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266 - Das Todesschiff

266 - Das Todesschiff

Titel: 266 - Das Todesschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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nicht bemerkt hatte, wie Holtz den Raum betrat.
    Der Hauptsturmführer stand neben einem knollennasigen Rottenführer an dem großen Fenster und schaute über das Dorf hinweg. Mit den Worten »Danke, Müller« gab er dem Mann einen Feldstecher zurück. Er hatte sich wohl einen schnellen Überblick über die Lage verschafft.
    »Bin ich nicht.« Hasso winkte ab. »Meine Dichtkunst ist mehr berüchtigt als berühmt.« Er trat neben Holtz und Müller und schaute durchs Fenster.
    Inzwischen hatte es wieder zu schneien angefangen, deswegen war von dem Dorf nur wenig zu erkennen: Panzer hatten es eingekesselt. Ihre Geschütze wirbelten jede Menge Schnee auf. Vier oder fünf Häuser standen in Flammen. Ein Panzer hatte einen Treffer erhalten, denn lange Flammen schlugen aus seiner offenen Turmluke. Nur als dunkle Punkte wahrnehmbare Gestalten eilten zwischen den Panzern und den Häusern her. Knatterndes Gewehrfeuer war zu hören, da und dort sah man auch das Aufblitzen von Mündungsfeuer.
    »Ich weiß nicht, inwiefern Sie vom RSHA verpflichtet sind, jeden Karton mitzunehmen, der auf der Liste meines Vaters steht«, sagte Hasso. »Aber wenn ich zu bestimmen hätte, würde ich sagen, es ist an der Zeit, Land zu gewinnen.«
    »So sehe ich es auch. Außerdem wird es gleich dunkel.« Holtz legte eine Hand auf den Unterarm des Rottenführers, der die Vorgänge beim Dorf durch sein Glas beobachtete. »Gehen Sie runter, Müller. Sammeln Sie die Leute und sagen Sie dem Bootsmann, er soll nur noch eine Ladung zur Tante Ju rüberbringen. Dann rollt er zur letzten Fahrt an, um uns abzuholen.«
    »Jawoll.« Müller salutierte. Er polterte aus dem Raum. Als er draußen war, brüllte er: »Alle Mann in der Halle versammeln, aber dalli!«
    Holtz rieb sich die Nase. »Jetzt muss alles schnell gehen«, sagte er. »Sobald wir in der Maschine sind, bekommen Sie den Wagen zurück und können die Fahrt nach Gotenhafen fortsetzen, Herr Leutnant.«
    Ich würde viel lieber mitfliegen. Hasso dachte an Leonie und fragte sich, ob aus ihnen etwas hätte werden können, wenn er sich ihr damals anvertraut hätte. Jetzt war es zu spät. »Lassen wir doch die Dienstgrade«, sagte er aus einer plötzlichen Laune heraus. »Sind wir nicht im gleichen Alter? Und wiegt der Hauptsturmführer den Leutnant zur See nicht auf?«
    Einem Mann das Du anzubieten, an dessen Mütze ein Totenkopf prangte, wäre ihm früher nie eingefallen. Doch Holtz hatte sich trotz seiner Henkeruniform als Mensch erwiesen. Zudem riskierte er seinen Hals, um den Besitz eines reichen Mannes zu retten, der nicht einmal ein Anhänger seiner Bewegung war. Als Kommandoführer und Verlobter einer Pilotin hätte er die Ju 52 auch dafür verwenden können, sich selbst in Sicherheit zu bringen.
    Holtz streckte ihm die Hand entgegen. »Aber gern. Ich heiße Heinz.«
    Hasso schlug ein. »Hasso. Und jetzt?« Er deutete zur Tür. »Abmarsch?«
    »Aber hurtig.« Holtz lief voran. Sie umrundeten die Galerie und eilten die Treppe hinab. Als sie durchs Portal kamen, kehrte Friedrichsen gerade von der letzten Lieferfahrt zum Flugzeug zurück. Das Verdeck war nach hinten geklappt, damit der Wagen schneller be- und entladen werden konnte.
    Neben ihm saß mit schiefsitzender Pilotenkappe und wehendem Haar Leonie von Dönhoff. Hassos Pulsschlag beschleunigte sich, wenngleich er es als reichlich verwegen empfand, dass zwischen ihren makellosen Zähnen ein schwarzer Zigarillo klemmte. Mit ihrer kultivierten Base Marion hatte Leonie überhaupt nichts gemein.
    Friedrichsen hielt an der Treppe. Leonie sprang aus dem Wagen und half Rottenführer Müller und den Sturmmännern beim Verladen der Seesäcke und Kisten. Schröder und Glitsch täuschten derweil Wichtigkeit vor, indem sie mit gezückten Knarren vor dem Haus auf und ab liefen und den Hals reckten, als rechneten sie mit einer alliierten Invasion.
    Der Rottenführer, der den teuren Monet auf dem Gewissen hatte, weshalb Hasso sich entschloss, ihn auf eben diesen Namen zu taufen, schleppte mit einem Sturmmann die Kiste mit dem »Mysterium 471« die Stufen hinab. Als Hasso gerade Anstalten machte, den beiden Männern zu helfen, brachen plötzlich mehrere Gestalten aus dem Unterholz dem Haus gegenüber hervor. Eine heisere Stimme grölte etwas, das eindeutig russisch klang.
    »Der Iwan!«, brüllte Schröder. »Deckung!«
    Leonie warf sich neben dem Kübelwagen zu Boden. Friedrichsen, der gerade im Wagen stand, zückte seine Nullacht und schoss.
    Weitere Schüsse

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