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schön, sagte Reinaldo. Das war auch mein Eindruck, sagte Florita Almada. Wirklich, dein Traum ist wunderschön, Florita, sagte Reinaldo. Ja, sagte sie.
Die Sendung mit Florita Almada und den Frauen von FSDF wurde von vielen Leuten gesehen. Elvira Campos, die Leiterin der Nervenheilanstalt von Santa Teresa, hatte sie gesehen und berichtete Juan de Dios Martínez davon, der sie nicht gesehen hatte. Auch Don Pedro Rengifo, der ehemalige Chef von Lalo Cura, der kaum je seine Ranch außerhalb von Santa Teresa verließ, hatte sie gesehen, sprach aber mit niemandem darüber, obwohl sein Vertrauensmann, Pat O'Bannion, neben ihm saß. EI Tequila, einer der Freunde von Klaus Haas, sah sie in der Strafanstalt von Santa Teresa und berichtete Haas davon, der die Sache jedoch unwichtig fand. Es ist völlig unwichtig, was diese alten Schreckschrauben sagen oder denken, sagte er. Der Mörder mordet weiter, und ich sitze im Knast. Das ist eine unbestreitbare Tatsache. Daran sollte jemand denken und Konsequenzen ziehen. In dieser Nacht sagte Haas, als er in seiner Zelle lag: Der Mörder ist dort draußen, ich bin hier drinnen. Aber es wird in diese Scheißstadt einer kommen, der schlimmer ist als der Mörder und schlimmer als ich. Hörst du schon seine Schritte? Hörst du sie? Halt endlich dein verfluchtes Maul, Blonder, rief Farfán ihm von seiner Pritsche aus zu. Haas verstummte.
In der ersten Aprilwoche wurde eine weitere Leiche auf dem Brachland östlich der alten Eisenbahnschuppen gefunden. Die Tote trug keine Papiere bei sich, nur einen Betriebsausweis der Maquiladora Dutch&Rhodes ohne Foto, ausgestellt auf den Namen Sagrario Baeza López. Ihr Körper wies zahlreiche Stichverletzungen auf, und es gab Anzeichen dafür, dass sie vergewaltigt worden war. Ihr Alter schätzte man auf etwa zwanzig. Als die Polizei bei Dutch&Rhodes erschien, stellte sich heraus, dass die Arbeiterin Sagrario Baeza López quicklebendig war. Bei ihrer Befragung erklärte sie, dass sie die Tote nicht einmal vom Sehen kenne. Dass sie ihren Betriebsausweis vor mindestens einem halben Jahr verloren habe. Und schließlich, dass sie ein anständiges Leben führe, in ihrer Arbeit und in ihrer Familie aufgehe, mit der sie in der Siedlung Carranza lebe, und nie Ärger mit der Justiz gehabt habe, was Kolleginnen von ihr bestätigten. In den Unterlagen von Dutch&Rhodes fand sich tatsächlich das genaue Datum, an dem man Sagrario Baeza López den neuen Ausweis ausgehändigt hatte, mit dem mahnenden Vermerk, sie solle besser aufpassen und ihn nicht noch einmal verlieren. Was wollte die Tote mit dem Betriebsausweis einer fremden Person?, fragte sich Kommissar Efraín Bustelo. Einige Tage lang wurde bei der Belegschaft von Dutch&Rhodes ermittelt, ob die Tote vielleicht früher bei der Firma beschäftigt gewesen war, aber keine der ehemaligen Beschäftigten stimmte hinsichtlich ihrer körperlichen Merkmale mit denen der Toten überein. Drei von ihnen, alle zwischen fünfundzwanzig und dreißig Jahre alt, hatten sich entschlossen, in die USA zu gehen. Eine vierte, eine kleine Dicke, war entlassen worden, weil sie versucht hatte, einen Betriebsrat zu gründen. Der Fall kam still und leise zu den Akten.
In der letzten Aprilwoche fand man eine weitere Tote. Dem Gerichtsmediziner zufolge war sie vor ihrem Tod grün und blau geschlagen worden. Todesursache war jedoch ein Bruch des Zungenbeins infolge von Strangulation. Man hatte die Leiche in der Wüste entdeckt, rund fünfzig Meter von einer Nebenstraße entfernt, die nach Osten in die Berge führt, an einer Stelle, wo man nicht selten die Sportmaschinen der Drogenbosse landen sehen konnte. Der Fall lag in den Händen von Kommissar Ángel Fernandez. Die Tote trug keine Papiere bei sich, und ihr Verschwinden war in keiner Polizeidienststelle von Santa Teresa gemeldet worden. Ihr Foto erschien nicht in den Zeitungen, obwohl die Polizei drei Abzüge von ihrem geschundenen Gesicht an El Heraldo del Norte, La Voz de Sonora und La Tribuna de Santa Teresa gegeben hatte.
Im Mai 1996 tauchten keine weiteren Frauenleichen auf. Lalo Cura war an Ermittlungen in einer Reihe von Autodiebstählen beteiligt, die mit fünf Verhaftungen endeten. Epifanio besuchte Haas im Gefängnis. Das Gespräch währte nicht lange. Der Oberbürgermeister von Santa Teresa erklärte vor der Presse, die Bürger der Stadt könnten aufatmen, der Mörder sitze im Gefängnis, die seither verübten Frauenmorde seien von gewöhnlichen Kriminellen begangen
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