Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2666

2666

Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
Vom Netzwerk:
zur Arbeit. Hilde, die Achtzehnjährige, schenkte den Prostituierten, die in der Bar aufkreuzten, abschätzige Blicke, dennoch zog sie selbst in dieser Nacht mit zwei jungen amerikanischen Leutnants von dannen und kam erst im Laufe des nächsten Tages zurück, sehr zum Entsetzen ihrer Mutter, die Reiter beschuldigte, sich als Zuhälter zu betätigen.
    Die Krankheit hatte übrigens Ingeborgs sexuelles Verlangen angestachelt, doch war die Dachkammer klein, und alle schliefen im gleichen Raum, was Reiter, wenn er um fünf oder sechs Uhr morgens von der Arbeit kam und Ingeborg von ihm verlangte, er solle mit ihr schlafen, hemmte. Als er ihr zu erklären versuchte, es sei fast unumgänglich, dass ihre Mutter sie hören würde, da sie ja nicht taub sei, wurde Ingeborg wütend und sagte, er würde sie nicht mehr begehren. Eines Nachmittags überredete die kleine Schwester, die sechzehnjährige Grete, Reiter zu einem Spaziergang durch die zerstörten Wohnblöcke des Viertels und sagte, ihre Schwester sei in Berlin von mehreren Psychiatern und Neurologen untersucht worden, und alle hätten letztlich bescheinigt, dass sie geisteskrank sei.
    Reiter schaute sie an: Sie sah Ingeborg ähnlich, war aber fülliger und größer. Sie war in der Tat so groß und hatte eine so athletische Figur, dass sie aussah wie eine Speerwerferin.
    »Unser Vater war ein Nazi«, sagte die Schwester, »und Ingeborg auch, sie war damals auch ein Nazi. Frag sie. Sie war beim BDM.«
    »Du meinst also, sie ist verrückt?«, fragte Reiter.
    »Komplett verrückt«, sagte die Schwester.
    Wenig später sagte Hilde zu Reiter, Grete sei drauf und dran, sich in ihn zu verlieben.
    »Du meinst also, Grete hat sich in mich verliebt?«
    »Verliebt bis zur Raserei«, sagte Hilde und verdrehte die Augen.
    »Interessant«, sagte Reiter.
    Einmal frühmorgens, nachdem Reiter leise die Wohnung betreten hatte, um keine der vier schlafenden Frauen zu wecken, schlüpfte er ins Bett und schmiegte sich an Ingeborgs warmen Körper, dabei merkte er, dass sie Fieber hatte, seine Augen füllten sich mit Tränen, und er spürte, wie ihm schwindlig wurde, aber so allmählich, dass das Gefühl nicht gänzlich unangenehm war.
    Dann spürte er, dass Ingeborgs Hand nach seinem Schwanz griff und ihn zu masturbieren begann, woraufhin er Ingeborgs Nachthemd bis zur Taille hochschob, nach ihrer Klitoris tastete und sie ebenfalls zu masturbieren begann, wobei er an andere Dinge dachte, an seinen Roman, der vorankam, an die preußische See und die russischen Flüsse und die gütigen Ungeheuer, die in den Meerestiefen vor der Krim hausten, bis er neben seiner Hand die von Ingeborg spürte, die sich zwei Finger in die Scheide steckte und mit diesen Fingern ihr Poloch schmierte und ihn bat, nein befahl, sie zu penetrieren, zu sodomisieren, und zwar auf der Stelle, unverzüglich, was Reiter tat, ohne noch einmal darüber nachzudenken oder die Folgen seines Tuns zu bedenken, obwohl er wusste, wie Ingeborg reagierte, wenn er sie von hinten nahm, aber in dieser Nacht funktionierte sein Wille wie der eines Schlafwandlers, unfähig zu vorausschauendem Handeln und nur auf den Augenblick konzentriert, und so sah er, während er stieß und Ingeborg stöhnte, in einer Ecke nicht einen Schatten sich erheben, sondern ein Paar Katzenaugen, und die Augen stiegen empor und schwebten in der Dunkelheit, und dann stieg ein weiteres Augenpaar empor und bezog im Dunkel Posten, und er hörte, wie Ingeborg den Augen mit brüchiger Stimme befahl, sich schlafen zu legen, und dann bemerkte Reiter, dass der Körper seiner Frau zu schwitzen begann und auch er selbst zu schwitzen begann, und dachte, dass das gut gegen Fieber sei, und schloss die Augen, während er mit der linken Hand weiter Ingeborgs Schlitz liebkoste, und als er die Augen wieder aufschlug, sah er fünf Paar Katzenaugen in der Dunkelheit schweben, und das war nun ein untrügliches Zeichen dafür, dass er träumte, denn drei Augenpaare, von Ingeborgs Mutter und den beiden Schwestern, wären erklärlich gewesen, aber fünf Augenpaare, das sprengte jede raumzeitliche Logik, außer, jede der Schwestern hätte sich für die Nacht einen Liebhaber eingeladen, was ebenfalls über seinen Horizont ging und ebenso unwahrscheinlich wie unglaublich war.
    Der nächste Tag zeigte Ingeborg schlecht gelaunt, und alles, was ihre Mutter und ihre Schwestern sagten oder taten, empfand sie als gegen sich gerichtet. Die Situation war von da an so gereizt, dass sie nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher