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2666

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Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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Adela García Estrada identifiziert werden konnte, angestellt in der Maquiladora EastWest und eine Woche zuvor verschwunden. Todesursache war, dem Gerichtsmediziner zufolge, ein gebrochenes Zungenbein. Sie trug einen grauen Sweater mit dem aufgedruckten Emblem einer Rockgruppe, darunter einen weißen BH. Gleichwohl war die rechte Brust abgeschnitten und die linke Brustwarze abgebissen worden. Den Fall übernahmen erst Kommissar Lino Rivera und später Ortiz Rebolledo und Carlos Martín.
    Am zwanzigsten November, eine Woche nach dem Auftauchen der ermordeten Adela García Estrada, fand man auf einer Brachfläche in der Siedlung La Vistosa die Leiche einer Unbekannten. Nach erster Einschätzung war die Frau etwa neunzehn Jahre alt und ihr Tod durch zahlreiche Messerstiche im Brustbereich verursacht worden, die von einer zweischneidigen Klinge stammten und von denen jeder oder fast jeder für sich allein tödlich gewesen wäre. Die Unbekannte trug eine graue Weste und eine schwarze Hose. Als man ihr die Hose bei der gerichtsmedizinischen Untersuchung auszog, kam darunter eine zweite, graue Hose zum Vorschein. Die Marotten der Menschen sind unergründlich, befand der Gerichtsmediziner. Den Fall übernahm Kommissar Juan de Dios Martínez. Niemand erhob Anspruch auf den Leichnam.
    Vier Tage später fand man an der Hauptstraße von Santa Teresa nach Cananea die verstümmelte Leiche van Beatriz Concepción Roldán. Todesursache war eine tiefe Verletzung, die vermutlich von einer Machete oder langen Messerklinge stammte, mit der man sie vom Bauchnabel bis zur Brust aufgeschlitzt hatte. Beatriz Concepción Roldán war zweiundzwanzig Jahre alt, ein Meter fünfundsechzig groß, schlank und von dunklem Teint. Sie hatte langes Haar, das ihr bis über die Schultern reichte. Sie arbeitete als Kellnerin in einem Lokal in Madero-Norte und wohnte zusammen mit Evodia Cifuentes und einer Schwester von Evodia, Eliana Cifuentes, doch hatte man sie nicht vermisst gemeldet. Der Leichnam wies zahlreiche Hämatome auf, aber keine andere Messerverletzung als die, an der sie gestorben war, was den Gerichtsmediziner zu der Annahme bewog, dass sie sich nicht gewehrt hatte oder nicht bei Bewusstsein war, als der tödliche Angriff erfolgte. Nach Veröffentlichung ihres Fotos in La Voz de Sonora meldete sich ein anonymer Anrufer, der sie als Beatriz Concepción Roldán identifizierte, wohnhaft in der Siedlung Sur. Als die Polizei vier Tage später dort erschien, fand sie die Wohnung, eine Wohnung von vierzig Quadratmetern - zwei winzige Räume plus ein Wohnzimmer mit Möbeln, verpackt in Plastikfolie -, vollständig verlassen vor. Die Nachbarn sagten aus, der Mann namens Evodia Cifuentes und seine Schwester Eliana seien seit rund sechs Tagen fort. Eine Nachbarin hatte sie weggehen sehen, beide mit einem Koffer in der Hand. Die Hausdurchsuchung förderte kaum persönliche Gegenstände der Geschwister Cifuentes zutage. Der Fall lag von Anfang an in den Händen von Efraín Bustelo, der bald den Eindruck gewann, dass die Geschwister Cifuentes kaum körperlicher waren als Gespenster. Es gab keine Fotos von ihnen. Die Beschreibungen, die er erhielt, waren ungenau, wenn nicht widersprüchlich. Cifuentes sei schmächtig und mager gewesen, seine Schwester eine ganz und gar unscheinbare Person. Ein Nachbar meinte sich zu erinnern, dass Evodio Cifuentes in der Maquiladora File-Sis gearbeitet habe, aber im dortigen Namensregister fand sich niemand dieses Namens, weder jetzt noch in den letzten drei Monaten. Als Efraín Bustelo die Listen der Beschäftigten der letzten sechs Monate verlangte, wurde ihm mitgeteilt, dass die Listen wegen einer technischen Panne derzeit leider unauffindbar seien. Noch bevor Efraín Bustelo fragen konnte, wann er die Listen bekommen könne, um sie durchzusehen, wurde ihm von einem Vertreter von File-Sis ein Umschlag mit Geld zugeschoben. Bustelo vergaß die Angelegenheit. Er nahm stark an, dass er in den Listen, wenn es sie überhaupt gab, wenn nicht jemand sie verbrannt hatte, wahrscheinlich auch keine Spur von Evodio Cifuentes finden würde. Gegen die beiden Geschwister wurde ein Haftbefehl erlassen, der, wie Mücken um ein Lagerfeuer, durch mehrere Kommissariate des Landes schwirrte. Der Fall blieb unaufgeklärt.
    Im Dezember wurde auf einer Brachfläche der Siedlung Morelos, in Höhe der Straßen Colima und Fuensanta, unweit der Morelos-Oberschule, die Leiche der vor einer Woche verschwundenen Michelle Requejo gefunden. Kinder,

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