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Lieferwagen, aber der Ort kam in Mode, so dass es nichts Ungewöhnliches war, dort Jugendlichen auf Motorrädern oder Fahrrädern zu begegnen, einige junge Arbeiterpärchen kamen sogar zu Fuß, denn in der Nähe gab es eine Bushaltestelle. Hinter dem Pemex-Turm war ursprünglich ein weiteres Gebäude geplant, das schließlich doch nicht gebaut wurde, und jetzt gab es dort nur eine Esplanade und dahinter einige derzeit leerstehende Baracken aus Fertigbauteilen, die einmal Arbeitern des Unternehmens als Unterkunft gedient hatten. Nacht für Nacht, manchmal in provozierender Manier, mit voll aufgedrehtem Radio, meistens aber still und leise, parkten die Autos auf der Esplanade, und die Jugendlichen, die mit Mopeds und Rädern kamen, öffneten die morschen Barackentüren, machten mit Kerzen und Taschenlampen Licht, sorgten für Musik, und manchmal kochten sie sogar etwas. Hinter den Baracken, in leicht abfallendem Gelände, erhob sich ein niedriges Kiefernwäldchen, das die Pemex hatte anlegen lassen, als sie den Turm baute. Auf der Suche nach größerer Abgeschiedenheit zogen einige der jungen Leute mit Decken in das Wäldchen. Und dort fand man auch die Leiche von Rosa López Larios. Ein sechzehnjähriges Pärchen entdeckte sie. Das Mädchen dachte, da würde jemand schlafen, aber als sie die Taschenlampe auf sie richteten, sahen sie, dass sie tot war. Das Mädchen schrie und floh in panischer Angst. Der Junge war beherzt genug oder so neugierig, die Tote umzudrehen und ihr ins Gesicht zu sehen. Die Schreie des Mädchens alarmierten die Leute auf der Esplanade. Einige Autos machten sofort einen Abflug. In einem der Fahrzeuge saß ein Verkehrspolizist, und dieser meldete den Fund und versuchte vergeblich, der allgemeinen Flucht Einhalt zu gebieten. Als die Polizei eintraf, waren nur noch ein paar verschreckte Jugendliche übrig, die der Verkehrspolizist mit einer Pistole in Schach hielt. Um drei Uhr morgens erschienen Kommissar Ortiz Rebolledo und der Polizist Epifanio Galindo am Tatort. Mittlerweile war es den anderen Polizisten gelungen, ihren Kollegen dazu zu bringen, seine nicht vorschriftsmäßige Taurus Magnum einzustecken und sich zu beruhigen. An einem Streifenwagen lehnend befragte Epifanio das Mädchen, während Ortiz Rebolledo in das Wäldchen hinunterging, um einen Blick auf die Tote zu werfen. Rosa López war an den zahlreichen Stichverletzungen gestorben, die auch ihre Bluse und ihren Pullover zerfetzt hatten. Sie trug nichts bei sich, was ihre Identität verriet, und wurde deshalb zunächst als unbekannt registriert. Zwei Tage später jedoch, nachdem ihr Foto in den drei Tageszeitungen von Santa Teresa abgedruckt worden war, meldete sich eine Frau, die vorgab, ihre Cousine zu sein, und identifizierte sie als Rosa López Larios; sie sagte der Polizei alles, was sie wusste, einschließlich der Adresse der Verstorbenen: Calle San Mateo, Siedlung Las Flores. Der Pemex-Turm stand unweit der Hauptstraße nach Cananea, die zwar nicht unmittelbar an der Siedlung Las Flores vorbeiführte, aber auch nicht allzu weit entfernt, so dass die Möglichkeit bestand, dass das Opfer zu Fuß oder mit dem Bus gekommen war, vielleicht zu einer Verabredung. Rosa López wohnte mit zwei Freundinnen zusammen, wie sie selbst langjährige Arbeiterinnen bei verschiedenen Maquiladoras im Industriepark General Sepúlveda. Die Freundinnen sagten aus, Rosa habe einen festen Freund gehabt, einen gewissen Ernesto Astudillo aus Oaxaca, der für die Firma Pepsi Getränke ausfuhr. Im Getränkelager von Pepsi hieß es, ein gewisser Astudillo habe wirklich bei ihnen gearbeitet, als Auslieferer auf dem Lastwagen, zuständig für die Tour durch die Siedlungen Las Flores und Kino, aber seit vier Tagen sei er nicht zum Dienst erschienen und könne sich, was die Firma betreffe, als entlassen betrachten. Man ermittelte seine Adresse und besorgte sich einen Durchsuchungsbefehl, aber in der Wohnung stieß man nur auf einen Freund Astudillos, der sich die Wohnung, eine Bruchbude von nicht einmal zwanzig Quadratmetern, mit ihm geteilt hatte. Die Befragung des Freundes ergab, dass Astudillo einen Vetter hatte oder einen Freund, den er wie einen Vetter liebte und der als Schleuser sein Geld verdiente. Den Fall kannst du in die Tonne treten, sagte Epifanio Galindo. Trotzdem wurde im Schleppermilieu nach dem Freund von Astudillo gefahndet, aber in dieser Zunft gilt Stillschweigen als oberste Regel, und es kam nichts dabei heraus. Ortiz Rebolledo gab den Fall
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