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2666

2666

Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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angefangen hatte, Rauchspiralen in die Luft zu blasen, an die Wohnung im Ensanche von Barcelona, und er erinnerte sich an den Philosophen, und obwohl seine Augen sich nicht aufhellten, hellten sich doch teilweise seine knochigen Züge auf: Die Kiefer, das Kinn, die eingefallenen Wangen, als hätte er sich im Amazonasgebiet verirrt und wäre von drei sevillanischen Mönchen gerettet worden, oder von einem monströsen Mönch mit drei Köpfen, was ihn auch nicht weiter einschüchtern konnte. Er wandte sich also an Lola und fragte sie nach dem Philosophen, nannte seinen Namen, erinnerte an seinen Aufenthalt in jener Wohnung, an die Monate, die er in Barcelona verbracht hatte, wo er statt zu arbeiten dämliche Witze riss, Bücher, die er nicht gekauft hatte, aus dem Fenster schmiss (während der Philosoph die Treppe hinunter rannte, um sie zurückzuholen, was nicht immer gelang), die Musik voll aufdrehte, wenig schlief und umso mehr lachte, mit dem Luxus gelegentlicher Jobs als Übersetzer und Rezensent, ein flüssiger Stern aus kochendem Wasser. Und daraufhin bekam Lola es mit der Angst und schlug die Hände vors Gesicht. Und Imma, die endlich den Gedichtband in die Tasche steckte, tat das Gleiche, sie begrub das Gesicht in ihren kleinen, knotigen Händen. Und Gorka sah die beiden Frauen an und sah den Dichter an und schüttete sich innerlich aus vor Lachen. Aber bevor das Lachen in seinem lässigen Herzen verstummte, sagte Lola, er, der Philosoph, sei vor kurzem an Aids gestorben. Ei, ei, ei, sagte der Dichter. Wer zuletzt lacht, lacht am besten, sagte der Dichter. Eile bringt Weile, sagte der Dichter. Ich liebe dich, sagte Lola. Der Dichter stand auf und bat Imma um eine weitere Zigarette. Für morgen, sagte er. Arzt und Dichter entfernten sich in Richtung Irrenhaus, Lola und Imma in Richtung Ausgang, wo sie die Schwester eines anderen Irren trafen und den Sohn eines verrückten Arbeiters und eine zerknirscht dreinblickende Dame, deren Vetter eingesperrt in der Irrenanstalt von Mondragón lebte.
    Am nächsten Tag kamen sie wieder, aber man sagte ihnen, der fragliche Patient bedürfe der absoluten Ruhe. Das Gleiche geschah an den Folgetagen. Irgendwann ging ihnen das Geld aus, und Imma beschloss, sich wieder an die Straße zu stellen, diesmal Richtung Süden, nach Madrid, wo sie einen Bruder hatte, der unter der Demokratie reichlich Karriere gemacht hatte und den sie bitten wollte, ihr etwas zu leihen. Lola hatte nicht die Kraft, zu reisen, und sie vereinbarten, dass sie in der Pension warten solle, als sei nichts geschehen, in einer Woche wollte Imma zurück sein. In ihrer Einsamkeit vertrieb Lola sich die Zeit damit, Amalfitano lange Briefe zu schreiben und ihm von ihrem Leben in San Sebastián und in der Umgebung der Irrenanstalt zu erzählen, zu der sie jeden Tag ging. Am Zaun stehend stellte sie sich vor, sie würde mit dem Dichter in telepathischen Kontakt treten. In den meisten Fällen jedoch suchte sie sich eine Lichtung im benachbarten Wäldchen und verbrachte ihre Zeit mit Lesen oder dem Sammeln von Blümchen und Büscheln von Kräutern, aus denen sie Sträuße band, die sie später durch die Gitterstäbe fallen ließ oder in die Pension mitnahm. Einmal fragte sie einer der Autofahrer, die sie mitnahmen, ob sie den Friedhof von Mondragón kennenlernen wolle, und sie nahm das Angebot an. Den Wagen parkten sie auf dem Vorplatz unter einer Akazie, dann spazierten sie eine Zeitlang die Wege zwischen den Gräbern entlang, von denen die meisten baskische Namen trugen, bis sie zu der Grabnische kamen, in der die Mutter des Autofahrers begraben lag. Der sagte daraufhin, er würde sie gern hier an Ort und Stelle vögeln. Lola lachte und war so umsichtig, ihn darauf hinzuweisen, dass sie hier ein Blickfang für alle Besucher wären, die den Hauptweg des Friedhofs heraufkämen. Der Autofahrer dachte einen Moment nach und sagte schließlich: Herrgott, ja! Sie suchten ein abgelegeneres Plätzchen, und die Sache dauerte nicht länger als fünfzehn Minuten. Der Autofahrer hieß Larrazábal, und obwohl er auch einen Vornamen hatte, wollte er ihn nicht verraten. Nur Larrazábal, wie meine Freunde mich nennen, sagte er. Dann erzählte er Lola, dass er nicht zum ersten Mal auf dem Friedhof vögelte. Er war schon früher mit einer Freundin hier gewesen, einem Mädchen, das er in einer Disko kennengelernt hatte, und später mit zwei Nutten aus San Sebastián. Als sie sich auf den Rückweg machten, wollte er ihr Geld geben, was sie

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