, die im Gang neben Anns und Fletschers Unterkunft lagen. Die unterirdischen Röhren führten kilometerweit ins Landesinnere, hatte Fletscher erklärt. »Wenn es mal wochenlang regnet, kannst du durch sie trockenen Fußes die Westküste erreichen oder eine der großen Städte im Zentrum Irlands.«
    Auch wenn das ziemlich unwahrscheinlich klang, glaubte das Mädchen ihm. Als sie noch ganz klein gewesen war, hatte sie mit ihrer Mutter und Pieroo eine Zeitlang in einem unterirdischen Bunker in Landán gelebt. Dort gab es ähnliche Tunnel. Eigentlich erinnerte sie vieles in der Blarney-Ruine an den Bunker. Nur gab es hier keine Computer. Und die Scones,denen die unterirdische Anlage gehörte, waren anders als die Community-Leute: irgendwie grob, fand Ann. Sie machten Witze, die sie nicht verstand, waren laut und trugen stets Schwerter und Eisenknüppel bei sich. Mit ihren langen Haaren und finsteren Gesichtern sahen sie zum Fürchten aus. Nicht wie die Bunkerleute, die meist haarlos waren, saubere Uniformen trugen und sich verständlich und ruhig ausdrückten.
    Ann warf einen verstohlenen Blick auf den schlafenden Fletscher. Ihre Mum hatte

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