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2666

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Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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Charger und ließ ihn hinter sich. Er fuhr ins Zentrum und hielt vor einem gut besuchten Restaurant. Er bestellte Rührei mit Schinken und eine Tasse Kaffee. Während er auf sein Essen wartete, ging er zum Tresen und fragte einen Jungen, ob er mal telefonieren könne. Der Junge, der ein weißes Hemd und eine schwarze Fliege trug, fragte, ob er eine Nummer in den USA oder in Mexiko anrufen wolle. Hier, in Sonora, sagte Harry Magaña, zog das Adressbuch heraus und zeigte ihm die Nummern. Okay, sagte der Junge, Sie telefonieren, wohin Sie wollen, und ich gebe Ihnen nachher die Rechnung, in Ordnung? Alles klar, sagte Harry Magaña. Der Junge stellte ihm das Telefon an eine Ecke und widmete sich wieder seinen Gästen. Zuerst wählte er die Nummer von Elsa Fuentes' Mutter. Eine Frau meldete sich. Er fragte nach Elsa. Elsita ist nicht hier, sagte die Frau. Aber Sie sind doch ihre Mutter?, sagte er. Ich bin ihre Mutter, ja, aber Elsita lebt in Santa Teresa, sagte die Frau. Und von wo sprechen Sie gerade?, fragte Harry Magaña. Versprechen? Wo wohnen Sie, Señora? In Toconilco, sagte die Frau. Und wo liegt das, Señora?, fragte Harry Magaña. In Mexiko, Señor, sagte die Frau. Aber wo in Mexiko? In der Nähe von Tepehuanes, sagte die Frau. Und wo liegt Tepehuanes?, schrie er. Na in Durango, Señor. Im Bundesstaat Durango?, fragte Harry Magaña, während er auf ein Stück Papier das Wort Toconilco und das Wort Tepehuanes und schließlich das Wort Durango schrieb. Bevor er auflegte, bat er sie um ihre Adresse. Die Frau gab sie ihm, umständlich, aber anstandslos. Ich werde Ihnen seitens Ihrer Tochter Geld schicken, sagte Harry Magaña. Gott möge es Ihnen vergelten, sagte die Frau. Nein, Señora, nicht mir, Ihrer Tochter, sagte Harry Magaña. Meinetwegen, sagte die Frau, möge Gott es meiner Tochter und auch Ihnen vergelten. Anschließend gab er dem Jungen mit der Fliege ein Zeichen, dass er noch nicht fertig sei, und kehrte an seinen Tisch zurück, wo sein Rührei und die Tasse Kaffee auf ihn warteten. Bevor er noch einmal telefonierte, ließ er sich Kaffee nachschenken und verfügte sich mit der Tasse in der Hand zurück zum Tresen. Er wählte die Nummer von Miguel Montes (obwohl sie natürlich auch einem anderen Miguel gehören konnte, dachte er), und wie er befürchtet hatte, ging niemand ans Telefon. Dann versuchte er es mit der Nummer von besagter Lupe, und das Gespräch verlief noch chaotischer als das mit der Mutter von Elsa Fuentes von eben. Er bekam so viel mit, dass Lupe in Hermosillo lebte, dass sie nichts mehr von Elsa oder Santa Teresa wissen wollte, dass sie tatsächlich einen Miguel Montes gekannt hatte, von dem sie aber auch nichts mehr wissen wollte (wenn er überhaupt noch lebte), dass ihr Leben in Santa Teresa von Anfang bis Ende ein riesiger Fehler gewesen war und dass sie nicht vorhatte, zweimal den gleichen Fehler zu machen. Anschließend rief er noch zwei weitere Nummern an, eine, neben der der Name Juana stand, und eine, die zu einer Frau (oder einem Mann, wer weiß) namens Vaca gehörte. Beide Anschlüsse waren, wie ihm eine Stimme vom Band mitteilte, abgemeldet. Den letzten Versuch unternahm er mehr auf gut Glück. Er wählte eine der Nummern in Arizona. Eine vom Anrufbeantworter verzerrte Männerstimme forderte ihn auf, eine Nachricht zu hinterlassen, er werde dann zurückrufen. Er bat um die Rechnung. Auf einem Zettel, den er aus der Tasche zog, unternahm der Junge mit der Fliege eine mathematische Operation und fragte, ob er gut gegessen habe. Sehr gut, sagte Harry Magaña. In der Wohnung von Demetrio Águila in der Calle Luciérnaga machte er einen Mittagsschlaf und träumte von einer Straße in Huntville, der Hauptstraße, durch die ein Sandsturm fegte. Jemand muss die Mädchen aus der Ramschfabrik holen!, schrie eine Stimme hinter ihm, aber er achtete nicht darauf, sondern vertiefte sich weiter in die Lektüre von Bergen fotokopierter Unterlagen, die in einer Sprache abgefasst schienen, die nicht von dieser Welt war. Als er aufwachte, ging er kalt duschen und trocknete sich mit einem großen, weißen Handtuch ab, das sich angenehm anfühlte. Danach rief er die Auskunft an und gab die Nummer von Miguel Montes an. Er fragte, welche Adresse zu dem Anschluss gehörte. Die Frau am anderen Ende bat ihn, einen Moment zu warten, und nannte dann den Namen einer Straße und eine Hausnummer. Bevor er auflegte, fragte er, auf welchen Namen der Anschluss laufe. Auf den Namen Francisco Díaz, Señor, sagte

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