27 - Im Lande des Mahdi I
Sohn seines Vaters, welcher Abd Asl (Diener des Ursprungs) heißt.“
Er sagte das im Ton eines Stolzes, welcher mir einstweilen unverständlich war. Ich antwortete so gleichgültig wie möglich:
„Das ist etwas anderes; ich wußte es nicht. Also sein Vater heißt Abd Asl? Ist dir dieser Mann bekannt?“
„Wohl kenne ich ihn!“ nickte er mit einer mir auffallenden Bedeutung.
„So kennst du vielleicht auch den Sohn, den Sklavenjäger?“
„Auch ihn kenne ich!“
„Ich bleibe doch dabei, daß sein Name nicht für einen Sklavenjäger paßt. Abu el Mot, Vater des Todes, klingt da doch ganz anders.“
„Ich sage dir, daß dieser Ibn Asl noch einen anderen Namen trägt, einen Beinamen, den er sich durch seine Taten erworben hat. Man nennt ihn ed Dschasuhr (Der Kühne). Ist das keine Name, der für einen Sklavenjäger paßt?“
„O doch! Dieser Beiname klingt besser als der eigentliche Name. Woher stammt dieser Mann?“
„Das wird wohl ungesagt bleiben sollen.“
„Er kann nicht stets Sklavenjäger gewesen sein. Was war er früher?“
„Kaufmann in Khartum.“
„Ah, in Khartum!“
„Ja. Er war Gehilfe bei einem Händler, Namens Barjad el A – – –“
Er hielt mitten in der Rede inne, und daran war meine Unvorsichtigkeit schuld, Barjad el Amin hatte er jedenfalls sagen wollen. Das war ja der Kaufmann, bei welchem der Bruder meines Führers aus Maabdah verschwunden war! Als ich diesen Namen hörte, hatte ich unwillkürlich den bisher gesenkten Kopf erhoben und den Sprecher so überrascht angeblickt, daß es diesem auffallen mußte. Er sprach also den Namen nicht vollständig aus, sondern unterbrach sich und fragte:
„Kennst du diesen Mann etwa?“
„Nein“, antwortete ich. Ich glaubte auf dem Punkt zu stehen, etwas Bestimmtes zu erfahren. Er sah mir scharf in das Gesicht und fragte:
„Sagst du die Wahrheit?“
„Ich war noch nie in Khartum.“
„Aber du willst hin?“
„Ja.“
„Zu Barjad el Amin?“
„Wie kann ich zu einem Mann wollen, den ich nicht kenne?“
„Als ich diesen Namen aussprach, erschrakst du beinahe. Das kommt mir verdächtig vor. Du bist nicht so ehrlich gegen mich, wie ich es gegen dich bin!“
„Ich verstehe dich nicht. Ich bin vollständig fremd hier, und du behauptest, daß ich Namen kenne, welche selbst ein Eingeborener noch nicht gehört hat!“
„Das mag sein. Weißt du, wer Ben Wasak ist?“
„Der Führer von Maabdah. Diesen Namen kenne ich freilich, weil ich mit dem Träger desselben zusammen gewesen bin.“
„Ihr habt auch miteinander gesprochen?“
„Natürlich! Von der Höhle, von den Krokodilmumien, welche sich in derselben befinden.“
„Habt ihr nicht auch von Khartum gesprochen?“
„Doch nicht.“
„Und von dem Bruder, den er dorthin gesandt hat?“
„Hat denn Ben Wasak einen Bruder? Wo befindet sich derselbe?“
„Du weißt also wirklich nichts? Nun, ich will dir sagen, daß dieser Sklavenjäger Ibn Asl ed Dschasuhr seinen besten Streich diesem Bruder Ben Wasaks gespielt hat.“
„Du machst mich sehr neugierig. Welcher Streich ist das gewesen?“ fragte ich, indem ich mir alle Mühe geben mußte, ruhig zu erscheinen. Ich stand vor dem Augenblick, an welchem, wie zu erwarten war, der Schleier des Geheimnisses entfernt wurde. Aber meine Erwartung wurde enttäuscht, denn der Fakir antwortete nach einer kurzen Weile:
„Das ficht dich nichts an, denn ihr Franken seid nicht die Leute, denen man so etwas erzählen soll.“
„Aber ich höre sehr gerne von solchen Streichen erzählen!“
„Das glaube ich; wer hörte so etwas nicht gern! Aber ich spreche trotzdem nicht davon.“
„Warum nicht? Meinst du, daß ich es weitererzähle, daß ich es verrate?“
Er blieb stehen, schlug eine ganz eigenartige Lache auf, legte mir die Hand auf den Arm und sagte:
„Verraten? Du? Nein, du würdest es nicht verraten. Das weiß ich gewiß, ganz, ganz gewiß!“
Der Fakir stand jetzt als ein ganz anderer Mann vor mir, aber als was für einer? Er war mir in diesem Augenblick ein Rätsel. Was war das für ein Gelächter! War das aus Hohn oder aus Übermut? Wie sollte ich mir den Ausdruck seines Gesichtes erklären? War das Verachtung oder Drohung? Er kam mir jetzt gerade wie ein Raubtier vor, welches mit seiner Beute spielt. Aber im Augenblick hatten seine Mienen sich wieder verändert; er sah mir wohlwollend in die Augen und fuhr fort:
„Du verwirfst als Christ den Sklavenhandel und hältst diejenigen, welche denselben betreiben,
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