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264 - Verschollen

264 - Verschollen

Titel: 264 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
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erzählt, dass auch er aus einem Bunker stammte. Doch außer dem kahlen Schädel und dem blau schimmernden Venengeflecht auf seinen Schläfen gab es nichts an ihm, was das noch erkennen ließ. Der ganze Mann starrte vor Dreck. Er wusch sich nie und stank entsetzlich. Mit seinem vernarbten Ohr und dem struppigen Bart, in dem stets Essensreste hingen, sah er aus wie einer der Scones. Er redete auch wie sie und machte dauernd blöde Bemerkungen. Doch mit Abstand am Schlimmsten für das Mädchen war, dass sie nicht wusste, ob sie ihm noch trauen durfte.
    Ann erinnerte sich nur noch schemenhaft daran, wie sie am Tag nach dem Überfall auf Corkaich hierher gelangt waren. Ihr war damals ganz elend. Sie schaffte es kaum, die Augen offen zu halten. Alles drehte sich im Kopf und ihr war schrecklich übel. Fletscher musste sie die ganze Strecke nach Blarney getragen haben. Irgendwann erwachte sie in dem Bett, in dem sie auch jetzt lag. Der Komische Kauz hockte davor und streckte ihr eine ihrer Puppen entgegen. »Ich soll dich von deiner Mum grüßen. Es geht ihr gut. Und… ähm… Pieroo geht es auch gut.«
    Während Ann noch vor Glück und Erleichterung weinte, erklärte ihr Fletscher, dass sie sich für einige Tage hier verstecken mussten. Er redete von den Schatten, die in Wirklichkeit mutierte Bestien waren, auf die ihre Mum gemeinsam mit Pieroo und einigen anderen Dorfbewohner nun Jagd machten. Sobald sie die Bestien vertrieben hatten, würde ihre Mutter sie hier abholen.
    Argwöhnisch lauschte die Kleine damals Fletschers Bericht. Wusste sie doch, dass er nicht gerade zu den Freunden ihrer Mutter gehörte und Pieroo ihn ganz und gar nicht leiden mochte. Er hätte sie niemals dem Komischen Kauz überlassen! Oder doch? Aber warum konnte sie denn nicht bei den anderen Kindern in Corkaich bleiben? Schließlich sagte Fletscher etwas, das all ihre Zweifel zerstreute: »Eine Gruppe Männer und Frauen aus deinem Dorf sind schon hierher unterwegs. In wenigen Tagen werden sie mit den Kindern eintreffen. Du wirst also schon bald wieder deine Spielgefährten um dich haben.«
    Annähernd zehn Tage waren seither vergangen, doch von ihren Leuten aus Corkaich keine Spur. Dafür waren andere gekommen, die Schutz in der Ruine suchten: Dorfbewohner aus dem Umland, die von dem schrecklichen Schicksal der Menschen von Corkaich berichteten. Dort, so behaupteten sie, hätten Dämonen die Menschen in Stein verwandelt.
    In Tränen aufgelöst war Ann zu Fletscher gelaufen und hatte ihn gefragt, was das zu bedeuten hätte. Der hatte nur gelacht. »Die Leute haben Angst vor den Bestien. Alles andere ist Blödsinn. Ein dummes Ammenmärchen.« Kameradschaftlich hatte er ihren Rücken getätschelt. »Du glaubst doch nicht etwa an Märchen?«
    »Mum sagt immer: In jedem Märchen steckt auch ein Körnchen Wahrheit«, hatte sie leise erwiderte.
    Daraufhin hatte sich der Komische Kauz zu ihr hinuntergebeugt und sie lange schweigend angeblickt. Nach einer Weile hatte er lächelnd gesagt: »Hör zu, Kleine. Ich war dort. Deine Mum war aus Fleisch und Blut. Sie hat vor Freude geweint, als sie hörte, dass es dir gut geht. Es gibt keine versteinerten Menschen in Corkaich! Kapiert?«
    Während sie sich jetzt daran erinnerte, rollten ihr Tränen die Wangen herunter. Wie gerne würde sie Fletscher glauben. Doch irgendwie ahnte sie, dass etwas nicht stimmte. Wieder fiel ihr der Traum ein. »Lauf weg!«, hatte ihre Mum aus dem Stein gerufen. Unglücklich griff sie nach ihrer Puppe und drückte sie gegen die Brust. Vielleicht sollte sie das einfach tun: weglaufen! Nach Corkaich. Nachsehen, ob es stimmte, was die Leute erzählten.
    ***
    Doch Ann lief nicht weg. Am nächsten Morgen fand Fletscher sie mit gesenktem Kopf vor einem der Tunneltore sitzen. Wie ein Häufchen Elend sah sie aus. »Was ist los, Kleine? Schlecht geschlafen?«
    Ann gab keine Antwort. Wie versteinert stierte sie auf eine Stelle vor ihren Füßen.
    »Willst du was essen?«
    Das Mädchen schüttelte verneinend den Kopf.
    »Was trinken?«
    Kopfschütteln.
    »Geh doch mit den anderen spielen!«
    Keine Reaktion.
    Verflucht noch mal! Warum konnte sie nicht sein wie die anderen Kinder, die hier fröhlich in den Katakomben herumsprangen. Auch sie waren fern von zu Hause. Der einstige Major kratzte sich ratlos den Bart. Zugegeben, die meisten von ihnen hatten ihre Eltern bei sich… doch immerhin war Ann nicht ganz alleine. Sie hatte doch ihn! Fletscher ging vor ihr in die Hocke. »Übermorgen ist

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