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266 - Das Todesschiff

266 - Das Todesschiff

Titel: 266 - Das Todesschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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gebadet hatte, um unverwundbar zu werden, gefiel ihr. Noch besser aber, kam sein Duell mit dem Barbaren Conax bei ihr an, den er daran gehindert hatte, den Kontinent Atlantis zu versenken.
    Je weiter die Nacht voranschritt, umso ruhiger wurde die allgemeine Stimmung. Schließlich verstummten alle Gespräche. Als nur noch das leise Sägen der Gäste zu hören war, räusperte sich Blondyne und schilderte mit leiser Stimme eine Sage, die ihre Großmuhme ihr erzählt hatte, als sie ein Kind gewesen war: die Geschichte eines holländischen Seefahrers, der in einem heftigen Sturm ein Kap umsegeln wollte, was ihm nicht gelang, sodass er bei Orguudoo schwor, er werde niemals von seinem Vorhaben ablassen.
    Orguudoo nahm den Holländer beim Wort: Verdammt zu ewig ruheloser Fahrt trieb sein Schiff fortan über alle Meere. Doch durfte der Unglückliche alle sieben Jahre an Land gehen, um zu versuchen, ein Weib zu freien. Sobald er eins fände, so die dunkle Überlieferung, sollte er erlöst werden.
    Bei Nacht und Regen begegnete er in einer von Stürmen umtosten Bucht dem Schiff eines Norwegers, der nicht ahnte, dass ihm der fluchbeladene Holländer gegenüberstand. Die Schätze des Fremdlings verlockten ihn, ihm Gastfreundschaft zu gewähren und die Hand seiner Tochter anzubieten.
    Das Mädchen, das dem »Fliegenden Holländer« seit langem schwärmerisch zugeneigt war, da es aus Erzählungen von seinem Schicksal wusste, gelobte dem gespenstischen Mann in kindlicher Verehrung Treue bis in den Tod. Doch der Holländer zweifelte an der Unverbrüchlichkeit ihrer Treue und kehrte auf sein Schiff zurück. Da stürzte sich das Mädchen ins Meer, woraufhin das Geisterschiff des Holländers versank und er selbst von seinem Fluch erlöst war.
    Alle Anwesenden gruselten sich, mehr noch, als es bei den bärbeißigen, wettergegerbten Kerlen normal gewesen wäre, denn das Schiff im Hafen erinnerte doch stark an jenes aus der Sage.
    Sepp Nüssli schaute hinaus auf die Mole, wo es inzwischen leer geworden war. Wie man hörte, hatte der Stadtrat eine Entscheidung mutig auf den nächsten Tag verschoben.
    Das geheimnisvolle Schiff wirkte auf Sepp mehr als zuvor wie der Sendbote einer finsteren Macht. Noch immer hatte auf der lautlos vor sich hin dümpelnden Karavelle noch niemand eine Laterne angezündet.
    Doch andererseits… Sepp reckte den Hals. Was war das? Irgendwo unter dem Schiff schien ein dunkelrotes Feuer zu brennen. »Kann das denn sein?«, murmelte er und wandte sich an Blondyne. »Seht Ihr das auch, Fräulein?« Er stand auf und deutete aufgeregt aus dem Fenster.
    Ole Rotbaad, der mit gerunzelter Stirn der Geschichte des verfluchten Holländers gelauscht hatte, nahm sein Binocular und baute sich neben Sepp auf. Sein knochiger Steuermann, Helmoot und Ratz schlossen sich ihm an.
    Tatsächlich! Etwa einen halben Meter unterhalb der Wasserlinie leuchtete mittschiffs ein dunkelrotes Licht von der Farbe eines Kaminfeuers. Was, um alles in der Welt, ging da vor? Wie konnte unter Wasser ein Feuer brennen?
    Dies schien die Frage zu sein, die alle Anwesenden bewegte, die nicht in Morpheus Armen ruhten, denn sie schauten sich ausnahmslos belämmert an. Alle außer Käpt'n Rotbaad. Der hatte das Fernglas nach wie vor am Auge und stieß jetzt einen rüden nordländischen Fluch aus. »Da ist doch jemand an Deck! Da bewegt sich was!«
    Alle Anwesenden im Wachzustand stürzten ans Fenster. Die Schlafenden erwachten und stellten die üblichen dummen Fragen.
    Helmoot dagegen nuschelte in einer Mischung aus Mut und geistiger Umnachtung: »Ich schau mir das mal aus der Nähe an.« Er wankte hinaus und überquerte die Straße. Die letzten Gardisten, die noch an der Mauer standen, drängten ihn jedoch nach Osten ab und verscheuchten ihn, sodass Helmoot aus Sepps Blickfeld und Bewusstsein verschwand.
    Als Sepp sich gerade fragte, ob jemand hier den Mut aufbringen würde, das Geheimnis der Karavelle zu ergründen, reichte Rotbaad sein Binocular an den schon ungeduldig zappelnden Ratz weiter und wandte sich an Sepp. »Wie mir Fräulein Blondyne zugetragen hat, habt Ihr auch die zweite Aufnahmeprüfung bestanden, Herr Nüssli.«
    »Das will ich meinen.« Sepp warf sich in die Brust. »Die Stadtwachen erholen sich jetzt noch von meinen beinharten Beleidigungen«, behauptete er. »Außerdem sind sie ganz schön neidisch geworden auf meinen… äh…«
    Rotbaad ließ ihn nicht ausreden - wofür Sepp dankbar war -, sondern zog auf unfeine Weise die Nase hoch und

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