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bewaffnet, trug einen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd ohne Schlips und sah aus wie ein Profi. In dem Moment, als die Hausangestellten zur Seite geschoben wurden, um die Schussbahn frei zu machen, spürte Pedro Rengifos Frau, wie sie am Kleid gezogen und zu Boden gerissen wurde. Im Stürzen sah sie vor sich die Hausangestellten hinfallen und dachte, es gebe ein Erdbeben. Auch sah sie aus dem Augenwinkel Lalo auf den Knien mit der Pistole in der Hand und hörte dann einen Knall und sah, wie eine Patronenhülse aus der Pistole flog, die Lalo hielt, und dann sah sie nichts mehr, weil sie mit der Stirn auf den Beton des Gehwegs knallte. Ihre Freundin, die immer noch im Türrahmen ihres Hauses stand und von dort einen besseren Überblick hatte, begann zu schreien, unfähig, sich zu rühren, obwohl ihr eine leise Stimme im Hinterkopf sagte, dass sie, statt zu schreien, besser ins Haus gehen, die Tür verriegeln und sich hinter den Geranienstauden verstecken sollte. Der aus Tijuana und der aus Juárez waren da schon ein Stück weit gelaufen, und obwohl sie schwitzten und keuchten, weil sie an körperliche Anstrengung nicht gewöhnt waren, hielten sie nicht an. Was die Hausangestellten betraf, die hatten sich in dem Moment, als sie hinfielen, zusammengerollt und beteten oder riefen sich eilig die Gesichter ihrer Liebsten ins Gedächtnis, schlossen die Augen und schlugen sie nicht eher wieder auf, als bis alles vorbei war. Lalo Cura dagegen musste mit der Schwierigkeit fertig werden, augenblicklich zu entscheiden, auf wen der beiden Killer er zuerst schießen sollte, auf den mit der Uzi oder auf den, der mehr wie ein Profi aussah. Er hätte auf Letzteren schießen müssen, schoss aber auf den anderen. Die Kugel traf die Brust des Dünnen mit der schwärzlichen Haut und streckte ihn sofort nieder. Der andere bewegte sich unmerklich nach rechts und grübelte ebenfalls. Wieso war dieser Junge bewaffnet? Wieso war er nicht mit den anderen beiden Leibwächtern weggerannt? Die Kugel des Profikillers erwischte Lalo Curas linke Schulter, wo sie einige Blutgefäße zerstörte und den Knochen durchschlug. Dieser spürte eine Erschütterung, und ohne seine Haltung zu ändern, feuerte er noch einmal. Der Profi kippte vornüber zu Boden, und sein zweiter Schuss ging ins Leere. Er lebte noch. Er betrachtete den Beton des Gehsteigs, die Grashalme, die aus den Rissen sprossen, das weiße Kleid von Pedro Rengifos Frau, die Sportschuhe des Jungen, der auf ihn zukam, um ihm den Rest zu geben. Kleiner Scheißer, flüsterte er. Anschließend machte Lalo Cura kehrt und sah von weitem seine beiden türmenden Exkollegen. Er zielte behutsam und drückte ab. Der aus Juárez bemerkte, dass auf sie geschossen wurde, und beschleunigte. Sie verschwanden hinter der nächsten Ecke.
Zwanzig Minuten später traf ein Streifenwagen ein. Die Frau von Pedro Rengifo hatte eine aufgeschlagene Stirn, blutete aber nicht mehr und gab den Polizisten erste Anweisungen. Zuerst sah sie nach ihrer Freundin, die einen Schock erlitten hatte. Dann bemerkte sie, dass Lalo Cura verletzt war, und befahl, einen weiteren Krankenwagen für ihn zu rufen und beide in die Pérez-Guterson-Klinik zu bringen. Vor dem Eintreffen der Krankenwagen erschienen weitere Polizisten, und mehr als einer erkannte in dem Profi, der tot auf dem Pflaster lag, einen Beamten der Kriminalpolizei. Als man Lalo Cura gerade in den Krankenwagen helfen wollte, packten ihn zwei Polizisten an den Armen, schoben ihn in ihr Auto und fuhren mit ihm zum Ersten Kommissariat. Als Pedro Rengifos Frau in der Klinik eintraf, vergewisserte sie sich, dass ihre Freundin in einem der besten Zimmer untergebracht wurde, und erkundigte sich dann nach dem Zustand ihres Leibwächters, worauf man ihr sagte, der sei nicht hier angekommen. Die Señora verlangte, sofort die Pfleger des anderen Krankenwagens zu holen, die bestätigten, dass Lalo Cura verhaftet worden sei. Die Frau von Pedro Rengifo nahm das Telefon und rief erneut ihren Mann an. Eine Stunde später betrat der Polizeichef von Santa Teresa das Erste Kommissariat. An seiner Seite Epifanio, der ein Gesicht machte, als hätte er drei Tage nicht geschlafen. Zufrieden wirkten beide nicht. Sie fanden Lalo in einem der Zellen im Keller. Das Gesicht des Jungen war blutverschmiert. Die Polizisten, die ihn verhörten, wollten wissen, warum er die beiden Auftragskiller erledigt habe, und als sie Pedro Negrete hereinkommen sahen, standen sie auf. Der Polizeichef von Santa Teresa
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