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2666

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Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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setzten, sogar der Korrespondent von La Raza de Green Valley, der mehr wie ein Tagelöhner aussah als wie ein Journalist, verstand sich darauf, trieb die Erinnerungsübung recht wirkungsvoll voran und trug zur größeren Genauigkeit des Gemäldes bei. Uribe aus Hermosillo. Der Uribe mit dem Lkw-Fuhrpark. Wie heißt er? Pedro Uribe? Rafael Uribe? Pedro Uribe, sagte Haas. Hat er etwas mit den Uribes dieser Mordsache zu tun? Er ist der Vater von Antonio Uribe, sagte Haas. Dann sagte er: Pedro Uribe besitzt über hundert Lastwagen. Er befördert Waren für verschiedene Maquiladoras aus Santa Teresa und Hermosillo. Seine Lastwagen passieren stündlich oder halbstündlich die Grenze. Ihm gehören auch Häuser in Phoenix und Tucson. Sein Bruder, Joaquín Uribe, besitzt mehrere Hotels in Sonora und Sinaloa und eine Cafeteriakette in Santa Teresa. Er ist der Vater von Daniel. Die beiden Uribes sind mit US-Amerikanerinnen verheiratet. Antonio und Daniel sind die ältesten Söhne. Antonio hat zwei Schwestern und einen Bruder. Daniel ist Einzelkind. Antonio hat früher in der Firma seines Vaters in Hermosillo gearbeitet, aber seit geraumer Zeit arbeitet er gar nicht mehr. Daniel war schon immer ein Rumtreiber. Die beiden stehen unter dem Schutz des Drogenhändlers Fabio Izquierdo, der seinerseits für Estanislao Campuzano arbeitet. Es heißt, Estanislao Campuzano sei Taufpate von Antonio gewesen. Ihre Freunde sind Millionärssöhne wie sie selbst, aber auch Polizisten und Drogenhändler aus Santa Teresa. Wo sie auftauchen, geben sie das Geld mit vollen Händen aus. Sie sind die Serienmörder von Santa Teresa.
    Ebenfalls am zehnten Oktober, dem Tag, an dem Leticia Borrego García bei den Fußballplätzen von PEMEX tot aufgefunden worden war, entdeckte man in der Siedlung Hidalgo, auf dem Fußgängerweg der Calle Perséfone, die Leiche von Lucía Domínguez Roa. Im ersten Polizeibericht hatte es noch geheißen, Lucía habe als Prostituierte gearbeitet, sei drogenabhängig und ihr Tod vermutlich auf eine Überdosis zurückzuführen. Tags darauf aber hatte sich die Erklärung der Polizei bereits merklich verändert. Jetzt hieß es, Lucía Domínguez Roa habe in der Siedlung México als Kellnerin in einer Bar gearbeitet, und Todesursache sei ein Schuss in den Unterleib, die Kugel Kaliber .44 stamme vermutlich aus einem Revolver. Zeugen für die Tat gab es keine, und man schloss nicht aus, dass der Mörder aus einem fahrenden Wagen auf sie geschossen hatte. Es wurde ebenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Kugel jemand anders hätte treffen sollen. Lucía Domínguez Roa war dreiunddreißig, geschieden und lebte allein in einer Wohnung in der Siedlung México. Niemand konnte sagen, was sie in der Siedlung Hidalgo gewollt hatte, wahrscheinlich, so die Polizei, war sie spazieren gegangen und dem Tod rein zufällig in die Arme gelaufen.
    Der Mercedes erreichte die Siedlung Tlalpan, fuhr noch ein wenig kreuz und quer und bog schließlich in eine gepflasterte Straße mit vielen hohen Umzäunungen und mondbeschienenen Häusern, die verlassen oder verfallen wirkten. Während der gesamten Fahrt hatte Azucena Esquivel Plata geschwiegen und in ihr Schottenplaid gehüllt geraucht, derweil Sergio aus dem Fenster schaute. Das Haus der Abgeordneten war groß, einstöckig, besaß Innenhöfe, in die einst Kutschen eingefahren waren, alte Stallungen und aus massivem Stein gemeißelte Viehtränken. Er folgte ihr in ein Wohnzimmer, in dem ein Tamayo und ein Orozco hingen. Der Tamayo war rot und grün. Der Orozco grau und schwarz. Die strahlend weißen Wände ließen an eine Privatklinik denken oder an den Tod. Die Abgeordnete fragte ihn, was er trinken wolle. Sergio bat um einen Kaffee. Einen Kaffee und einen Tequila, sagte die Abgeordnete, ohne die Stimme zu heben, als kommentierte sie, was beide zu dieser frühmorgendlichen Stunde haben wollten. Sergio schaute ihr über die Schulter, ob irgendwo ein Dienstmädchen stünde, sah aber niemanden. Nach wenigen Minuten jedoch erschien eine Frau mittleren Alters, aus ungefähr derselben Generation wie die Abgeordnete, aber durch die Arbeit und die Jahre ungleich stärker gealtert, mit einem Tequila und einer Tasse dampfenden Kaffees. Der Kaffee war vorzüglich, und das sagte Sergio seiner Gastgeberin. Azucena Esquivel Plata lachte (eigentlich gab sie nur die Zähne frei, mit einem Laut wie der an ein Lachen erinnernde Ruf eines nächtlichen Vogels) und sagte, wenn er ihren Tequila probiere, würde er wissen,

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