2666
meldeten sich bei der Polizei die Eltern der siebzehnjährigen Ana Hernández Cecilia, die vor einer Woche verschwunden war, und behaupteten, dass es sich bei der Toten um ihre Tochter handele. Drei Tage später jedoch, als die angebliche Ana Hernández Cecilio bereits auf dem Friedhof von Santa Teresa lag, meldete sich bei der Polizei die richtige Ana Hernández Cecilio, die angab, mit ihrem Freund durchgebrannt zu sein. Die beiden lebten nach wie vor in Santa Teresa, in der Siedlung San Bartolomé, und arbeiteten beide in einer Maquiladora im Industriepark Arsenio Farrel. Die Eltern von Ana Hernández Cecilio bestätigten die Aussage ihrer Tochter. Daraufhin wurde die Exhumierung der an der Straße nach Pueblo Azul gefundenen Leiche und die Wiederaufnahme der Ermittlungen angeordnet, mit denen man die Kommissare Juan de Dios Martínez und Ángel Fernandez sowie Epifanio Galindo von der Polizei von Santa Teresa betraute. Letzterer schaute sich in den Siedlungen Maytorena und El Cerezal um, zusammen mit einem alten Trödler, der früher selbst bei der Polizei gewesen war. Auf diese Weise erfuhr er, dass ein gewisser Arturo Olivárez von seiner Frau verlassen worden war. Das Merkwürdige daran: Die Frau hatte ihre Kinder, einen einjährigen Jungen und ein erst einen Monat altes Mädchen, nicht mitgenommen. Epifanio bat den Trödler und Expolizisten, ihn über die Aktivitäten dieses Olivárez auf dem Laufenden zu halten, derweil er selbst anderen Spuren nachging. So erhielt er die Information, dass der Verdächtige manchmal Besuch von einem gewissen Segovia bekam, der sich als leiblicher Vetter von Olivárez entpuppte. Segovia wohnte in einer Siedlung im westlichen Santa Teresa, von einem Beruf war nichts bekannt. Bis vor einem Monat war er nur selten in Maytorena aufgetaucht. Man ließ Segovia überwachen und fand Zeugen, die aussagten, sie hätten ihn gesehen, wie er mit blutbeflecktem Hemd nach Hause gekommen sei. Die Zeugen waren Nachbarn von ihm und nicht gut auf ihn zu sprechen. Segovia verdiente sein Geld als Mittelsmann bei Hundekämpfen, die in einigen Hinterhöfen in der Siedlung Aurora veranstaltet wurden. Juan de Dios Martínez und Ángel Fernandez drangen während seiner Abwesenheit in seine Wohnung ein. Sie fanden nichts, was ihn bezüglich des Mordes an der Unbekannten von der Straße nach Pueblo Azul unmittelbar belastet hätte. Sie fragten einen Polizisten, der Kampfhunde hielt, ob er Segovia kenne. Der Mann bejahte. Sie trugen ihm auf, ihn zu überwachen. Zwei Tage später teilte der Polizist ihnen mit, dass Segovia sich in letzter Zeit nicht mehr damit begnüge, als Mittelsmann zu fungieren, sondern selbst wette. Natürlich verliere er jedes Mal, aber nach einer Woche wette er wieder. Jemand gibt ihm Geld, sagte Ángel Fernandez. Segovia wurde beschattet. Mindestens einmal in der Woche besuchte er seinen Vetter. Epifanio Galindo beschattete derweil Olivárez. Er beobachtete ihn, wie er Haushaltsgegenstände verkaufte. Olivárez will sich absetzen, sagte Epifanio. Sonntags spielte er Fußball in einer Stadtteilmannschaft. Der Fußballplatz lag auf einem Gelände an der Straße nach Pueblo Azul. Als Olivárez die Polizisten kommen sah, zwei als Bauern verkleidet, drei in Uniform, hörte er auf zu spielen, ohne das Feld zu verlassen, als wäre es ein immaterieller Raum, der ihn vor allem Unheil bewahren würde. Epifanio fragte ihn nach seinem Namen und legte ihm dann Handschellen an. Olivárez leistete keinen Widerstand. Die anderen Spieler und die rund dreißig Zuschauer der Partie standen wie erstarrt. Es herrschte, wie Epifanio abends Lalo Cura erzählte, Totenstille. Mit einem Kopfnicken deutete der Polizist auf die Wüste, die jenseits der Straße begann, und fragte, ob er sie dort oder in seiner Wohnung umgebracht habe. Dort, sagte Olivárez. Die Kinder waren bei der Frau eines Freundes von Olivárez, die an Fußballsonntagen auf sie aufpasste. Warst du es allein oder hat dein Vetter dir geholfen? Er hat mir geholfen, sagte Olivárez, aber nicht viel.
Jedes Leben, sagte Epifanio am Abend zu Lalo Cura, so glücklich es gewesen sein mag, endet immer in Schmerz und Leid. Kommt drauf an, sagte Lalo Cura. Kommt auf was an, Junge? Auf viele Dinge, sagte Lalo Cura. Wenn dir einer einen Nackenschuss verpasst, zum Beispiel, und der feige Mörder sich dir lautlos nähert, dann gelangst du ohne Schmerz und Leid ins Jenseits. Verdammter Bengel, sagte Epifanio. Hat man dir schon viele solche Nackenschüsse
Weitere Kostenlose Bücher