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2666

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Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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wir wissen, in der Calle Santa Catarina Nummer 23. Und wo ist das?, fragte Harry Magaña. In der Siedlung Carranza, sagte Señorita Isela. Fragen Sie da einfach jemanden, Sie werden es schon finden, sagte der Mann. Harry Magaña stand auf und bedankte sich. Bevor er ging, drehte er sich noch einmal um und hätte fast gefragt, ob sie einen Miguel Montes kannten oder von ihm gehört hatten, überlegte es sich aber noch rechtzeitig anders und sagte nichts.
    Es kostete ihn einige Mühe, die Calle Santa Caterina zu finden, aber schließlich hatte er Erfolg. Das Haus von Elsa Fuentes besaß weißgetünchte Wände und eine Metalltür. Er klopfte zweimal. Aus den Nachbarhäusern kam kein Geräusch, obwohl ihm auf der Straße drei Frauen begegnet waren, die zur Arbeit gingen. Kaum aus dem Haus getreten, schlossen sie sich einander an und gingen nach einem kurzen Seitenblick auf seinen Wagen rasch davon. Er zog sein Messer, kniete sich hin und öffnete ohne Probleme die Tür. Auf ihrer Innenseite befand sich ein Eisenstift, der als Riegel diente, aber nicht vorgeschoben war, weshalb er annahm, dass niemand im Haus war. Er zog die Tür zu, hängte den Stift ein und begann zu suchen. Die Zimmer wirkten keineswegs verwahrlost, sondern fast ein wenig kitschig zurechtgemacht. An den Wänden hingen Krüge, eine Gitarre, Büschel von Heilkräutern, die einen angenehmen Duft verströmten. Im Schlafzimmer von Elsa Fuentes war das Bett nicht gemacht, alles andere aber bot einen aufgeräumten Anblick. Die Wäsche im Schrank war sauber gefaltet, auf dem Nachttisch standen mehrere Fotos (zwei zeigten sie zusammen mit Miguel Montes), der Staub hatte noch keine Zeit gehabt, sich auf dem Boden zu sammeln. Der Kühlschrank war gut gefüllt. Nirgendwo brannte Licht, nicht einmal eine Kerze vor einem Heiligenbild, alles schien nur auf die Rückkehr der Frau zu warten. Er suchte nach Hinweisen auf eine Anwesenheit von Miguel Montes, fand aber nichts. Er setzte sich in einen Sessel und richtete sich darauf ein, zu warten. Irgendwann schlief er ein. Als er aufwachte, war es bereits zwölf Uhr Mittag, und niemand hatte versucht, die Tür zu öffnen. Er ging in die Küche, um sich etwas zum Frühstücken zu suchen. Er trank ein großes Glas Milch, nachdem er das Verfallsdatum auf der Packung überprüft hatte. Dann nahm er sich einen Apfel aus einem Plastikkorb am Fenster und aß ihn, während er noch einmal alle Ecken der Wohnung durchsuchte. Er wollte sich keinen Kaffee kochen, um kein Feuer anzuzünden. Das einzig Ungenießbare in der Küche war das Brot, es war steinhart. Er suchte nach einem Adressbuch, einem Busticket, dem kleinsten Hinweis auf ein Handgemenge, das er übersehen haben könnte. Er überprüfte das Bad, schaute unter das Bett von Elsa Fuentes, wühlte im Mülleimer. Er öffnete drei Schuhkartons und fand nur Schuhe. Er schaute unter die Matratze. Er hob die drei kleinen Teppiche mit arabischen Motiven hoch, die Elsa Fuentes' kitschigen Geschmack verrieten, und fand nichts. Dann kam er auf die Idee, die Decken zu kontrollieren. In Schlaf- und Wohnzimmer gab es nichts. In der Küche jedoch entdeckte er einen feinen Spalt. Er stieg auf einen Stuhl und bohrte mit dem Messer nach, bis Kalk herunterrieselte. Er vergrößerte das Loch, steckte die Hand hinein und zog eine Tüte mit zehntausend Dollar und einem Adressbuch heraus. Das Geld steckte er in die Tasche und begann, in dem Büchlein zu blättern. Es enthielt scheinbar wahllos eingetragene Telefonnummern ohne Namen oder Rubrik. Nummern von Kunden, vermutete er. Neben einigen Nummern standen Namen wie Mama, Miguel, Lupe, Juana und solche, die offenbar Spitznamen waren, vermutlich von Arbeitskolleginnen. Unter den Nummern erkannte er einige, die nicht aus Mexiko, sondern aus Arizona stammten. Er steckte das Büchlein zu dem Geld und fand, dass es Zeit war, zu gehen. Er war nervös, und sein Körper schrie förmlich nach ein paar Tassen Kaffee. Als er den Wagen startete, hatte er den Eindruck, dass man ihn beobachtete. Gleichwohl war alles ruhig, nur ein paar Kinder verausgabten sich bei einer Partie Fußball mitten auf der Straße. Er drückte auf die Hupe, und die Kinder ließen sich viel Zeit, bevor sie Platz machten. Im Rückspiegel sah er vom Ende der Straße einen Rand Charger auftauchen. Er glitt langsam dahin und ließ den Rand Charger herankommen. Der Fahrer und der Typ auf dem Beifahrersitz zeigten nicht das mindeste Interesse an ihm, und an der Ecke überholte der Rand

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