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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vorgestern geritten waren. Ich sah das, obgleich unsere Spuren nicht mehr im Sand zu erkennen waren, da der Wind sie schon verweht hatte. So schritten wir eine ganze Weile nebeneinander her. Er beharrte in seinem Schweigen; darum begann ich endlich:
    „Ich freue mich sehr darüber, daß du ein Prediger bist –“
    Ich wollte fortfahren; er aber fiel schnell ein:
    „So bist du ein schlechter Christ.“
    „Inwiefern?“
    „Habt ihr nicht auch Prediger der Heiden?“
    „Allerdings.“
    „Wie nennt ihr diese?“
    „Missionare.“
    „Ja, so ist das Wort. Diese Missionare sind unsere größten Feinde; darum wird ein guter Christ sich nicht über einen Prediger des Islams freuen. Kennst du die Lehren des Koran und auch diejenigen eures heiligen Buches?“
    „Ja.“
    „Welches hat recht, euer Buch oder das unselige?“
    „Die Bibel.“
    „So muß es dich ärgern, einen Wa'iz zu sehen.“
    „Wenn ich sagte, daß ich mich freue, in dir einen Prediger zu sehen, so hatte diese Freude nur darin ihren Grund, daß ich hoffe, etwas von den Gegenden der Heiden, in denen du gepredigt hast, zu erfahren.“
    „Was hättest du davon?“
    „Ich würde erfahren, ob die Ansichten, welche ich über jene Gegenden und Völker habe, falsch oder richtig sind. Darf ich dich fragen, bei welchen Nationen du gewesen bist?“
    „Ich war bei allen Völkern des weißen und des blauen Nils, auch in Kordofan und bis Dar-Fur hinüber.“
    „So beneide ich dich um das, was du gesehen hast. Nicht wahr, eine Niederlassung am Nil wird Seribah genannt?“
    Ich fragte wie ein Schulknabe, aber in ganz bestimmter Absicht. Er sollte mich für weniger erfahren und unterrichtet halten, als ich war, und auf den Gegenstand, welcher mir am Herzen lag, zu sprechen kommen.
    „Nein. Wer dir so berichtet hat, der hat nichts verstanden. Die Christen sind nicht stets so klug, wie sie denken.“
    „Aber das Wort Seribah gibt es?“
    „Ja. Aber eine Seribah ist keine Stadt und kein Dorf, sondern so werden die befestigten Orte genannt, an welchen die Sklavenjäger wohnen.“
    „Sklavenjäger! Welch ein böses, schlimmes Wort!“
    „Im Ohr eines Christen, ja; aber ein Moslem denkt anders darüber. Weißt du, welches Wort wir für Sklave gebrauchen?“
    „Ja; der Türke sagt Jessir, Köle oder Kul, der Araber Abd.“
    „Ganz richtig! Und Abd heißt zugleich auch Diener, Beauftragter und Jünger. Das sagt dir wohl, daß unsere Sklaven unsere Jünger und Diener, nicht aber unsere Gequälten sind.“
    „Ich verstehe wohl. Aber ist es nicht trotzdem grausam, sie ihrer Heimat und ihren Familien zu entreißen?“
    „Nein, denn sie haben es bei uns besser, als sie es in der Heimat hatten.“
    „Es werden, um einen Sklaven zu machen, im Durchschnitt wenigstens drei andere getötet!“
    „Ist es schade, wenn ein Heide stirbt? Er wird, wenn es Allah gefällt, als Sohn eines Moslem zum zweitenmal geboren werden; dann kann er, wenn er nach den Geboten des Koran lebt, nach seinem Tod in Mohammeds Himmel kommen. Du mußt dir die Sklaverei und die Sklavenjagden ganz anders denken, als sie euch beschrieben werden. Ich bin Geistlicher mehrerer Seriben gewesen, und muß die Sache also verstehen und viel besser kennen, als ihr sie kennt. Ich war sogar auf der Seribah von Abu el Mot (Vater des Todes) und habe da erkannt, daß die Schwarzen keine Menschen, sondern nur zweibeinige Tiere sind.“
    „Bei Abu el Mot warst du? Der ist der berühmteste Sklavenjäger gewesen, wie auch schon sein Name erraten läßt.“
    „Hast du von ihm gehört?“
    „Viel, sehr viel. Er bewohnte die Seribah et Timsah, wenn ich nicht irre.“
    „Das ist sehr richtig. Auf dieser Seribah bin ich bei ihm gewesen. Ja, er war der berühmteste Sklavenjäger, aber jetzt gibt es einen noch viel berühmteren.“
    Der Alte hatte jetzt ein ganz anderes Aussehen bekommen. Die milde Würde war aus seinem Gesicht gewichen und hatte einer Art von irdischer, sehr irdischer Begeisterung Platz gemacht. Ich sah das nur mit einem schnellen, kurzen Seitenblick, denn ich hütete mich, ihn offen anzusehen, weil ich befürchtete, daß er sich dann mehr beherrschen werde.
    „Wie heißt er?“ fragte ich.
    „Ibn Asl.“
    „Das ist eigentlich ein sehr frommer Name.“
    „Nein.“
    „Dann müßte ich die Sprache dieses Landes schlecht verstehen. Asl, der Ursprung, ist eine Bezeichnung Gottes, Ibn Asl heißt also ungefähr Sohn des Ursprungs, Sohn Gottes.“
    „In diesem Fall nicht. Der Mann heißt Ibn Asl als

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