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2666

2666

Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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Division in Rumänien gewesen sei, anschließend in Russland, wo er mehrere Verwundungen davongetragen habe.
    Die Soldaten und die Zivilisten wollten seine Wunden sehen, und er musste sich ausziehen und sie ihnen zeigen. Einer der Zivilisten, der Deutsch mit Berliner Akzent sprach, fragte, ob er im Lager gut zu essen bekäme. Reiter sagte, er esse hier wie ein König, und als der Fragesteller den anderen die Antwort übersetzte, lachten alle.
    »Du magst das amerikanische Essen?«, fragte einer der Soldaten.
    Der Zivilist übersetzte die Frage, und Reiter sagte:
    »Amerikanisches Fleisch ist das beste der Welt.«
    Wieder lachten alle.
    »Du hast recht«, sagte der Soldat, »aber was du isst, ist nicht amerikanisches Fleisch, sondern Hundefutter.«
    Diesmal bewirkte das Lachen, dass der Übersetzer (der es vorzog, die Antwort nicht zu übersetzen) und einige Soldaten sich am Boden wälzten. Ein schwarzer Soldat erschien mit besorgtem Gesicht in der Tür und fragte, ob es Probleme mit den Gefangenen gebe. Sie befahlen ihm, die Tür hinter sich zuzumachen und zu verschwinden, es gebe keine Probleme, sie würden sich Witze erzählen. Dann holte einer eine Schachtel Zigaretten heraus und bot Reiter eine an. Ich rauche sie später, sagte Reiter und steckte sie sich hinters Ohr. Daraufhin wurden die Soldaten mit einem Schlag ernst und notierten sich Reiters Angaben: Geburtsjahr, Geburtsort, Name der Eltern, Adresse der Eltern oder wenigstens zweier Angehöriger oder Freunde etc.
    In der Nacht fragte ihn Zeller, wie das Interview verlaufen sei, und Reiter erzählte ihm alles. Haben sie dich gefragt, in welchem Jahr, welchem Monat man dich zum Militär einberufen hat? Ja. Haben sie gefragt, wo sich dein Wehramt befand? Ja. Haben sie dich gefragt, in welcher Einheit du gedient hast? Ja. Gab es Fotos? Ja. Hast du sie gesehen? Nein. Als Zeller mit seinem Privatverhör fertig war, zog er sich die Decke über den Kopf und schien zu schlafen, aber nach einer kurzen Weile hörte Reiter ihn im Dunkeln murmeln.
    Beim nächsten Besuch eine Woche später erschienen im Lager nur zwei Fragensteller, und diesmal gab es weder Warteschlangen noch Verhöre. Sie ließen die Gefangenen antreten, dann gingen die schwarzen Soldaten durch die Reihen und sonderten insgesamt etwa zehn Männer von den übrigen ab, führten sie zu zwei Lieferwagen, legten ihnen Handschellen an und ließen sie einsteigen. Der Lagerkommandant sagte, die Männer würden verdächtigt, Kriegsverbrecher zu sein, und befahl dann, die Reihen aufzulösen und auseinander zugehen. Als die Besucher nach einer Woche wiederkamen, nahmen sie sich die Buchstaben T, U und V vor, und diesmal wurde Zeller richtig nervös. Sein sanfter Tonfall blieb davon unberührt, aber was er sagte und wie er es sagte, veränderte sich: Die Worte sprudelten aus seinem Mund, sein nächtliches Geflüster wurde zum Sturzbach. Er sprach gehetzt, als gehorche er einem Zwang, den er nicht unter Kontrolle hatte und selbst kaum verstand. Er reckte den Hals in Reiters Richtung, stützte sich auf den Ellenbogen, flüsterte und lamentierte und phantasierte sich glänzende Szenen zusammen, die sich zu einem chaotischen Gemälde aus dunklen, einander überlagernden Quadern fügten.
    Tagsüber änderte sich das wieder, und Zellers Person strahlte erneut Ehrbarkeit und Würde aus, und obwohl er sich mit niemandem außer mit seinen ehemaligen Kameraden vom Volkssturm einließ, begegneten ihm fast alle mit Respekt und sahen in ihm einen anständigen Menschen. Für Reiter jedoch, der seine nächtlichen Ergüsse ertragen musste, zeigte sich in Zellers Miene eine fortschreitende Zerrüttung, als tobte in seinem Innern ein erbarmungsloser Kampf zwischen widerstreitenden Kräften. Welche Kräfte waren das? Reiter wusste es nicht, ahnte nur, dass beide einer gemeinsamen Quelle, dem Wahnsinn, entsprangen. Eines Nachts sagte Zeller zu ihm, er heiße nicht Zeller, sondern Sammer und sei logischerweise nicht verpflichtet, vor den alphabetischen Fragenstellern zu erscheinen, wenn sie das nächste Mal kämen.
    In dieser Nacht fand Reiter keinen Schlaf, und der Vollmond drang durch die Zeltleinwand wie kochender Kaffee durch eine als Filter verwendete Socke.
    »Ich heiße Leo Sammer, und von dem, was ich dir erzählt habe, ist einiges wahr, anderes nicht«, sagte der falsche Zeller und rutschte auf seiner Pritsche herum, als juckte es ihn am ganzen Körper. »Sagt dir mein Name etwas?«
    »Nein«, sagte Reiter.
    »Er muss dir

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