269 - Andronenreiter
schüttelte seine beigefarbene Robe und verschränkte die Arme vor der Brust. »Er ist ein geschäftstüchtiger Mann. Und seine Tochter wird ihn, wenn sie so weitermacht, eines Tages sogar noch übertreffen. An Klugheit - und an Schönheit sowieso…«
Schmeichler! , dachte Gosy. Aber was hat Vater gesagt? Lass dich niemals von süßen Worten oder einem vertrauenswürdigen Gesicht einlullen! Das Oberhaupt der Familie hatte recht. Sie war nicht hier, um sich hinters Licht führen zu lassen. Die junge Frau räusperte sich und nahm Haltung an. Es wurde Zeit für ihre auswendig gelernte Einleitung zu den Geschäftsverhandlungen.
»Mein Vater, Bruno von der Gilde der Andronenreiter auf Saadina, lässt fragen, was er für Euch tun kann, Conte. Ihr kennt unser Angebot. Vor zwei Monden waren wir hier und haben Euch die aktuellen Preise und Leistungen präsentiert. Mit was können wir Euch in diesem Jahr dienen? Braucht Ihr einen Satz neuer Andronen für Eure Truppe? Eine weitere Flugandrone für Euer Geschwader? Zubehör, Zaumzeug, Sättel und so weiter? Oder sollen die Andronenreiter, die auf unserer Farm ausgebildet werden, Euch personell unterstützen? Sie sind sowohl im Nahkampf trainiert als auch…«
Während sie redete, hatte Malandra seinen Becher auf der Brüstung des Balkons abgestellt und war im Kreis um sie herumgegangen. Sie wollte gerade den letzten Satz beenden, als der Mann sie von hinten an der Hüfte ergriff und in einem Ruck zu sich heranzog.
Gosy keuchte erschrocken und versteifte sich, verhielt sich aber ansonsten still. Sie wusste, sie sollte sich beunruhigt fühlen, doch stattdessen spürte sie eine seltsame Erregung durch ihren Körper rieseln.
Diese Kraft! Und er riecht so gut!
Genüsslich zog sie seinen herben Duft ein. Von diesem Überfall wusste sie, dass er nicht als Bedrohung anzusehen war. Der Conte liebte es nur, mit seiner Beute ein wenig zu spielen. Malandra hielt sie fest und atmete leise in ihr rechtes Ohr. Was hatte er vor?
»Mö… möchtet Ihr eines unserer Angebote wahrnehmen?«, flüsterte Gosy unsicher, obwohl sie es nicht war. Der Conte wollte spielen? Dann spielte sie eben mit.
»Du weißt, was ich möchte!«, sagte Malandra leise, aber mit einem lauernden Unterton in der Stimme. Er fasste sie an den Schultern und drehte sie zu sich herum. Immer noch lag ein hintergründiges Lächeln in seinen großen braunen Augen. »Ich habe es dir gesagt, beim letzten Mal, unten im Stall. Und du hast zugestimmt, es dir zu überlegen. Gib mir, was ich verlange, und du bekommst das, was du dir wünschst…«
Gosy jubelte innerlich auf. Das lief ja alles genau wie geplant!
Gelassen wischte sie die Hände des Conte von ihrem Rücken und funkelte ihn an. »Mein Vater mag mich zwar geschickt haben, um die Bestellung aufzunehmen. Aber genau wegen der Sache, die Ihr da ansprecht, bin ich eigentlich hergekommen…«
***
Mittelmeer, südöstlich von Sardinien, Mai 2526
»Bah! Was stinkt denn hier so?«, stöhnte Matthew Drax, als er auf das Deck trat. Er war gerade aus einem leichten vormittäglichen Dämmerschlaf erwacht, und ihm wurde beinahe übel von dem Geruch, der sich auf dem Boot ausbreitete.
Als ihm niemand antwortete, ließ er den Blick über das breite offene Deck der Yacht mit dem Namen MOTHER NATURE schweifen, mit der er und Aruula seit einigen Tagen auf dem Mittelmeer unterwegs waren. Jetzt aber schien das Schiff zu ankern, denn es bewegte sich nicht.
Nach ihrer Rückkehr vom Mars durch den Zeitstrahl der Hydree waren sie im Ionischen Meer gelandet. Zu ihrem Glück - eine höchst optimistische Umschreibung der dramatischen Geschehnisse - waren sie von einer Gruppe Fischmenschen, die seit Generationen auf dem Boot lebten, gerettet worden. Freilich erst, nachdem die Mendriten zwei aggressive Narwal-Mutanten auf sie gehetzt hatten. Dass Matt seinen Kombacter gegen die Tiere einsetzte, hatte ihn und Aruula gerettet: Die bizarren Mischlinge aus Menschen und Mar'os-Hydriten, die ihn an die Mendriten aus Sub'Sisco erinnerten, erkannten darin eine Waffe ihrer Vorfahren und bliesen den Angriff ab. Seither zeigten sie ein fast unterwürfiges Verhalten. Offenbar sahen sie in Matt und Aruula Sendboten ihrer Ahnen - ein unverhoffter Glücksfall, den Matt nicht aufzulösen gedachte.
Die Mendriten waren leicht degeneriert und ziemlich abergläubisch. Als Matt auf die Wale geschossen hatte, waren viele von ihnen mit Rettungsbooten verschwunden und nicht wieder zum Schiff zurückgekehrt. Nur
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