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268 - Schritt in die Unsterblichkeit

268 - Schritt in die Unsterblichkeit

Titel: 268 - Schritt in die Unsterblichkeit
Autoren: Jo Zybell
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Shorts, der immer größer wurde.
    Und dann ließ Isabelle den Feldstecher fallen und fing an zu schreien. Sie raufte sich die Haare und kreischte wie Schlachtvieh, das man zur Tötung zerren wollte. Fahrig deutete sie hinüber zum Piratenschiff, wollte etwas sagen, konnte aber nur erneut in Geschrei ausbrechen.
    Schließlich sprang sie auf, lief los, stolperte, stand wieder auf, rannte schreiend durch das offene Glasportal in die Galerie hinein.
    Biggy wollte nach dem Feldstecher greifen, doch Cleveland war schneller als sie, nahm das Glas und spähte hindurch, um zu erfahren, was der bedauernswerten Französin derart die Fassung geraubt hatte.
    »Jesus…«, flüsterte er und schluckte. »Jesus Christus…«
    Biggy nahm ihm das Glas aus den erschlafften Händen und blickte nun selber hindurch. Weit über vierhundert Meter trennten das Piratenschiff und die MOTHER NATURE bereits, dennoch konnte sie gut erkennen, was sich auf dem Außendeck des Schnellbootes abspielte:
    Die Gestalten, die sie als Kleinwüchsige mit Irokesenkämmen gesehen hatte, waren keine Menschen!
    Es waren blaugrüne, fischartige Kreaturen mit ledernen Brustpanzern, hohen Scheitelflossenkämmen und mit schlanken Stöcken in den schaufelartigen Klauen, aus denen sie Blitze verschossen!
    Mindestens sechs dieser unmöglichen Wesen, die aufrecht auf zwei Beinen gingen, drangen mit solcher Brutalität auf die asiatischen Seeräuber ein, dass Biggy ein kalter Schauer nach dem anderen den Rücken hinunter rieselte.
    Und dann beobachtete sie, wie die Fischwesen über Lara und Margot herfielen. Der Atem stockte ihr. Die Deckplanken schienen nachzugeben, die Welt um sie herum begann sich zu drehen. Biggy schloss die Augen. Was passierte hier? Hatte sich ein Tor zur Hölle geöffnet und ließ Dämonen in die Welt hinaus? Oder war sie selbst längst tot und erlebte nun das Jenseits?
    Jemand nahm ihr den Feldstecher aus den Händen. Sie öffnete die Lider. Marc Teller stand über ihr an der Reling und spähte durch das Glas. Minutenlang beobachtete er das Piratenschiff, bis Biggy es mit bloßem Auge nicht mehr erkennen konnte. Dann setzte er das Glas ab, stützte sich auf die Reling auf und senkte den Kopf. Mit geschlossenen Augen verharrte er so. Lange. Der Feldstecher baumelte an seinem Handgelenk. Manchmal schlug er gegen die Reling.
    Der Professor bandagierte Nathanaels Arm. Biggy half ihm, eine Schiene anzulegen. Sie arbeiteten, ohne ein Wort zu wechseln. Irgendwo auf der Yacht schrie Isabelle. Marc Teller stand die ganze Zeit an der Reling und rührte sich nicht.
    Als der Israeli versorgt war, kramte Biggy ein Beruhigungsmittel aus dem Notfallkoffer, den der Professor aufs Außendeck gebracht hatte. An Pierres Leiche vorbei ging sie zur Galerie und machte sich auf den Weg zu Isabelles Kajüte. Die schrie erbärmlich. Biggy fühlte überhaupt nichts mehr.
    Am nächsten Morgen beschlossen Biggy, Teller und Cleveland, den toten Franzosen ordentlich zu bestatten. Sie wickelten die Leiche in ein Leintuch und legten sie auf einen Tisch. Den Tisch schoben sie nahe an die Reling. Es war derselbe Tisch, auf dem an Biggys erstem Tag an Bord das Büffet angerichtet gewesen war.
    Teller wusste nicht recht, was er sagen sollte. Sein Beitrag zur Seebestattung bestand im Wesentlichen darin, dass er die zitternde Isabelle festhielt. Aufgequollen und verheult sah sie aus, die bedauernswerte Frau. Bekam sie überhaupt noch mit, was hier geschah? Sie hatte viel zu viel Beruhigungsmittel eingenommen.
    Terry Cleveland erzählte mit heiserer Stimme von seiner ersten Begegnung mit Pierre und sagte ein paar nette Dinge über ihn. Während er sprach, dachte Biggy, dass man eigentlich auch für Ben Hong eine Trauerfeier abhalten müsste.
    Nach Clevelands kleiner Rede war sie an der Reihe. Sie sagte, dass Pierres Tod schrecklich sei, aber wenigstens sei er dort gestorben, wo er am liebsten gearbeitet hatte: auf dem Meer. Und sie sagte, dass es ein Leben nach dem Tod gäbe und Pierre aus diesem neuen Leben nun zu ihnen herabsehen würde. Das glaubte sie wirklich. Danach betete sie das Vaterunser auf Englisch. Nur Cleveland stimmte an manchen Stellen mit ein. Zum Schluss übergaben sie Pierres Leichnam dem Ozean.
    Der Israeli stand die ganze Zeit nur stumm dabei und verzog keine Miene. Er hatte sich eine rituelle Kappe auf den Kahlkopf gesetzt, wie Juden sie während des Gottesdienstes zu tragen pflegten. Eine Kippa.
    Später nahmen sie Kurs auf Südafrika. Der Israeli fieberte,
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